Fenster 2
von Reinhard von Tümpling


Bild: Fenster_81.jpg
: die trockenen Hemden auf dem Dachboden betrachtet

Bild: Fenster_82.jpg
: bei offenem Fenster den Alltagsweg betrachtet. Was hatte ich gewonnen, und was verloren? Das Wochengefüge aus all den kleinen Pausen und schweren oder leichten Lasten, Pflichten und Grenzen war plötzlich absurd geworden.


 


Bild: Fenster_Jean-Paul_Richter_2.jpg
:

Diese Grafik eines bekannten Karikaturisten aus der „Süddeutschen“ habe ich etliche Jahre hindurch mitgeschleppt, aufbewahrt und habe sie genossen wegen ihrer reichhaltigen Anschaulichkeit, mit der diese Schrullen geschildert werden. Ich wollte immer mal irgendwie mit dieser Folie arbeiten und kam nie dazu, das ganze Thema zu realisieren und ich kam immer nur bis zu ausgeschnittenen Einzelheiten.

Mit jedem Detail dieses Bildes stritt ich.

Das Bild war zuerst eine reine aufsässige Provokation. Den Strohhut kannte ich, den Wanderstock, die Bücher des Regals, den Vogelkäfig, die Vorratsdosen mit den Fröschen, der Tisch tauchte später in meinem Arbeitsbesuch als angeblich „eigene Arbeit des Vaters“ auf, die gestapelten Bücher im Arbeitszimmer konnte ich in einem Gefühls-Messie verorten; -selbst die beiden Wäschekörbe sah ich vor mir.

Und der einsame Vor-Biedermeier-Stuhl als nur angedeutete Skizze und vollgestapelter Sitzfläche war wie eine bildnerische Frechheit, eine rollende und reiche Konvolute, ein Bündel von Veranschaulichungen dieses liebevollen Zeichners. Diese Sitzcouch muss bei näherer höflicher Betrachtung eine regelrechte Strafe gewesen sein, denn der Mensch da saß mit Hohlkreuz an diesem Tisch und etwas vorübergebeugt- und anscheinend etwas zu niedrig. Anscheinend konnte er wohl nicht richtig aufstehen....

Der kleine schlafende Hund zu den Füßen aber hatte es sich recht bequem gemacht.

Und fast zwingend bleibt der Blick des unbefangenen Betrachters an der dargestellten Person hängen, die irgendwie ........... auch........ so da gelassen........ erscheint. Der Mensch da in diesem Bild hatte ja Würde, und eine Wertung verbot sich....

(Jean Paul genoss in diesen späteren Dichtergenerationen immer wieder höchstes Ansehen. Von Arno Schmidt stammt das Zitat, dass Jean Paul „einer unserer Großen (…) einer von den Zwanzig, für die ich mich mit der ganzen Welt prügeln würde“ war. - Zit.Wiki, und das sagte immerhin Arno Schmidt, der mit seinem Zettelkasten als der Sammler der ungeordneten Ereignisse im besonderen galt.)

Jean Paul Richter war Franke. Und Sammler von Tautologien.

 

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Ich habe in dieser Datei versucht, eine anregende Bildersammlung zum Thema „Fenster“ zu fassen, eine Reise-Geschichte zu erzählen, Beobachtungen zu machen und ich habe das Thema nachbearbeitet mit meinen Mitteln.

Dazu arbeitete ich bereits schon einmal.... aber eher ohne zuerst zugänglichen Kontext....

 

Die Vorläufer dieser Datei waren:


 

Wiki ist recht objektiv.

liebevoll durchgestaltet und mit viel Interesse an der Sache

 

Ein Fenster trennt den Innenraum von der Außenwelt, aber auch zwei Räume voneinander, hält aber auch die Außenwelt von der Innenwelt ab. Und umgekehrt auch. Ein Fenster richtet und erlaubt den Blick nach innen und außen, ein Fester kann ihn aber auch erzwingen.

