Perspektive 4 und Menzel

von Reinhard von Tümpling

Die Erlaubniszettel der Erziehungsberechtigten zur Veröffentlichung der Schülerarbeiten aus diesem Schuljahr 2007-2008 liegen real vor.

Diese Datei ist eine methodische alternative Umformulierung von:

Ich zitiere aus methodischen Gründen die Tischvorlagen:


Bild: Persp67.jpg
: die Bildung des Schachbretts

Bild: Persp68.jpg
: die Vierundsechzig-Teilung

Bild: Persp78.jpg
: z.B. die Entwicklung von Gehsteig und Bäumen

Bild: Persp79.jpg: die Entwicklung eines Häuschen-Szenarios

 

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Ich habe mich mit Menzels Balkonzimmer beschäftigt, weil es abgesehen vom gemalten statischen Raum mit dem wehenden Vorhang und dem Spiegel ein besonderes überdauerndes Dokument ist.

Bildwürdige Architekturen, Personen, freie Landschaften oder Stillleben sind statisch, gleich welche Stimmung sie wiedergeben und schildern.

Dieses Bild aber zeigt mit einem wehenden Vorhang aber den Windhauch, der in einen Raum eindringt und Leben andeutet. Ein warmer Nachmittag, die Sonne steht bereits flach.....

William Turner hat das ähnlich gemacht mit:

Joseph Mallord William Turner (* 23. April 1775 in London; † 19. Dezember 1851 in Chelsea, London) war ein britischer Maler und führender Vertreter der Romantik und bedeutendster Vorläufer des gemalten Atmosphärischen.

Die Nähe zu Claude Monet ist eindeutig, obwohl Menzel sich klar von den französischen Impressionisten abgrenzte.



Bild: Persp74.jpg
: Weil kein Schüler für die Grundkonstruktion ein
überlanges Lineal besitzt, hilft das diagonale Falten und Kniffen eines großen A3-Blattes ....


Bild: Persp70.jpg
: erste Schritte

Bild: Persp71.jpg
: seitliche Weiterentwicklung... eignet sich das Schachbrett als Basiskonstruktion für Menzels Balkonzimmer? (Wahl des Bildausschnitts mit Papierstreifen...)

 


Bild: Persp72.jpg
: dasselbe mit schwarzem Tonpapier...

 


Bild: Persp73.jpg
: Freihand-Bastelei zur Ideenfindung an der Tafel

Bild: Persp76.jpg
: die weitergeführte Folie zum Balkonzimmer


Bild: Persp77.jpg
: Das Tafelbild als schematische Perspektiv-Zeichnung

 


Bild: Menzel_6_2007.jpg
: die Besprechung im Kreis

Bild: Menzel_7_2007.jpg
: der Verbleib im Klassenzimmer
   

 


Die Bilderdatenbank zu Menzels Balkonzimmer:



Bild: Menzel_1848_ Das Balkonzimmer_groß.jpg
: die Tischvorlage

 


Bild: Menzel_Schlafzimmer des Künstlers.jpg
:


Bild: Menzel_3_1848.jpg
: (Quelle „Süddeutsche“,1818)

 


Bild: Stuhl_1_Biedermeier.jpg
:


Bild: Stuhl_2_Biedermeier.jpg
:

(dazu: Antikhandel Held: Biedermeier Stühle)


Bild: Falten_muster_15.jpg
: die Strukturen einer Gardine, (invertiert)

Bild: Falten_Netz_2.gif
:

Bild: Falten_Overbeck_romant_Gewandstudie 1814.jpg
: recht idealisiert

Bild: Falten_Stoff_2_2007.jpg
: gebügeltes Betttuch

Bild: Falten_Stoff_3_2007.jpg
:
 
Bild: Falten_Stoff_4_2007.jpg
: die Stofftragetasche mit schlaffen Falten

 


Bild: Falten_Vorhang_2.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_3.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_4.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_5.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_6.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_7.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_8.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_9.jpg
:

Bild: Falten_Vorhang_10.jpg
:

 

Die gezeigten Schülerarbeiten der 8. Klasse entstammen dem Schuljahr 2007/2008 und die Erlaubnisscheine der Erziehungsberechtigten zur Veröffentlichung liegen real vor.

