Typografie und Medien 2

von Reinhard von Tümpling

Ich habe diese inhaltliche Themenfolge unterrichtlich bereits einmal bearbeitet unter:
http://www.kunstlinks.de/material/vtuempling/medien/
und habe dies Schuljahr die methodische Reihe wegen des knappen Zeitrahmens etwas anders aufgebaut.

Den Einstieg zu diesem Themenkreis habe ich über das Schreibenlassen des eigenen Namens gemacht, mit selbst zu findender Outlineschrift und frei gewähltem Füllmuster. Angeschlossen habe ich das Gestalten eines Plakates.

 

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Bild: typo_1.jpg
sehr hübsch, eigenständig und im Sinne des Unterrichts

Bild: typo_2.jpg
auch recht eigenständig

Bild: typo_3.jpg
zwei Bildbeispiele eines Schülers.
Auffällig war die Totale des oberen Blattes

Bild: typo_4.jpg
diese Beispiele orientieren sich an der abgespeicherten und erinnerbaren Vorlage

Andere Beispiele mit Anleihen aus der Werbewelt ließen zwar eine Durcharbeitung erkennen, wiesen zugleich aber auch eine mangelhafte Qualität auf. Bemerkenswert war für mich das obere Bildbeispiel von typo_3.jpg, die bildnerische Totalaussage lässt keine andere Deutung als eine Nationalaussage zu. Das Bild muss sich freilich im nivellierenden Einheitsbrei der Werbung behaupten.


Angeschlossen hat sich eine Arbeit, mit der sich die Schüler überhaupt der technischen Medien bewusst werden sollten. Ich habe die Zeitungsbeilagen des lokalen Blattes als Bildträger zum Ausschneiden genommen.


Bild: medien1.gif: die aufgelegte Folie


Bild: medien_2.jpg Sammelbild mit 4 Blättern


Bild: medien_3.jpg Sammelblatt mit 4 recht ruhigen Blättern

 


Bild: medien_4.jpg nur die tabellarische Aufzählung

 


Bild: medien_5.jpg zwei recht gut gestaltete Blätter


Bild: medien_6.jpg:
die mehrseitige Werbung des bekanntesten Vertreibers von Konsumentenelektronik.
Diese Form von Werbung über eine mehrseitige Zeitungsbeilage wurde gar nicht mehr als ungewöhnlich empfunden.

Zuletzt ging es in dieser Unterrichtsfolge um das eigentliche Ziel. Ich habe Blätter aus dem vorjährigen Unterricht vorgelegt, um eine Art von Mindeststandard zu setzen.


Bild: talk_1.jpg ein recht hübsches geordnetes Beispiel, allerdings recht flächig aufgefasst

Bild: talk_2.jpg zwei räumlich richtig umgesetzte Beispiele

Bild: talk_3.jpg die flächige Totale des Trendsetters.

Bild: talk_4.jpg zwei recht hübsche Beispiele mit andeutungsweise vorhandener Räumlichkeit: die erkannte und umgesetzte Räumlichkeit war Schwerpunkt der Arbeit. Die Schüler hatten erhebliche Schwierigkeiten damit, sich die Produktionshalle vorzustellen, in der die Talkshows stattfinden.

Die Reflexion über ein solches Thema war nicht mehr möglich. Es wird allgemein als fertiges abgeschlossenes, ganzes und benutzbares Produkt empfunden und nicht als eines, das man selbst gestalten kann. Dazu fehlen strukturelle und andere Voraussetzungen.


Noch etwas nachgeordnet:

Das Bemühen der Sender um heile unversehrte Integrationsfiguren als Bewusstseinsanker zeigt sich in angeschlossenen Strukturen, meist zu lesen im Feuilleton oder im Kulturteil. Die Schüler können allgemein solche Ereignisse recht gut wiedergeben.

Mit recht viel Wirbel und zweierlei Maß musste der mediale Chefankläger in Ruhestand treten: in einen Berliner Rauschgift- und Menschenhandelskandal involviert, war er als Meinungsbildner nicht mehr vermittelbar.

Ein anderer Moderator musste mit einer Anklage wegen Vergewaltigung abtreten.

Ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass sich Arabella Kiesbauer als Moderatorin in den frühzeitigen und wohlverdienten Medien-Ruhestand begeben hat. Ganze Heerscharen von Jugendlichen schalteten sie in der frühen Nachmittagszeit ein, ergötzten sich an den Besonderheiten der jugendlichen Psychopathologie und nahmen sie als Persönlichkeitsersatz gerne mit. Das Wirken war so nutzbringend, dass die "Süddeutsche" diesem ein ganzseitiges Streitgespräch (!) widmete, das Barbara Stamm hielt. Sogar der bayerische Ministerpräsident ließ zu Arabella eine eindeutige Meinung verlautbaren.
Im Mai 2004 führte Sandra Maischberger noch ein ausgestrahltes Interview mit der gelernten Journalistin Arabella. Sie gab in fast leisem Ton zu, dass die besonderen Shows und inneren Highlights mit unbekannten Schauspielern und einstudierten Texten stattfanden.
Das Format dieser Talkshows durfte aber keinen Schaden nehmen, diese Passagen waren deshalb recht schnell, flüssig und verschmierend gehalten, und Sandra Maischberger erteilte darin nach 23 Uhr Absolution: die Adressaten wurden somit nicht mehr erreicht.
Ein österreichischer Lebensmittelfilialist ließ Arabella in einem Werbe-Clip noch als Verkäuferin für frisches und gesundes Obst auftreten. Arabella lebt jetzt abwechselnd in Wien, München und Zürich und hat das eigene schützenswerte Privatleben entdeckt.