Die Helligkeit eines dahinterliegenden Raumes ergibt sich durch die Wandöffnung nach außen, ein Fenster gibt Belüftung, ein Fenster schützt gegen schlechtes Wetter, ein Fenster schützt vor Lärm und Hitze, es hindert einen Einbruch und wegen seiner Offenschlitz-Funktion durch die Gestaltung von zwei Blenden kann eine Art Fenster auch zwei Zeitzonen (wie in einer Zeittafel, um die Generationssprünge zu kennzeichnen) trennen, zwei Bewegungszyklen kürzer oder länger öffnen oder trennen. Der Begriff des Fensters kann gewandelt werden zur Blende, zur verschließbaren Öffnung, hin bis zu einer Art Ventil. Wenn der Begriff des Brechungsindex hinzukommt, muss man unwillkürlich an die mechanische Trennung von zwei verschiedenen Medien denken und bezogen auf das Trennmittel „Glas“ sieht man plötzlich um die Ecke. Der Strahlengang muss nicht zwingend Luft sein, es können auch Gase sein und Dämpfe, oder mediale Gegebenheiten. So kommt es oft, dass ein Journalist mediale Dinge oft anders sieht als jemand, der unmittelbar damit umgeht. Vielleicht ist es besser, manchmal das Wort Schnittstelle oder Filter zu verwenden. Übersetzer müssen damit arbeiten können, Drehbuchschriftsteller, Raumgestalter oder Dramaturgen; Synchronsprecher z.B. auch. Die Bedeutungsbrücke (die Psyche, die Bedeutung sehen will) als semantischen Filter hat Luis Bunuel im „Andalusischen Hund“ verwendet, um mehrere Schichten im Film zu überschreiten. Roman Polansky hat damit gearbeitet. Fritz Lang hat futuristisch damit 1925 die wachsende Unwirtlichkeit der Städte umschrieben.

 


Bild: Fenster_Wohnen_Metropolis_2010.jpg
: eine Mahnung der „Süddeutschen“, im losen Zusammenhang mit dem „Verdichteten Wohnen“ zu sehen. Wer die Grafik sorgfältig betrachtet, sieht die schrillen Ungleichgewichte, mit der man die wahrscheinliche Menschenzahl in Beziehung zu ihren Bewegungen und Lebensqualitäten setzt. Deshalb ist Computer generierten Bildern oft Skepsis gegenüber angebracht. Mit dem Fensterbild eines wunderschönen Kataloges wird nur das Objekt selbst beworben und nicht die Arbeitswirklichkeit, die Versorgung der zu erziehenden Kinder und die objektiven Freizeitmöglichkeiten.

 

Ich habe dies schon etwas voraus gesehen....

Bild: Fenster_84.jpg: zwar von 2007, aber so schreiend in der Aussage, dass ich diese ekelige grausame Ruine dennoch zitiere; das Dach bereits zerstört und die ehemals festlich-hohen Fenster wie blinde Zinnen in den Abendhimmel ragend. Die Fenster unten waren eingeschossen und die ganz unten mit Brettern vernagelt.

Gleichwohl entsteht hinter dieser Ruine ein Bereich mit einer gänzlich neuen Lebens- und Arbeitsumwelt, auf Jahre hinaus angelegt...


Bild: Fenster_85.jpg: ein geordneter Abbruch eines Hauses aus den Nachkriegsjahren, die Wärmeisolation und die eigentlichen Fenster sind bereits entfernt, die blanke Maueröffnung ragt bereits als Art Veranda gegen den westlichen Abendhimmel; Holz, Stein und Metall werden gleich an der Abbruchstelle getrennt
Bild: Fenster_86_2010.jpg: ein kleiner aber tief ausgedehnter und niedriger Raum eines Hauses vereint schon in seiner Fenster-Perspektive mehrere Gestaltungsgenerationen in sich; den Neubau des Betreuten Wohnens in bester Kleinstadtlage im Hintergrund, links der Backstein-Neubau der berühmten Architekten und hier direkt der Blick durch das vertraute und heimelig wirkende große Fenster mit den dicken verschränkenden Stegen, der Drehknauf des Verschlusses wirkt wie eine Hilfe zum Hantieren und die unförmigen dicken Heizkörper werden im Winter böllern. Die Einzelglasscheiben möchte man fast vom Kitt befreien ....
Bild: Fenster_87_2010.jpg: eine Gärtnerei hat hier ihren Stadtladen unter gebracht; mit allem., was ein heimeliges Schaufenster verschönt, vollgestellt mit kleinen lustigen Devotionalien, so dass Innen und Außen fast auswechselbar wird, die kleinen schnellen Verkaufs-Samentütchen und Grußkarten auf dem Rollständer, die angerosteten Bleche mit hübschen Sinnsprüchen gleichsam wie Durchhalte- und Segensgebeten; und der Zufall erlaubte und wollte, dass eine gehbehinderte Frau im elektrischen Rollwagen neugierig wegen der vielen Verkaufsangebote kurz innehielt.
Ich habe den Wandel der untergebrachten Geschäfte sehr wohl gesehen.
Bild: Fenster_88_2010.jpg: ein leeres Schaufenster eines Reisebüros in einem umgebauten Haus in der Fußgängezone, braune Eloxal-Profile für die riesige Schaufensterscheibe und die Heizkörper bereits am Boden aufgestellt. Es gab für ein Reisebüro einfach keinen Bedarf mehr, die Menschen buchten elektronisch über das Internet oder unterließen die Reise einfach. Vielleicht hatte die ehemals reiselustige Generation der alten Laufkundschaft einfach nur die Lust verloren oder war fortgezogen. Ich habe dieses Bild wegen der leerer werdenden Innenstädte aufgenommen, denn der Lebensmittelgrossist bietet längst Fernreisen an und zieht ersatzlos Kaufkraft ab. Man bucht eine Reise, wie man sich als Teil einer bekannten Familie fühlt.
Bild: Fenster_89.jpg: eine Licht durchflutete Einkaufspassage mit einer Vielzahl von kleineren Ladengeschäften von Grosshandelsketten; Ingenieursbau. Ich habe dieses Bild wegen seines Licht-Kontrastes zum Oberlichtgaden realisiert, fast erinnert es an die gotischen Kathedralen, die den Blick nach oben erzwangen. Mir fielen hier auch einige leerstehende Läden in dem recht heiteren gesamten Umfeld auf. Einige kommunale und bestimmt sehr effizient arbeitende Dienstleister waren hier in diesem Einkaufsparadies untergebracht und ich wunderte mich trotzdem. Es gibt einfach zuwenige Autoparkplätze in dieser Gegend oder die Menschen haben hier kaum genug Einkommen.