Die Raumecke Menzels:


Bild: Menzel_6.jpg
: die schnelle Skizze

Bild: Menzel_9_2007.jpg
: durchkonstruiert

Bild: Menzel_10.jpg
: als Ausgabe an der Klassenzimmerrückwand
 


Bild: Menzel_9.jpg
: der Unterricht mit Arbeitsblättern


Bild: Menzel_7.jpg
: drei Methoden des Zugangsverständnisses:
das Bilderblatt, die einfache schnelle Skizze und die gefaltete Raumecke mit gerastertem Fußboden...

Eine andere Raumecke wuchs mir aus der Arbeit mit anderen Dateien zu.....


Bild: Raumecke_C_1_2007.jpg
:

Bild: Raumecke_C_2_2007.jpg
:

Bild: Raumecke_C_3_2007.jpg
:

Bild: Menzel_11.jpg
: ich habe dieses stützende Blatt nachgeschoben, um eine etwas zu verwirrte Bildauffassung zu glätten...


Bild: Menzel_12.jpg
die Schüler haben sich selber aus abgelegten Katalogen
noch Bilder zu Faltenröcken herausgesucht, sie aufgehängt und nachbetrachtet.


Skizzen zur methodischen Gliederung:



Bild: Menzel_8.jpg
:

Bild: Menzel_13.jpg
:

Bild: Menzel_14.jpg
:

Bild: Menzel_15.jpg
:
   


Eine Zwischenstation:



Bild: Menzel_18.jpg
: das Anlegen der Untergrundfarbe soll in etwa stimmig sein, auch hier ergaben sich sehr wohl einige Problemzonen, die mit den üblichen Wasserfarben nur etwas schwerer zu bearbeiten sind und das Problem von Licht und Schatten im Zimmer kann auftauchen.


Bild: Menzel_19.jpg
: die festgehaltene Vorfreude


Bild: Menzel_20.jpg
: weitere Hintergründe

Bild: Menzel_21.jpg
: ebenso.....

Die Ergebnisse:



Bild: Menzel_22.jpg
: etwas zu flächig

Bild: Menzel_23.jpg
: noch etwas naiv

Bild: Menzel_24.jpg
: der wehende Vorhang ist sehr gut erfasst

Bild: Menzel_25.jpg
: sehr klares und ruhiges Beispiel

Bild: Menzel_26.jpg
: leicht....

Bild: Menzel_27.jpg
: recht klar und hart

Bild: Menzel_28.jpg
: erheiternd....., fast grenzwertig

Bild: Menzel_29.jpg
: ruhiges und frohgestimmtes Beispiel......

Bild: Menzel_30.jpg
: sehr solide, einfühlsam und recht ruhig

Bild: Menzel_31.jpg
: ein sehr hübsch ausgestattetes Mädchenzimmer..... recht flächig umgesetzt

 


Anhang:

Regeln der Zentralperspektive:

1. Alle senkrechten Linien in der Wirklichkeit bleiben auch senkrecht in der Zeichnung.

2. Alle raumbildenden waagerechten parallelen Linien in der Wirklichkeit verlaufen in der Zeichnung zu den Fluchtpunkten auf der Horizontlinie.

3. Linien, die in der Abbildungsebene liegen, erscheinen in wahrer Länge, Linien hinter der Abbildungsebene erscheinen verkürzt, Linien vor der Abbildungsebene erscheinen verlängert.


Nachbemerkung:

Die Fluchtpunktperspektive muss abgegrenzt werden zur Isometrie und zur Kabinettprojektion des üblichen Unterrichts.

Ich bin mir während der ganzen Arbeit an diesem Menzel nicht klargeworden, welche Methode des Bildzugangs am besten sei. Wo die Raumecke anschaulich und plastisch-real das beste Zugangsverständnis vermitteln kann, zeigen das schematische Arbeitsblatt die Vorgehensweise und zuletzt die beiden Zimmerbilder das angestrebte Ergebnis.

Im bayerischen Hauptschullehrplan ist die Perspektive unter "Lz 8.1 Räumlichkeit entdecken und sichtbar machen" zu finden. Im Lehrplanentwurf für das bay. Gymnasium 2002 ist die Perspektive auch unter Lz 8.1 zu finden.

