Ein methodischer Beitrag zum Impressionismus
am Beispiel Claude Monetvon Reinhard von Tümpling
Ich habe den geschilderten Unterricht in einer Klasse der 9.
Jahrgangsstufe im Schuljahr 2004 / 2005 gehalten. Zu den
hier vorliegenden Arbeiten liegen die Erlaubnisscheine der
Erziehungsberechtigten vor.
Durchgesehene Netzeinträge: http://www.latribunedelart.com/Publications_2003/Edouard_Manet_-_Un_bar_aux_Folies-Bergeres.JPG: auf französisch, eines der schönsten Beispiele (Seite: http://www.latribunedelart.com/Publications_2003/Publications_Catalogues_Manet.htm) http://www.kusem.de/lk/impress/impset.htm Uli Schuster hat hier fundamental und präzise zur Analyse gearbeitet... siehe auch: Lose assoziierte Literatur (nicht jugendfrei!): |
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Zum
Speichern von Bildern und Schablonen:
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Zur Methode
Die Kalenderblätter lassen in der Rückschau nichts erahnen vom persönlichen Werdegang Claude Monets, die Blätter selbst wirken im Druck recht flach, weich und gefällig. Im Hinblick auf die zeitliche Einordnung zur Kunstgeschichte bin ich von der Abkehr der Salonkunst, des Klassizismus und der Auflösung der glatten, kalten und feinmalerischen Oberflächenqualität ausgegangen. Die Schritte zwischen Zeichnung und gemaltem Bild kann ich hier nur streifen. Methodisch ist das erkennbar erheblich schärfer bei van Gogh ausgeprägt, der dazu eine sehr klare Aussage hinterlassen hat:
Van Gogh hat „malend“ mit dem Pinsel und der Lokalfarbe„gezeichnet“. Als Folge habe ich zwei Blätter angefertigt:
Der zweite methodische Schritt erfolgte für mich mit einem Versuch, ob ein Schüler aus den abgebildeten Farbstreifen die formgebenden Pinselstrukturen heraus erkennen könne.
Die zusammengelegten Ergebnisse
Eine Besprechung im Kreis mit den ausgelegten Kalenderblättern
Die gemalten Ergebnisse unter Berücksichtung der gewählten Bildausschnittskopien:
Literatur (nachbearbeitet):
Claude Monet, * 14.11.1840 in Paris, † 6.12.1926 in Giverny Oscar Claude wurde als zweiter Sohn des Kolonialwarenhändlers Claude Adolphe Monet geboren. Um 1845 zog die Familie Monet aus der Hauptstadt nach Le Havre und verband sich mit einem geschäftlich erfolgreicheren Verwandten, dem Großhändler Lecadre. Claude war ein zerstreuter Schüler, der Spaziergänge zwischen den Becken des großen Hafens und am Strand von Ste-Adresse der Schulbank vorzog. Schon sehr früh machte er sich als Karikaturist bemerkbar, der mit spitzem Stift die Züge der Lokalgrößen festzuhalten verstand. Er stellte seine„Spottbilder“, die er für 10 und später für 20 Francs verkaufte, im Schaufenster eines Rahmentischlers aus. Dank der Anregung von Eugène Boudin malte Monet, der das von Frau Lecadre zur Verfügung gestellte Atelier aufgab, als erster der künftigen Impressionisten unter freiem Himmel. Von Boudin ermutigt, begab sich Monet im Mai 1859 nach Paris, wo er den Salon besuchte und sich Rat bei angesehenen Künstlern holte. Troyon empfahl ihm, sich in der Zeichenkunst zu vervollkommnen; aber seinem Rat, in dieÉcole des Beaux-Arts einzutreten und bei Thomas Couture zu studieren, folgte Monet nicht. Trotz der Einwände seiner Familie, die nicht gern sah, daß er der akademischen Malerei den Rücken wandte, hielt er sich länger in Paris auf. In der Hauptsache lebte er von den Mitteln, die ihm der Verkauf seiner Karikaturen einbrachte. Er begegnete Courbet und den Verfechtern des Realismus, in der recht