 


 


Bild: Fenster_90_End.jpg
: die Sängerin auf Promotion Tour und playback; im reich und unterhaltsam gegliederten Einkaufsparadies in den passenden Rahmen gesetzt

 

Auch dieses betrachte ich als Fenster zu einer bisher unbekannten Struktur, wenn man es nicht konsumiert und die Grenzen von Literatur, Volksmusik, Kitsch und Märchen respektiert (und die Grenze der Aufklärung, denn...)

...Aschenbrödel.....

....wer es nicht kennt, dem öffnen sich wie in einem Fenster gefühlsmäßig neue Strukturen



Bild: Fenster_91.jpg
: der Blick aus der Brücke des Traditionsschiffes über das Vordeck auf das Ufer. Ich erfüllte mir in diesem Blick einen naiven Kindertraum

Bild: Fenster_92.jpg
: der Blick in der Brücke auf den Maschinentelegrafen

Bild: Fenster_93.jpg
: der Blick durch die Schiebetür aus der Brücke über den Steuerbordkompass hinweg auf den modernen RoRo-Fährhafen, ein rein technisch bedingtes Fenster

Bild: Fenster_95.jpg
: das Bullauge, umgeben von einer dicken Wärmeisolation, ein Fenster ist geschlossen und das andere zur Lüftung geöffnet und aufgeschraubt, ein traditionell überliefertes Fenster
   


 

 

 


Bild: Fenster_94.jpg
: eine klassische Fensterform in der Rückansicht eines ganzen Haus-Ensembles; es vereint im modischen Zeitverständnis das technische Licht- und Schutzbedürfnis mit einer formalen Stilaussage gegenüber den Bauten aus der Jahrhundertwende oder älter, ich empfand es als schön und angemessen und man kann es wegen des tragenden Fenstersturzes eigentlich kaum verändern.


Bild: Fenster_96.jpg
: die Fenster eines sehr bedeutenden Gebäudes vereinen den Bedarf an Licht mit dem Stilgefühl der bürgerlichen Renaíssance in Anlehnung an die gotischen Rippenwerke eines steil überhöhenden Kirchengebäudes in unmittelbarer versteckter Nachbarschaft und man begreift sehr wohl den bürgerlichen Machtanspruch um 1419, der diese Formen erbracht hat.

Das Hauptgebäude dieser Universität wurde 1867-1870 im Stile der Neorenaissance errichtet.


Bild: Fenster_97.jpg
: ebenso


Bild: Fenster_98.jpg
: diese Front von 1887 lässt erstaunen wegen seines reichen Schmuckes von Fassadendetails der Fenster über den angehäuften Reichtum, aber die Glasfenster selber besitzen nur wenige klare Stege

Bild: Fenster_99.jpg
: der reiche Stil des späten Empire wird hier bereits wieder durch verspielte Einzelheiten aufgelöst, die Zahl der Fenstersprossen ist hier noch einmal reicher und zusätzlich tragen die Fensterfronten überzogene Kartuschen und in kleinen Formenden deutet sich der Jugendstil bereits an.