Im Realschullehrplan RS 8 III b/ 3-stdg ist in der 8. Jgst. nur die Parallelperspektive verzeichnet, die Zentralperspektive findet sich aber in der 9. Jgst. in Ku RS 9 III b unter Gestaltungslehre.


Nachträge:


Bild: Menzel_5.jpg
: ich habe mich zeitparallel mit einem besonderen Menzel beschäftigen dürfen, habe es sehr gerne getan und weiß zu diesem Menzel selbst keinen Ausweg. Weil von Menzel schnelle und recht treffsichere SW-Skizzen bis hin zur Karikatur überliefert sind, bekommt diese farbige Arbeit einen besonderen Stellenwert, weil er die „Grafik“ ausgeführt hat.

....seitwärts.......

Robert Schumann lebte etwa in Menzels Zeit, von 1810 bis 1856.

Kreisleriana op. 16

Gesänge der Frühe op 133

Nachtstücke op.23

Variationen 18-23

Insgesamt sehr ruhige Stücke, still-besinnlich, kreativ, leise-unterhaltsam bis heiter-temperamentvoll.

Youtube zu Robert Schumann (Bsp. ....):


Bild: Menzel_8_2007
: ich nehme dieses Bild als geschenktes und geehrtes Zeitdokument nicht nur wegen des Kleides mit seinem wunderschönen Faltenwurfs auf und besonders auch wegen seiner weiten realen Bedeutungen; es sind Weiterleitungen der besonderen fantastischen und poetischen Art, wie es auch Spitzweg in einigen zeitlosen Bildern an sich hatte, wenn er gefrorene Zeit festhielt und etwas überdauerndes meinte.

Diese besondere Ausformung (nicht nur zu Spitzweg) wird uns wohl noch beschäftigen.


Links zum Thema Vorhänge:

(Stichwort Google Vorhangsstoffe)

etc.

Links zum Thema „Faltenwurf“


Anhang (Anm. **)

„Die Grille“ Künstler-Anekdoten

von Krista Maria Schädlich

Henschelverlag Kunst und Gesellschaft 1977

Gutenberg Buchdruckerei Weimar 624 968 8

Die berühmte Duse äußerste anlässlich eines Berlin-Aufenthaltes den Wunsch, den von ihr hochverehrten Adolph Menzel persönlich kennenzulernen. Es wurde also ein Zusammentreffen arrangiert; da aber die Duse kein Deutsch und Menzel weder Französisch noch Italienisch verstand, brauchte man einen Dolmetscher. Nach einiger Zeit, als schon höfliche Komplimente getauscht waren und jeder dem anderen seine Bewunderung ausgesprochen hatte, sagte Menzel: „Sagen Sie der Frau, alles in allem hätte sie sehr unklug gehandelt! Wenn einem ein paar Blümchen, die einem in den Weg kommen, gefallen, so sollte man doch nicht das ganze Mistbeet kennenlernen wollen, auf dem diese gewachsen.“

Für ein von ihm illustriertes Werk fertigte Adolf Menzel vor den Augen des Verlegers eine Vignette an. Zweiundfünfzig Taler forderte er für diese Arbeit. „Was, zweiundfünfzig Taler für diese Arbeit, das scheint mir denn doch etwas viel, Exzellenz“, ereiferte sich der Verleger. Doch Menzel gab nicht nach. „Lieber, um diese Vignette in zwanzig Minuten zeichnen zu können, habe ich siebzig Jahre meines Lebens nötig gehabt.“

Adolf Menzel kam grundsätzlich zu spät ins Theater. Als er eines Abends zu einer Aufführung des Don Giovanni ging und die Oper schon eine Weile angefangen hatte, sagte er zu seinem Nachbarn: „Den alten Komtur habe ich noch nie lebendig gesehen!“

Ein Schüler Adolf Menzels kam zu spät zum Unterricht. Außer Atem entschuldigte er sich, er komme von einem Rendezvous, das könne der Meister doch sicher verstehen. Aber Menzel schimpfte. „Haben Sie denn nie ein Herz für die Frauen gehabt“, versuchte der Schüler sich zu verteidigen. „Nein“ erwiderte ihm Menzel, „nur Augen!“