freien Académie Suisse lernte er Pissarro kennen. Nachdem er im Frühling 1860 eine Ausstellung zeitgenössischer Malerei bewundert hatte, ging er mit einigen Kameraden nach Champigny-sur-Marne, wo sie nach der Natur malten. Im Herbst fuhr er nach Algerien, um bei den Chasseurs d'Afrique seinen Wehrdienst abzuleisten. Monet diente statt der vorgesehenen sieben nur knapp zwei Jahre; denn seine Gesundheit war dermaßen gefährdet, daß er Anfang 1862 einen Heimaturlaub von sechs Monaten erhielt. Danach bezahlte seine Familie einen Ersatzmann für ihn. Hocherfreut, Boudin wiederzusehen, machte er sich in dessen Gesellschaft erneut an die Arbeit. Im November 1862 kehrte Monet nach Paris zurück; ihn begleitete die Drohung, es werde ihm die Unterstützung der Familie entzogen, wenn er nicht einwillige, sich »der Anleitung eines bekannten Meisters unterzuordnen«. Toulmouche, der sein Betreuer wurde, schickte ihn in das Atelier von Gleyre. Dort traf er Renoir, Sisley und Bazille, der ihn als »in der Landschaftsmalerei recht befähigt« einschätzte. Von den schönen Bäumen und den weiten Durchblicken im Wald von Fontainebleau gefesselt, blieb Monet nach der Abreise seines Freundes allein zurück. 1863 hatte der Salon des Refusés in Paris »Das Frühstück im Freien« von Manet den stürmischen Protesten der Bürger ausgeliefert. Claude Monet kehrte 1865 nach Chailly-en-Bière zurück, um in Gegenwart von Courbet sein eigenes Frühstück im Freien zu malen; in diesem Werk, das großen Wechselfällen ausgesetzt sein sollte, verband er die Erinnerung an Manets Bild mit der Wirklichkeit des Waldes von Fontainebleau. Im folgenden Jahr erregte das Gemälde Camille oder Das grüne Kleid, ein ganzfiguriges Porträt seiner jungen Geliebten Camille Doncieux, Aufsehen im Salon. Émile Zola begrüßte Monet als »Mann in der Masse dieser Eunuchen«, und André Gill, der sich an das Mißverständnis des Vorjahres erinnerte, flocht geschickt den Namen Manets ein: »Bravo Monet, danke Manet!« - ein witziger Einfall, der einer Begegnung zwischen den beiden Malern ein wenig vorgriff, wiewohl Monet für den Älteren immer schon lebhafte Bewunderung empfunden hatte. Aber vorerst warteten auf Monet neue Schwierigkeiten. Seine Familie kürzte nach einer vorübergehenden Besserung, der wieder peinliche Erpressungsszenen folgten, schließlich die Zuschüsse und zwang ihn, in Ste-Adresse zu wohnen; dies geschah genau in dem Augenblick, da Camille im Juli 1867 fern von ihm dem Sohn Jean das Leben schenkte. Aber der Künstler fand in seiner Arbeit eine gewisse Ablenkung von seinen Sorgen. Unablässig wandelte er seine Themen ab, um zu vermeiden, Gefangener einer einzigen Malweise zu werden: Von einem Balkon des Louvre aus malte er Ansichten von Paris; er richtete sich in Ville- d'Avray ein, wo er die Frauen im Garten schuf, die dann von der Jury des Salons von 1867 abgelehnt wurden; in Trouville-sur-Mer traf er Courbet und Daubigny; in Honfleur malte er St-Siméon im Schnee (Cambridge) und in Ste-Adresse dessen Gärten und wunderbare Terrasse; in Fécamp und Étretat regten ihn Fischer, Strand und Steilküste an Ohne auf Stilleben oder Figurendarstellungen zu verzichten,
faßte Monet immer mehr Zutrauen zu seiner eigentlichen
Begabung als Landschaftsmaler. Seine Meisterschaft
bestätigte sich in dem Bild Der Fluß (Chicago), worin er
unbekümmert um sein Unglück 1868 die gefaßte, heitere
Camille und die Hügel von Bennecourt darstellte, die sich
schwach in der Seine spiegeln. Und 1869 ließ er auf dem