Bild: Fenster_100.jpg
: die Fassade des backsteingotischen Standesamtes hinter dem Rathaus. Es ist unverändert eins zu eins erhalten. Auffällig sind die gedrückten Bögen an den kleinen Fenstern, die zierenden Friese aus glasiertem Ton, die Kartuschen mit den gleichförmigen Gesichtern aber kleinen farbigen Unterschiede und das Bogenfeld über dem Eingang weist auf eine spätere barocke Nachgestaltung. Farbig glasierte Ziegel des tragenden Wandaufbaues wechseln sich rhythmisch ab. Die Stege in den kleinen oberen Fenstern besitzen sogar eine zierende glasierte Kannelierung. Das klare Glas der Fensterscheiben ist als Antikglas gegossen.

Bild: Fenster_101.jpg
: dieses Gebäude wird einmal sehr schöne ganze Blicke aus sich heraus erlauben, und die segmentierten Wohnungsgrundrisse werden zur Perspektive zwingen, kein Bewohner wird um diese Blicke herum kommen, ...ein Betonbau mit Stützen, Platten, Scheiben und Böden.


Bild: Fenster_102.jpg
: dem ersteren gegenüber völlig unerwartet Fassaden und Fenster aus einer anderen Lebenswirklichkeit in der sommerfrischen Ferienkleinstadt, hier konkret das geehrte Heimatmuseum. Es ist vom Typ her ein einfaches Fischerhaus.

 

Die eigenartigen freundlichen Fassaden entstanden durch die kleinen Straßen, die parallel und quer aufgereiht zum Strom parzelliert waren, es entstanden also sehr schmale aber auch sehr tiefe Häuser, funktionell als zusammengefasste und verbundene zweigeschossige Einzelhäuser.

 


Bild: Fenster_103.jpg
: ich zitiere diese Fensterfront zur Betonung dieser Art von kleinem Haus, als Verdoppelung, weil es hier ein wesentliches stilbildendes Merkmal ist, eine Art Wintergarten, der dem Hauseingang vorgelagert ist, eine verglaste und geschlossene Veranda, ein kleines Schmuckstück. Das Tageslicht kommt fast ungehindert hinein und die Gestaltung der Fenster ergibt eine größere Freiheit.

Der Holzbau dieses Vorbaues verleiht eine zierende sommerliche und gastfreundlich-einladende Leichtigkeit und die Ausfachung der unteren Fenstersegmente erinnert nur noch knapp an den Fachwerkbau des eigentlichen Gebäudes, wie in Fenster_102, das ungleich strenger wirkt. Die Sitzbank vor dem Haus erfreut durch seine verspielten und dennoch klaren Formen. Auffällig ist auch die klare Form der Fenster mit ihrer Gliederung in Zweiteile und Dreiteile zum Ganzen, die wenig Rücksicht nehmen muss auf die Größe der dahinter wohnenden Menschen und die nur dem Gesamteindruck verbunden ist. Kleine seitliche Durchgänge zwischen zwei Häusern betonen die formale Eigenständigkeit.



Bild: Fenster_104.jpg: Dies Haus war mein eigentliches Ziel. Dieses ehemalige Fischerhaus ist liebevoll als Museum gestaltet, renoviert und mit viel Einfühlung restauriert. Es kann besichtigt werden und ist deshalb Teil des Öffentlichen Raumes (ebenso wie das Heimatmuseum) und verliert dadurch sicher nicht an Würde, sondern gewinnt ganz erheblich an Bedeutung.

 

Das Edward-Munch-Haus Am Strom 53 in Warnemünde hat seine besondere Geschichte, die ich bitte, sie nachzulesen. Man versteht die Geschichte und das Umfeld besser.

Die Arbeiten von Munch sind bekannt.

Munch ist nicht das vorläufige Ende dieser „Fenster“ hier.

Edvard Munch, Bilder aus Norwegen, Hatje Cantz, ISBN 3-7757-1445-6, 29,80 Euro. Das Buch schildert sein Werk aus der zweiten Lebenshälfte und ich empfehle es gerade deshalb. Auffällig war der beobachtbare skizzenhafte bis heitere und leichte Pinselstrich...


 

Interessanter ist aber Munchs Biografie. Ich kopiere hier den nachbearbeiteten Lebenslauf aus:

1863

12. Dezember: Edvard Munch wird als Sohn des Militärarztes Christian Munch und dessen Frau Laura (geb. Bjølstad) im norwegischen Løten geboren

1881

Nach einer kurzen Zeit des Ingenieurstudiums gemäß dem Willen seines Vaters bricht Munch die technische Ausbildung ab und beginnt seine künstlerische Ausbildung an der Zeichenschule in Kristiania (heute: Oslo).