Adolf Menzel war nicht besonders gut auf seinen Münchner Kollegen Franz Lenbach zu sprechen. „Da paust doch dieser bayerische Franzl an jedem Dienstag und Freitag eine vergrößerte Bismarck-Fotografie ab, dann malt er das Gesicht aus, die Augen, und schmiert über den Rest so eine schreckliche braune Sauce! Und dafür kriegt er dann dreißigtausend Mark!“

Menzel hatte sich in einer Ausstellung sehr abfällig über ein Bild geäußert, da stürzte der gekränkte Maler auf ihn zu und rief „Flegel“. Menzel verbeugte sich. „Freut mich sehr, Menzel!“

Menzel hatte einen Industriellen portraitiert. Auf einer Abendgesellschaft enthüllte der Gastgeber das Bild, ohne jedoch Adolf Menzel als den Maler des Gemäldes zu nennen. Jeder stand abseits, als die Gäste das Bild begutachteten. Ein junger Künstler besah sich ebenfalls das Bild. „Das Bild ist ähnlich, sehen Sie mal die Knöpfe an, hingehauen und und kaum angedeutet“, sagte er zu den Umstehenden. Da erscholl die Stimme des Malers aus dem Hintergrund: „Ich mal Köppe und keine Knöppe!“

Während eines Aufenthaltes in Bad Ischl lernte Menzl Johannes Brahms kennen. Die beiden waren öfters zusammen und befreundeten sich miteinander. Wieder in Berlin, bat Menzel seinen Neffen, ihm doch einmal Kompositionen von Brahms vorzuspielen. „Nun, wie gefällt er dir?“ fragte ihn der Neffe. „Merkwürdig“, sagte Menzel nachdenklich, „in Ischl war er mir viel sympathischer.“

Ein Freund von Menzel hatte seine Schwiegermutter gemalt und bat den berühmten Maler, das Bild zu begutachten. Menzel studierte es genau. Dann sagte er zu dem erwartungsvollen Freund: „Das Bild gefällt mir, im ganzen wie im einzelnen. Aber wissen Sie, eins haben Sie nun nicht recht zum Ausdruck gebracht, nämlich das wahrhaft rhinozerosartige, das Ihre Schwiegermutter hat.“

Menzel hatte auf einem Gemälde einige Hofdamen wahrheitsgetreu wiedergegeben. Nachdem sich die Damen auf dem Bilde erkannt hatten, gerieten sie in große Aufregung. Die eine wollte eine schönere Nase haben, die andere einen lieblicheren Mund- keine glaubte sich wirklich getroffen. Deshalb beauftragten sie einen hohen Offizier, zu Menzel zu gehen und ihm diese und jene Verschönerung vorzuschlagen. Als Menzel davon hörte, antwortete er dem Offizier ungehalten: „Ich kann nicht anders. Wenn Sie es aber besser können, übergeben Sie mir gefälligst das Kommando Ihres Armeekorps, und ich gebe Ihnen Pinsel und Palette.“

Für ein Gemälde brauchte Menzel ein großes stattliches Modell, das in der Lage war, eine Fahne über dem Kopf zu schwingen. Er fand einen Ringkämpfer, der bereit war, diese Aufgabe zu übernehmen. Aber der Fahnenschwung wollte und wollte nicht gelingen. Als der Ringkämpfe die Pose zum 6ten Male versuchte und Menzel immer noch nicht zufrieden war, warf der Athlet die Stange mit de Stofffetzen wütend fort und pflanzte sich drohend vor dem kleinen Meister auf: „Mach ick det Bild eijentlich oder Sie“, brüllte er mit donnernde Stimme. „Recht haben Sie“, stimmte ihm Menzel zu. „Aber Malen ist kein Kinderspiel. Glauben Sie mir, ich wäre auch viel lieber Ringkämpfer geworden.“


Die Zeit davor:

Links zum Biedermeier:

Literatur (ein sehr schöner umfassender Katalog....):

Biedermeier, Die Erfindung der Einfachheit, Hatje Cantz, 2006, 49,80 Euro,

Hrsg. Hans Ottomeyer, Klaus Albrecht Schröder, Laurie Winters; Deutsch 440 Seiten, 415 farbige Abb., Leinen mit Schutzumschlag; ISBN 978-3-7757-1795-3


Biografie:

(Quelle Kindlers Malerei-Lexikon, BD 22, )