Froschtümpel (New York) das Wasser in kräftigen, abgehackten
Pinselstrichen gleichsam erbeben. Etwa gleichzeitig mit
Renoir, aber noch vor Maupassant, behandelte er das
Zusammentreffen junger Menschen am Bootshaus. Kaum hatte Fantin-Latour 1870 auf seinem Bild »Atelier des Batignolles« Monet und seine Freunde vereinigt, als der Krieg vor den Toren stand. Monet heiratete am 26. Juni 1870 Camille, und damit begann seine Wandlung. Der Maler flüchtete nach London, wo er Pissarro wiedertraf. Daubigny stellte ihn dem Kunsthändler Paul Durand-Ruel vor, der für lange Zeit sein Hauptabnehmer blieb. Die Bilder von Constable und Turner, die Themse-Nebel beeindruckten den Künstler ebenso wie 1871 und dann noch einmal 1872 die Kanäle und Mühlen Hollands. Seiner tiefen Neigung, Nebelmotive zu behandeln, verschaffte Monet ein gewisses Gegengewicht, indem er japanische Drucke sammelte, für die er immer viel Verständnis aufbrachte. Noch vor der Rückkehr Monets nach Frankreich war sein Vater
im Januar 1871 gestorben, der nach dem Tode seiner ersten
Frau nochmals geheiratet hatte. Künftig gab es aus Le Havre
keine Behinderung mehr, aber auch keine Unterstützung. Durch
sein Erbteil und Camilles Mitgift konnte Monet Ende 1871 mit
Frau und Sohn in Argenteuil eine Wohnung beziehen, die ihm
Frau Aubry-Vitet vermietete. Dort begann für den Künstler
eine besonders schöpferische Periode - zu jener Zeit, da die
großen Kämpfe der erstarkenden Gruppe der Freiluft-Maler in
Paris stattfanden. Monets Einfluß war ausschlaggebend; er
erwies sich als der wahre Anführer der Impressionisten;
diese Bezeichnung verschaffte er ihnen unfreiwillig: Eines
der Bilder, die er im April 1874 zur ersten Ausstellung der
Gruppe bei Félix Nadar schickte, nannte er Impression,
soleil levant. Nach Sisley kam im selben Jahr 1874 auch
Renoir nach Argenteuil, um mit Monet zu arbeiten. Die beiden
Freunde eigneten sich eine neue Technik an: Sie bestand
darin, kleine Farbflecke nebeneinanderzusetzen, um den
einmaligen Zustand des jeweils gegenwärtigen Augenblicks
festzuhalten: die Formen zerfließen im Flirren des Lichtes,
das zur Seele des Bildes wurde. Die Verehrer seiner Kunst wurden zahlreicher: Duret, Murer, Chocquet, Dr. De Bellio, der Sänger Faure, der Maler Caillebotte zählten zu seinen bedeutendsten Bewunderern. Dann erfolgte die entscheidende Begegnung mit dem einflußreichen Ernest Hoschedé, in dessen Schloß Montgeron der Künstler 1876 und 1877 weilte. Dort malte Monet Die Jagd und Die Truthähne sowie auch die Kinder seines Mäzens. Die Sammlung Hoschedé enthielt zahlreiche Gemälde Monets, darunter wenigstens zwei Darstellungen des damals modernen Themas Der Bahnhof St-Lazare, die in den Jahren 1876 und 1877 entstanden. Nachdem Hoschedé geschäftlich ruiniert war, mußte er erleben, daß seine Bilder nur geringe Preise erzielten. Für Monet war das natürlich ein sehr harter Schlag. Doch in den ersten schönen Tagen des Jahres 1878 zog er nach Vétheuil - wieder ans Ufer jenes Flusses, der ihm als Maler entschieden die besten Motive bot. Im März schenkte Camille einem zweiten Sohn, Michel, das Leben. Auch Frau Hoschedé weilte mit ihren sechs Kindern dort; obwohl ihr Mann nach Paris zurückkehrte, blieb sie in der Nähe des Malers, sogar nach Camilles Tod, die am 5. September 1879 von ihren Leiden erlöst wurde. Einige Bilder, die das verschneite Vétheuil oder den schrecklichen Eisgang des Winters 1879-80 darstellen, scheinen jenes persönliche Unglück