 

1882

Er mietet zusammen mit sechs anderen Künstlern ein Atelier, um dort seine künstlerischen Studien fortzusetzen. Die Bilder dieser Zeit sind trotz der Nähe zur Akademie an der Freilichtmalerei des Impressionismus orientiert

ab 1884

Munch schließt sich dem Kreis der "Kristiania-Bohème" an, einer Gruppe von Künstlern, Schriftstellern und Studenten, die sich gegen die bürgerliche Gesellschaft und ihre Moral auflehnt und u.a. soziale Gleichheit und sexuelle Freiheit propagiert

ab 1885

Wiederholte Aufenthalte und Zeichenunterricht in Paris

1886

Erste Kompositionen der Gemälde "Das kranke Kind", "Pubertät" und "Der Tag danach".

1889

Erste Einzelausstellung in einem norwegischen Studentenverein.

1890 erreichte ihn die Nachricht vom Tod seines Vaters. Die Einsamkeit und die Melancholie in seinem Bild „Nacht in St. Cloud“ (1890) werden oft vor diesem Hintergrund gesehen. Das dunkle Interieur mit der einsamen Gestalt am Fenster ist völlig von Blautönen beherrscht – eine Valeurmalerei, die an James McNeill Whistler nächtliche Farbenakkorde erinnern mag.

1892

Im Herbst 1892 stellte Munch in Kristiania die Früchte seiner Frankreichaufenthalte vor. Der norwegische Landschaftsmaler Adelsteen Normann sah diese Ausstellung und verhalf dem damals noch unbekannten Munch zu einer Einladung des Berliner Kunstvereins. Munchs erste Ausstellung in Berlin fand im „Architektenhaus“ in der Wilhelmstraße 92 statt. Sie wurde mit 55 Bildern am 5. November 1892 eröffnet und endete mit einem grausigen „succès de scandal“. Das Publikum und die älteren Maler fassten Munch als anarchistische Provokation auf, und die Ausstellung wurde, auf Betreiben von Anton von Werner, dem Direktor der Königlichen Hochschule der bildenden Künste, nach wenigen Tagen am 12. November 1892 im Protest geschlossen.

Dadurch wurde Munchs Name plötzlich in Berlin bekannt und er entschloss sich, in der Stadt zu bleiben. Er kam in einen Kreis von Literaten, Künstlern und Intellektuellen, in dem Skandinavier stark vertreten waren. Zu dem Kreis gehörten unter anderem der schwedische Dramatiker August Strindberg, der polnische Dichter Stanislaw Przybyszewski, der norwegische Bildhauer Gustav Vigeland, der dänische Schriftsteller Holger Drachmann und der deutsche Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe. Man traf sich im Gasthaus „Zum schwarzen Ferkel““ Unter den Linden/Ecke Neue Wilhelmstraße. Hier diskutierte man Friedrich Nietzsches Philosophie sowie Okkultismus, Psychologie und die dunklen Seiten der Sexualität. (Wiki)

Munch löst sich vom Realismus. „Symbolismus – die Natur wird von einer Gemütsstimmung geformt“, schreibt Munch. Zu dieser Zeit fertigte er die ersten Skizzen zu seinem bekanntesten Werk „Der Schrei“ an

1893 malt Franz von Stuck „die Sünde“ in München und im symbolisierenden Umfeld. Die Lichtstudien der Maler-Kollegen erbringen neue Eindrücke, z.B. bei Max Klinger, die Madonna beginnt Munch mit Vorstudien um 1902

 

1893

Munch zieht nach Berlin. Freundschaft mit dem Kreis um die neu gegründete Zeitschrift "PAN“.

Er stellt die Gemäldeserie "Ein Menschenleben" aus, die Werke wie "Schrei", "Vampir", "Der Sturm", "Madonna" und "Die Stimme" umfaßt

Beginn der Arbeit am "Lebensfries".

1895

Herausgabe einer ersten Mappe mit acht Lithographien.

1896

Munch zieht nach Paris um. Hier entstehen erste Farblithographien und Holzschnitte.

1897

Teilnahme an der Ausstellung "Salon des Indépendants".

1898

begann er eine turbulente Affaire mit Tulla Larssen. Nach dem Versuch, die Beziehung zu beenden, wurde Munch immer wieder von Tulla verfolgt (bis 1902), was ihm psychisch sehr zu schaffen machte

1902

Ausstellung der 22 Gemälde des "Lebensfrieses" in der "Berliner Secession". In seinen Werken behandelt Munch die "Weltangst", die er in symbolischen Darstellungen anhand der menschlichen Grunderfahrungen Eifersucht, Einsamkeit, Liebe und Tod wiedergibt.