Menzel, Adolf Friedrich Erdmann von

* 8.12.1815 in Breslau, † 9.2.1905 in Berlin

Menzels Vater zog mit seiner Familie 1830 nach Berlin, wo er eine lithographische Werkstatt eröffnete. Als er zwei Jahre später starb, führte der Sohn Adolf das Unternehmen allein weiter, um die Familie zu ernähren. 1833 erhielt er von dem Kunstverleger Sachse den Auftrag, sechs Federzeichnungen auf Stein zu Goethes Gedicht »Künstlers Erdenwallen« zu schaffen. Obwohl Menzel sich von diesem Gedicht, wie er später dem Berliner Kritiker Ludwig Pietsch schrieb, »angewidert fühlte«, brachten ihm die geistvoll und realistisch ausgeführten Blätter einen Erfolg. 1834-36 schuf er eine Serie von Kreidelithographien zu den »Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte«. In diesen wiederum einfallsreich gestalteten Blättern bewies er eine ungewöhnliche Einfühlungsgabe in historische Vorgänge.

Im Jahre 1836 begann Menzel sich auf Anraten seines Freundes, des Tapetenfabrikanten Carl Arnold, mit Ölmalerei zu beschäftigen. 1838-39 illustrierte er Chamissos »Peter Schlemihl«. 1839 erhielt er den Auftrag, für Franz Kuglers »Leben Friedrichs des Großen« Holzschnitt-Illustrationen zu schaffen. Diese teilweise sehr kleinen Skizzen wurden unter der Leitung des Künstlers von den besten deutschen Holzschneidern geschnitten; sie spiegelten auf das Getreueste die Art des Zeichners wider und bedeuteten einen Wendepunkt in der Technik der Holzschneidekunst. In dem folgenden Jahrzehnt entstand eine Anzahl von Gemälden, die sein Genie am stärksten offenbaren, wie zum Beispiel Das Balkonzimmer von 1845, Hinterhaus mit Hof (Berlin) um 1846 und Die Berlin-Potsdamer Eisenbahn (Berlin) von 1847; es waren teilweise Bilder von einer bis dahin kaum einer Darstellung für würdig befundenen prosaischen Thematik, der er mit einfachsten Mitteln ganz neuartige Stimmungsreize abzugewinnen wußte. Unter dem Eindruck der Revolution von 1848 malte Menzel das Zeitgemälde Aufbahrung der Märzgefallenen (Hamburg). 1849 schuf Menzel noch ganz im Geist des Biedermeiers als erstes seiner friderizianischen Bilder Die Bittschrift (Nörten-Hardenberg). Eines seiner berühmtesten Werke, die in den hellen grauen und blauen Tönen sowie in der vielfältigen Charakterisierung der einzelnen Gestalten förmlich von Witz und Esprit sprühende Tafelrunde Friedrichs d. Gr. in Sanssouci (Ehem. Berlin) entstand 1850.1852 malte Menzel, gleichsam als Gegenstück, das in warmen rötlichen Farben gehaltene Flötenkonzert Friedrichs d. Gr. in Sanssouci (Berlin) mit der glanzvollen Hofgesellschaft, die dem königlichen Musikanten lauscht. 1853 wurde Menzel Mitglied der Berliner Akademie, bald danach auch der Akademien in Wien, München, Dresden und Brüssel. 1855 reiste er zum ersten Male nach Paris.

Wie entscheidend die Begegnung mit der französischen Malerei seine künstlerischen Vorstellungen beeinflußte, beweist das 1856 gemalte Bild Théâtre du Gymnase (Berlin). In diesem aus der biedermeierlich realistischen Schönmalerei zu einer fast impressionistisch gelösten Pinselführung vorstoßenden Gemälde eilte Menzel seiner Zeit weit voraus. Er schuf ein Meisterwerk der Stimmungskunst: Fast bedrückend wird im geistvoll abgewogenen Gegeneinander von Licht und Schatten - der vom Rampenlicht angestrahlten Akteure auf der Bühne und des im Dunkel versteckten Publikums im Zuschauerraum - die geheimnisgeladene Spannung eines Theaterabends spürbar. 1856 wurde Menzel zum Königlich Preußischen Professor ernannt. 1858 malte er das Bild Friedrich d. Gr. in Lissa.