Lehrplanbezug (bay. Gym).:

Ku 6.4 Visuelle Medien:
Texte, Schilder, Bilderbücher (Wahlalternative zu Themenkreis Ku 6.5)
Die praktische Auseinandersetzung mit grundlegenden Aspekten einer Schrift regt die Schüler zum selbständigen Gestalten an und schärft ihr ästhetisches Urteilsvermögen gegenüber der Qualität von Texten im wachsenden Medienangebot.
Gestalten - Vorhaben, z. B.: funktionale Anwendungen von Schrift (Visiten- und Einladungskarten, Beschriftungen für Ausstellungen und Veranstaltungen); spielerische Anwendung von Schrift, auch in Kombination mit Bildern, Slogans, Aufklebern; Schreiben und Illustrieren von eigenen Gedichten, Bilderbüchern
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Ku 8.4 Visuelle Medien:
Recherchieren, Visualisieren, Veröffentlichen
Die Schüler begreifen, auf welche Weise Bilder zur Informationsvermittlung eingesetzt werden und Texte als Bildelemente visuell-anschaulich fungieren. Im Entwickeln und Gestalten von "Nachrichten" aus dem Schulleben können sie vor allem in Gruppenarbeit den Zusammenhang zwischen optischer Aufbereitung einer Mitteilung und ihrer Wirksamkeit unmittelbar erfahren.
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Ku 8.5 Repräsentation: Image, Mode, Starkult
An Phänomenen des Starkults, der Werbung und Mode gewinnen die Schüler Einblick in Mechanismen und Strategien der Imagebildung. Sie erkunden in praktischen Versuchen Möglichkeiten der Selbstinszenierung und reflektieren ästhetische Erscheinungsformen in Politik, Werbung und Jugendkultur (l K 7.1, Mu 8.2)
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Ku 9.4 Visuelle Medien: Werbung und Medien
In der Untersuchung von Beispielen aus der Werbung reflektieren die Jugendlichen die Bildsprache und die Manipulationsstrategien der Medienwelt. Sie spüren gängige Leitbilder der Ästhetik auf und veranschaulichen im gestalterischen Entwurf eigener Leitbildvarianten individuelle Wertvorstellungen (l WR 9.1.1,).
Betrachten zur Wahl: Werbeanzeige, Clip, Homepage, Computerspiel; Analyse von Werbeversprechen der Medienwelt
Gestalten-Vorhaben z. B.: kritische Bestandsaufnahme im Schaubild; Persiflage, Gegen-Werbung, simulierte Werbeaktion, Techniken, z. B.: Malerei, Collage, Photo, Video, digitale Bildgestaltung; Rollen- und Figurenspiel; bildnerischer Aspekt: visuelle Idealisierung eines Produktes durch Verknüpfung mit einem Leitbild
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Ku 11.4 Visuelle Medien:
Die inszenierte Botschaft
Die tägliche Nachrichten- und Bilderflut führt dazu, dass sich neben der individuell erfahrbaren auch sekundäre Wirklichkeiten entwickeln. Die Schüler prüfen den Realitätsgehalt vermittelter Botschaften und erproben die Nutzbarkeit von Medien in praktischen Versuchen.
Gestalten
Gestaltungsgebiete, z. B.: Photographie, Film, Video, digitale Bildgenerierung, Plakat, Schaubild, Ausstellung bildnerische Aspekte: Inszenierung von Botschaften mit sachlich-informierender, propagierender oder ironisch-persiflierender Tendenz: z. B. objektiv-sachliche Darstellung von Ereignissen, Darstellung erfundener Inhalte als sachliche ästhetische Mitteilung bzw. verfremdendes Kommentieren authentischen Materials; Präsentation anschaulicher Beispiele mit sachlich-aufklärender Absicht
Betrachten
Bereiche, z. B.: eigene Arbeitsergebnisse, visuelle Mitteilungen aus den Massenmedien, medienkritische Texte und Illustrationen (l D 11.5)
Aspekte der Untersuchung:
Wechselbeziehung von Absicht, Inhalt, Gestaltungsmittel und Darstellungsform visueller Botschaften; Rezeptionsweise, Wirklichkeitsgehalt und Wirkung


Wertungen:
Ich habe versucht, die möglichen passenden Lehrplaninhalte gewissenhaft zusammenzutragen, weil in unserem Segment andere Menschen sind wie in dem des Gymnasiums und das Fernsehen (auch das privatfinanzierte) für eine breitere Wirklichkeit produziert. Der Realitätsdruck ist für unsere Hauptschüler wegen der verkürzten Schulzeit und der Berufsfindung sicher ein anderer, als Adressaten sind sie allerdings auf derselben Schiene der Medienindustrie und können (rein physiologisch) nicht die Raster bereitstellen, um mit den Artefakten der Medien- und Werbewirtschaft umzugehen. Die installierten Formate führen wegen mangelnder Filter zum suchtartigen und schwer zu beeinflussenden Gebrauch.

Reinhard von Tümpling, 2004