Der künstlerische Erfolg war von Konflikten auf persönlicher Ebene begleitet. Der Alkohol war zum Problem geworden, und Munch war aufgrund seiner bipolaren Störung psychisch im Ungleichgewicht. Er quälte sich mit Erinnerungen an seine tragische Liebesgeschichte. Die Beziehung zu Tulla hatte 1902 mit einer Revolverszene geendet, bei der Munchs linke Hand angeschossen worden war. Zwar sollte er die Schmach nie verwinden; in diesen Jahren aber wurde sie zur Besessenheit. Tullas Züge lassen sich unter anderem in Marats Tod aufspüren (zwei Versionen von 1907) ein Motiv, von dem sich allgemeiner sagen lässt, es schildere „den Kampf zwischen Mann und Frau, den man Liebe nennen kann“.

1906/07

Er entwirft Dekorationen für Max Reinhardts Kammerspielhaus in Berlin.
Henrik Ibsen starb im Mai 1906, und im Herbst fertigte Munch Bühnenentwürfe für Max Reinhardts Aufführung der Gespenster im kleinen Saal des Deutschen Theaters in Berlin an. Seither nahm Ibsen in Munchs Bewusstsein einen immer größeren Raum ein. Das Selbstbildnis mit Weinglas von 1906 zeigt eine kraftlos zusammengesunkene Gestalt, allein an einem Tisch in einem gefängnisartigen anmutenden Café sitzend eine tragische Erscheinung, geistig eng verwandt mit Oswald in Ibsens Drama.

Auf Bestellung führte Munch ein monumentales Phantasieporträt von Fredrich Nietzsche aus, und während mehrerer Besuche in Weimar porträtierte er auch die Schwester des verstorbenen Philosophen, Elisabeth Förster-Nietzsche. Das Nietzsche-Porträt war das einzige Bildnis, das Munch nach einer Fotografie und nicht nach lebendem Modell schuf. (Wiki)

 

Zwischen 1902 und 1908 hielt sich Munch überwiegend in Deutschland auf. Malaufträge führten ihn mehrfach nach Berlin, Lübeck (1903), Weimar (1904) und Chemnitz (1905). Danach wurden Thüringen mit Elgersburg, Weimar, Ilmenau und Bad Kösen (1905/06) und schließlich Warnemünde (1907/08) seine festeren Domizile. Warnemünde sollte die letzte Station des selbst gewählten deutschen Exils sein und bot für eine kurze Zeit die gesuchte körperliche und seelische Erholung.

 


Bild: Fenster_106.jpg
: diese südliche Innenwand der Veranda verknüpft vorhandene Fotos geschickt mit einem Stillleben.

Munch suchte in dem um die Jahrhundertwende beliebten Kurbad Warnemünde im Frühjahr 1907 Erholung und suchte ein „deutsches Asgarstrand“. Er mietete sich nach einem kurzen Hotelaufenthalt beim Lotsen Carl Nielsen Am Strom 53 ein. Munch engagierte eine Haushälterin und begann ein intensives und künstlerisches Arbeiten

Diese Arbeitsperiode ist gut dokumentiert in Briefen, Tagebucheintragungen, Skizzen und Fotografien.

Es entstanden neben Landschaftsbildern, Genreansichten und Portraits wichtige Werke wie „Badende Männer“ und die Serie „das grüne Zimmer“.

 

Schon bald nach dem Eintreffen des Malers in Warnemünde besuchte ihn sein Hamburger Freund, Sammler, Sponsor und Landgerichtsdirektor Georg Schiefler. Dieser schreibt in seinem Tagebuch Mitte 1907, dass Munch sehr über seine Haushälterin und Rheumatismus und Sodbrennen klage, aber sie seien dann sehr gemütlich in der Wohnung zusammen gesessen, hätten Tee getrunken und eine reichhaltige Unterhaltung über das künstlerische Schaffen geführt. Schiefler schreibt an seine Frau, dass Munch in allen Ehren mit seiner Haushälterin zusammen hause und dass Munch sehr aus sich heraus gegangen sei und von seiner Weltauffassung gesprochen habe, die sich in seiner Kunst äußere.

Für eine Weile empfand Munch die anderen äußeren Bedingungen als regenerierend „Frische Luft und gute finanzielle Bedingungen haben große Dinge vollbracht. Es geht mir viel besser, ich lebe seit dem Sommer von Haferschleim, Milch, Brot und Fisch und ich fühle mich wie neugeboren.“ schreibt Munch im April 1908 an Schiefler.

Die Genesung in Warnemünde war aber nur vorübergehend und Zeichen seines labilen Gesundheitszustands wurden deutlich. Neuer Streit mit alten Freunden, Verfolgungsangst und Wahnvorstellungen machten ein konzentriertes Arbeiten und die gesuchte seelische Entspannung unmöglich.