Um 1860 schloß er mit der, allerdings unvollendeten Ansprache Friedrichs d. Gr. an seine Generale vor der Schlacht bei Leuthen (Berlin) die Reihe seiner »Fridericus«-Gemälde ab. Er wandte sich nun Themen zu, in deren Mittelpunkt der König und nachmalige Kaiser Wilhelm I. stand, wie zum Beispiel Krönung König Wilhelms I. in Königsberg (Hannover). In diesen Werken trat das Malerische mehr hinter der Genauigkeit eines Chronisten des preußischen Hofes zurück. Sie wirken nüchterner als seine früheren Bilder, immer aber bewundernswürdig in der kompositionellen Bewältigung des Gestaltengewimmels, wobei man gelegentlich den Eindruck gewinnt, als hätte den Maler gerade diese besondere Schwierigkeit zur Darstellung gelockt. Das gilt vor allem vom Eisenwalzwerk von 1875: Denn auch in diesem Gemälde, mit dem Menzel der deutschen Malerei ein völlig neues Stoffgebiet erschloß, reizten den Maler das Fremdartig-Gigantische einer Fabrikhalle, die verworrene Vielfältigkeit des eisernen Gestänges und das seltsame Lichtspiel der glühenden Feueressen weit mehr als etwa das soziale Moment der dem Moloch Technik geopferten Arbeiter, was für spätere Maler in Bildern ähnlicher Thematik Anlaß zur Anklage wurde.

Mit dem wachsenden Ruhm häuften sich für Menzel die Ehrungen. 1885 wurde er Kanzler des Ordens »Pour le mérite für Wissenschaften und Künste«, im selben Jahr Ehrendoktor der Berliner Universität; 1895 wurde er Wirklicher Geheimer Rat, bald allgemein bekannt als »die kleine Exzellenz«, sowie Ehrenbürger der Städte Berlin und Kissingen. 1898 verlieh Kaiser Wilhelm II. dem Künstler den »hohen Orden vom Schwarzen Adler« und erhob ihn damit in den erblichen Adelsstand.

Menzel, der wegen seiner bissigen Bemerkungen gefürchtet war, arbeitete bis fast an sein Lebensende. Er starb im 90. Lebensjahr am 9. Februar 1905. Bereits kurz nach seinem Tode veranstaltete die Nationalgalerie in Berlin eine umfassende Gedächtnisausstellung.

Als Maler kam Menzel vor allem den Forderungen seiner bildungshungrigen Zeit entgegen, die nach Darstellungen historischer Ereignisse verlangte. Doch entwickelte er in seinen acht friderizianischen Gemälden, deren Themen er aus den Studien zu seinem graphischen Werk gewann, einen durchaus persönlichen, ganz unpathetischen Stil des Historienbildes. Er vermenschlichte gleichsam die Geschichte und machte den Betrachter in einer bisher niemals erlebten Weise zum Teilnehmer am Geschehen.

Noch Bedeutenderes erreichte Menzel in anderen Gemälden, die von ihm selbst als Nebenwerke gering eingeschätzt wurden und vielfach über ein halbes Jahrhundert der Öffentlichkeit verborgen blieben. In diesen Werken führte Menzel die im Biedermeier beliebte Gattung des Genrebildes auf einen Höhepunkt, indem er auf die Gute- Stube-Stimmung verzichtete und bei genauester Beachtung der Wirklichkeit eine malerische Wirkung erzielte, die schon gewisse Ergebnisse des Impressionismus vorwegnahm. Einzelne dieser Werke gehören zu den besten Leistungen der Malerei des 19. Jahrhunderts.

Literaturbeispiel:

Claude Keisch, Landschaft, Revolution, Geschichte, Adolph Menzel, die Bittschrift, Dumont, ISBN 383217270X

Bild: Menzel_4_1848.jpg:


Biedermeier

(Quelle ebd. Kindlers Malerei-Lexikon, BD 22)

Das Biedermeier ist eine um 1850 geprägte Bezeichnung für den Lebens- und Kunststil der Zeit des »Vormärz«, also der Jahre von 1815 bis 1848, in Deutschland: einer Zeit äußerlicher Ruhe nach den Freiheitskriegen bei innerlich starkem politischen Druck unter dem Fürsten Metternich, der im geheimen als »Fürst von Mitternacht« oder als »Staatshämorrhoidarius« bespöttelt wird. Im Namen Biedermeier, rechtens Biedermaier, sind die beiden 1848 von Viktor von Scheffel für die »Fliegenden Blätter« geschaffenen Philistertypen »Biedermann« und »Bummelmaier« zusammengezogen, und zwar durch den Dichter Ludwig Eichrodt, der 1850, ebenfalls in den »Fliegenden Blättern«, die dilettantischen Dichtungen des badischen Dorflehrers Sauter als »Biedermeiers Liederlust« veröffentlicht und durch eigene Dichtungen erweitert. Der ursprünglich ironische, eine klein- und spießbürgerliche Engherzigkeit verspottende Begriff wandelt sich später zum Positiven und Ernsthaften: Er umschreibt die gediegene Kultur der gebildeten bürgerlichen Stände, deren Merkmal im Geistigen wie in den äußeren Lebensformen keineswegs Beschränktheit, sondern nach dem Überschwang der Romantik Beschränkung auf das Maßvolle ist.

Der Biedermeierstil ist vornehmlich in der Ausstattung der Innenräume und in der Gestaltung des Möbels ausgebildet, wobei sich der Empirestil im Biedermeiermöbel zu zweckvoller Strenge wandelt. Auf solide Verarbeitung und gutes Material wird großen Wert gelegt; das Unechte und nur etwas Vortäuschende sowie alles Überflüssige wird abgelehnt. Auch der Lebensstil ist, um ein Lieblingswort des im Biedermeier alternden Goethe zu gebrauchen, »Haltung«; er steht, wie niemals vorher und nie wieder später, unter der Maxime des »Mehr-sein-als-Scheinen«.

Weder in der Architektur noch in der Bildhauerkunst gibt es eine erkennbare Formenwelt des Biedermeier. Aber auch in dem sehr breiten Bereich der biedermeierlichen Malerei sind, abgesehen vom sehr ernsthaften Ringen um ein solides Können und eine gediegene Technik, weniger ausgeprägte Stilmerkmale als vielmehr der Bildinhalt und die Bildaussage bestimmend. Man zeichnet genau, ohne den Anspruch auf Genialität in oft nüchtern anmutenden Berichten des tatsächlich Erschauten, wie Franz Krüger in Berlin und wie Ferdinand Kobell und Wilhelm von Kobell in München. Man pflegt, gleichermaßen vom Adel wie vom gehobenen Bürgertum gerufen, besonders das Bildnis und das Porträt, noch romantisierend wie Philipp Otto Runge in Hamburg in dem Bildnis Die Eltern des Künstlers, gibt es in einem sachlichnüchternen Erfassen der wesentlichen Charakterzüge, wie der lange in Vergessenheit geratene, erst in der »Jahrhundert-Ausstellung« 1906 in Berlin in seiner wahren Bedeutung für die deutsche Kunst erkannte Friedrich Wasmann in Bildnis Direktor Kraemer oder wie Ferdinand Georg Waldmüller in Wien mit Stefan Schroff in blauem Rock, bemüht um eine realistische, ganz unpathetische, ohne jede Schönfärberei doch wienerisch liebenswürdige Auffassung - eine Kunst, die dann kraftlos wird und verflacht in den 38 nur schönen Frauenbildnissen des Wahlmünchners Joseph Karl Stieler (1781 Mainz - 1858 München) für König Ludwigs I. »gemaltes Serail« (Heinrich Heine) im Schloß Nymphenburg.

Echtes Biedermeier ist die versponnen humorige Thematik im Genre von Carl Spitzweg, ist die gefällige Eingängigkeit Ludwig Richters, der stille Waldwinkel, Behaglichkeit im Heim und Sonntagsglück schildert, ein Meister im Kleinen, voll Gefühlstiefe, doch niemals rührselig, der aber über seine Kräfte hinausstrebt, wenn er sich an große Formate wagt, - ist vor allem Moritz von Schwind, volkstümlich dank seiner Märchenthemen, in seiner ehrlich sauberen Malweise oft unterschätzt und von zeitloser Gültigkeit in dem Bild Morgenstunde. Das Biedermeier hat bürgerlich verhaltene Noblesse in den Genrebildern von Georg Friedrich Kersting, wie Stickerin am Fenster, es hat schließlich Größe im Schaffen von Adolf Friedrich von Menzel, dessen von ihm selbst als nur Nebenwerke mißachtete Interieurs, wie Das Balkonzimmer, über die biedermeierlichen Züge hinaus schon den Impressionismus sichtbar werden lassen.