 

„Ich habe jetzt alle meine Arbeiten in Warnemünde eingepackt und werde wohl kaum mehr weilen- es ist doch auch ein furchtbar bürgerlicher Ort und paszt eben nicht für mich“ schreibt Munch an Schiefler und reist im Oktober 1908 fluchtartig ab.

 

Seine Vermieter sind davon sehr betroffen und regeln wirklich freundlichst die Nachsendung seiner Kunst und der persönlichen Habe.

 


Bild: Fenster_110.jpg
: diese Strandfotos als Studien der „Badenden Männer“ zeigen die mögliche Ursache der überstürzten Abreise. Munch hatte zwar Sichtblenden am Strand beim Malen, aber diese Bilder der Arbeit am nackten und freien Modell waren doch sehr sehr unüblich, wenn ich im Vergleich die beginnende Bäderkultur vergegenwärtige.

 

Neue Motive zeugen von einer extravertierteren Orientierung. „Badende Männer“ (1907/08, in Warnemünde entstanden) huldigt auf muntere Weise vitaler Männlichkeit. (Anm.: Max Liebermann machte es auch so und das Genre der Badenden gab es längstens seit den französischen Impressionisten)

Das fertige Bild findet sich im Buch auf Seite 74 wieder.

Gemeinsam mit unter anderen Meier-Graefe gab Przybyszewski 1894 die erste Publikation über Munchs Kunst heraus. Er charakterisiert sie als „psychischen Realismus“.

Alkohol- und Nervenprobleme erreichten in Warnemünde dennoch einen kritischen Punkt, und Munch entschied sich für einen achtmonatigen Aufenthalt in einer Kopenhagener Nervenklinik unter der Betreuung von Daniel Jacobsen.

1908

In Norwegen erkannte man endlich seine künstlerische Leistung, und während er sich in der Klinik befand, wurde ihm der norwegische Sankt-Olav-Orden verliehen.

1909

Fertigstellung der "Alpha und Omega"-Serie. Rückkehr nach Norwegen.

1912

Munch erhält als einziger lebender Künstler neben Pablo Picasso einen Ehrensaal in der Sonderbund-Ausstellung in Köln.

1916

Munch fertigt Wandbilder für die Aula der Universität Oslo. Er zieht sich auf seinen Hof Ekely bei Oslo zurück.

1930

Munch leidet an einer Augenkrankheit, die ihn für mehrere Jahre arbeitsunfähig macht.

1936

Erste Einzelausstellung in London.

1937

Die Nationalsozialisten diffamieren Munchs Arbeiten als „entartete Kunst“ und beschlagnahmen 82 seiner Werke aus deutschen Sammlungen.

1942

Vier seiner Arbeiten werden auf der Ausstellung "Kunst und Unkunst" gezeigt, die von norwegischen Anhängern des Nationalsozialismus in der Nationalgalerie veranstaltet wird.

1944

23. Januar: Edvard Munch stirbt auf Ekely.

1963

Einweihung des Munch-Museums in Oslo.

 


 

Man kommt um Edvard Munch nicht ohne eigene subjektive Stellungnahme vorbei.


Bild: Fenster_107.jpg
: dieser Blick aus dem Fenster lässt in etwa den bürgerlichen Konflikt nachvollziehbar und fühlbar werden.

 


Bild: Fenster_105.jpg
: mein eigener Eintrag im Gästebuch dieses Hauses, mit Erlaubnis....

Bild: Fenster_108.jpg
: diesen Baum im winzigen Innenhof hat Munch noch kennengelernt; im Hintergrund des Bildes befinden sich die Arbeitsstätten der Stipendiaten, die auf Vorschlag der Sponsoren dort eine Zeitlang leben und arbeiten können. Die Renovierung und der Betrieb des Munch-Hauses wäre ohne Sponsoren nicht denkbar.

 


 


Bild: Fenster_112.jpg
: ich habe mich hier nochmals mit anderem Aspekt dem Wesen des Fensters genähert und dieses Bild im ganzen Zusammenhang gelassen. Ich war unzufrieden mit dieser Aussicht und stellte diesen nachgebauten Thonet-Stuhl knapp an die riesige Glaswand, um ein Innen und Außen zu bestimmen.



Bild: Fenster_118.jpg: im Format etwas beschnitten. Ich könnte im Bild noch die Kante des Fahrzeugs rechts wegschneiden, dann wirkte das Bild viel freier und herausführender und ich könnte noch einmal den Standpunkt der Kamera ändern. Kaum jemand würde aber die zweckmäßigen Häuser im Hintergrund beiseite stellen können.