Mit zunehmendem Bürgerwohlstand klingt dann die Zeit des Biedermeier ab, die Malerei verflacht, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen: in Wien mit dem anekdotischen Genre von Josef Danhauser, in München mit dem Volksgenre der Defregger-Nachfolger und in Düsseldorf mit den heroisierenden, »mit Inhaltlichkeit bemalten Leinwändern« und der »gemalten sozialen Kolportage« von Karl Friedrich Lessing (1808 Breslau - 1880 Karlsruhe), wie Büßender Räuber oder Räuber mit Kind.

Auch das Biedermeiermöbel genügt in seiner schlichten Gediegenheit den in zunehmendem Maß auf Äußerlichkeiten gerichteten Ansprüchen einer mit dem Beginn der Gründerjahre reichgewordenen Gesellschaft nicht mehr: Es entartet nach kurzer Übergangszeit in den überladenen Bombast des neubarocken Makartstils, bis dann im 20. Jh. die Sammler seine zeitlose Schönheit wiederentdecken und mit hohen Preisen bezahlen.

Wikipedia zum (süddeutschen) Umfeld:

etwas problematischer, aber dennoch sehr wichtig für das Umfeld:

Sinnverwandt im Zusammenhang:

Das Biedermeier selber wirkt zurückblickend betulich-ruhig. Überraschend an Menzels Sachschilderung ist hier der zarte flüchtige Stimmungseindruck, den auch der Blümchenvorhang vermittelt.

Viel härter und leidenschaftlicher sind die italienischen Futuristen mit der wahrgenommenen Bewegung umgegangen.


Menzel von einer anderen Seite her angesehen....

Max Klinger erlaubte sich hier einen Spott mit seinen Mitteln.

Zeitlich im gegensätzlichen Zusammenhang bearbeitet:

Alfred Kubin, Die 7 Todsünden; Schlossmuseum Murnau, ISBN-13: 978-3-932276-26-2, um den Zusammenhang zwischen Symbolisierung und Haltung (Geste) zu finden. Menzel dürfte Kubin (und umgekehrt) bekannt gewesen sein.

Ebenso als Gegensatz:

Eine Liebe, Max Klinger und die Folgen, Kerber, ISBN-Nr. 978-3-86678-057-6

Künstler des frühen 20. Jahrhunderts beriefen sich auf Klinger, wie Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Edvard Munch und Max Beckmann (Expressionismus) oder Max Ernst (Surrealismus) auf Max Klinger und nutzten direkte Bildzitate.

„Max Klinger (1857–1920), der berühmte Leipziger Grafiker, Maler und Bildhauer, erwarb 1903 einen Weinberg mit dazu gehörigen Weinbergshaus in Großjena. Gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Schriftstellerin Elsa Asenijeff, verbrachte er viele glückliche Tage auf dem Weinberg. In den Jahren zwischen 1903 und 1920 entstanden hier zahlreiche Radierungen und eine große Anzahl an Zeichnungen, Aquarellen und Ölbildern.

Ab 1909 ließ er das obere Weinbergshaus zu einem komfortablen Wohnhaus ausbauen. 1910 lernte er hier die 17jährige Gertrud Bock (1893-1932) kennen, die ihm zusammen mit ihrer Schwester Ella Modell stand. Nach einem Schlaganfall 1919 verlegte Klinger seinen Hauptwohnsitz nach Großjena und heiratete Gertrud Bock, mit der er schon mehrere Jahre zusammengelebt hatte. Am 4. Juli 1920 starb Klinger auf dem “Klingerberg”, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.“ (zit.)


Nachbemerkung:

An dem Material zu dieser Datei arbeiteten 4 Personen einfühlsam und konstruktiv mit und die Gestaltung mit ihnen hat mir insgesamt sehr viel Freude bereitet.

Ein besonders zugewandter Dank sei E. R.S. gesagt.

Reinhard von Tümpling, im November 2007