 


Bild: Fenster_ERS_Paris_2010.jpg
: dieses Bild einer treuen Freundin stelle ich als Kontrast hier hinzu. Es zeigt die Enge der zeitweiligen Unterkunft in Paris, und auch, wie sehr die Menschen Licht brauchen. Ich hab es im Herzen mit dem Küchenbalkonfenster von N.N. verglichen- ....allein, dieses gehört hier nicht hin.


Ich habe anderntags einen kleinen Spaziergang gemacht.

 

 


Bild: Fenster_113.jpg
: blau beschichtete Fenster eines großzügigen Ingenieursbaus mit einer kleinen Agentur dahinter


Bild: Fenster_114.jpg
: eine spiegelnde Wärmeschutzbeschichtung gegen zu deutlichen Sonneneinfall, mit Blick auf das Gebäude links davon

Bild: Fenster_117.jpg
: der Blick aus dem Cafè-Fenster hinaus ins Freie, der Blick von außen nach innen wird etwas gedämpft und gefiltert; ein stilles und weiches Schokoladen- und Cafehaus verträgt die neugierigen Blicke der robusten Sommergäste weniger, es ist ein Gewinn für die Stadt.

Bild: selbst_103.jpg
:

 


 

Ich versuchte danach, eine Art Ordnung, Maxime oder Gestaltungsprämisse zu finden, von der man die riesigen Glasflächen formal ableiten könnte und ich fand sie als liebenswürdige Gegenwartsprämisse nicht.

 

Ein wesentlicher geschichtlicher, technischer und befreiender Fortschritt war Floatglas. Floatglass wird durch eine flache und sehr breite Düse über ein riesiges stilles Zinn-Becken geleitet, um auf dem Zinnbad schwimmend eben und spannungsfrei hinunter gekühlt zu werden. Diese Fertigungsweise erlaubt riesige Flächen und sie hat nichts mehr mit dem klassischen Blasen und Aufschneiden von Glasrohren zum ebenen Fensterglas hin zu tun.


Bild: Fenster_119.jpg
: die technische Zeichnung mit fertigen genormten Bausteinen eines Seitenrisses am normalen Neubau-Fenster.

Bild: Fenster_120.jpg
: Die Flächen für sich selbst einmal betrachtet nach dem Goldenen Schnitt und nach Pythagoras......

 

Wer den geschichtlich bedingten Geometrismus wiederfinden möchte...

......stößt aber schon im Mittelalter in der Enge der Städte an die Grenzen und hat seine Befreiung sehr wohl in einem technisch definierten Freiheitsbegriff mit einem Material amorpher Struktur. Gleichwohl hat auch diese Art von Freiheit ihre Grenze im Gefallen, Geschmack, Zeitgefühl und der Angemessenheit....

 

 


Bild: Fenster_121.jpg
: besinnlich geworden, der Blick aus dem nächtlich-winterlichen Fenster hinaus.....

 

Diese Datei beabsichtigt, Fensterformen u.a. durch das Gestaltempfinden des Zeitklimas auch als sehr subjektiv bedingt zu betrachten. Hier in der Folge füge ich noch Zeichnungen an, um Gestaltungsübungen zu ermöglichen und auf Weiterleitungen hinzuweisen.

 

Anhang:

Die folgenden Zeichnungen sind als freiere Gestaltungsmöglichkeit gedacht.


Bild: Fenster_122.jpg
: einfach nur mit dem Rahmen

Bild: Fenster_123.jpg
: mit Oberlicht

Bild: Fenster_124.jpg
: mit drei Feldern

Bild: Fenster_125.jpg
: mit unterem Quersteg, wesentlich unfallsicherer

Bild: Fenster_126.jpg
: mit 5 Einzelflächen

Bild: Fenster_127.jpg
: mit Rundbogen; ich habe den Rundbogen mit hineingenommen, um die Gestaltgebung mit den kleinen Sprossen und Stegen zu ermöglichen, anzubahnen. Besonders der Historismus und der Jugendstil brachten erhebliche befreiende Fortschritte des Steinmetz-Handwerks.


 

Nachtrag:


Bild: Fenster_ERS_Berlin_2010.jpg
: die erwartungsfrohe Fläche.... (von den Osram-Höfen in Berlin) ....Munch selbst machte oft Zeitpausen, indem er angefangene Themenkreise später wieder neu aufgriff oder auch weiter führte oder nochmals nachbearbeitete.

 

An dieser Datei arbeitete eine gute Freundin mit, die ich seit Jahren sehr schätze.

Reinhard von Tümpling, im Januar 2011