spüren zu lassen. Aber mit dem Frühling begann in dieser wunderbaren Landschaft für Monet erneut das heitere Spiel des Lichtes, das er festzuhalten sich bemühte. Da er durch die Ausstellungen mit der Gruppe sich in derÖffentlichkeit nicht durchsetzen konnte, erzwang Monet den Eintritt in den Salon von 1880 mit dem Bild Die Seine bei Lavacourt, das Zolas Beifall fand. Monets Sonderausstellung in der Galerie der Zeitschrift »La Vie Moderne« im Juni 1880 bestätigte das Ende des Impressionismus; der Maler selber sagte sinngemäß, 'der kleine Tempel sei zu einem offenen Haus geworden'. Er konnte an Frau Charpentier seine großen Eislandschaften für 1500 Francs verkaufen - zahlbar in drei Raten; das war die Hälfte dessen, was er einer Lebensmittelhändlerin in Vétheuil schuldete. Ende des Jahres 1881 ging Monet nach Poissy, das ebenfalls
an der Seine liegt, ihm aber kaum Anregungen bot. Im April
1883, in dem Monat, da Manet in Paris starb, zog Monet nach
Giverny, wo die Epte in die Seine mündet; er mietete ein
Haus, das er später auch kaufte. Dort verbrachte er den Rest
seiner Tage »in der Gewißheit, niemals ein ähnliches
Unterkommen oder eine so schöne Landschaft wiederzufinden«. Um die Arbeit des Künstlers und die fortschreitende empirische Durchbildung der Serien-Methode genau zu verstehen, die er seit 1890 mit Pappeln und Heuschobern, kurz darauf mit Kathedralen entwickelte, ist es aufschlußreich, ihn auf seinen früher unternommenen Malerfahrten zu beobachten: 1881 von Vétheuil und Poissy nach Fécamp, 1882 nach Dieppe und Pourville, 1883 nachÉtretat, 1884 von Giverny nach Bordighera und Menton, 1885 und 1886 wieder nach Étretat, 1886 nach Holland und der Belle-Île-en- Mer, 1888 nach Antibes und 1889 nach Fresselines. Die Briefe sind sehr aufschlußreich, weil sich Monet ungekünstelt ausdrückte. Zunächst ist die Bemerkung angebracht, daß Monet seine Werke
nicht unbedingt an Ort und Stelle vollendete: Seine »Impressionen« brauchten ihre Zeit; oft sprach er von»Studien« oder »flüchtigen Skizzen«, die er im Freien schuf,
um »Mengen von Unterlagen« zu sammeln, die ihm dazu dienen
sollten, »daheim große Sachen zu machen«. Jedoch auch wenn
er die endgültige Fassung im Atelier malte, hatte der
Künstler vor dem Motiv absoluten Respekt. Wenn
beispielsweise die Fischer von Étretat die Boote, die er zu
malen begonnen hatte, inzwischen anders aufgestellt hatten,
dann kratzte er die Farben wieder ab und vernichtete alles,
was er bis dahin fertiggestellt hatte. Monets Entwicklung zu einer offensichtlichen Vereinfachung vollzog sich nicht ohne Größe. Einige Kritiker benutzten die Mängel seines vom grauen Star beeinträchtigten Sehvermögens und glaubten, die letzten Werke des Greises mit gewissen Versuchen der ungegenständlichen Malerei vergleichen zu können. Man hat etwa von einem »abstrakten Impressionismus« gesprochen, obwohl Monet niemals etwas anderes getan hatte, als das zu malen, was er sah und wie er es sah. »Ich sehe die Natur nur entstellt«, schrieb er 1923, »und ich sehe die Farben völlig verändert. Ich möchte Sie fragen, ob Sie von einem Maler wissen, der operiert worden ist, und ob er wirklich wieder zu richtigem Sehen gelangt ist.« Damit scheitert wohl jeder Versuch, Monet als einen Vorläufer der abstrakten Malerei zu betrachten. Man sollte doch lieber betonen, was für ihn wesentlich war:
unbedingte Liebe zur Kunst; Mißtrauen gegen Lehre und
Theorie; unerbittliche Forderungen an sich selbst; tiefe
Erkenntnis eigener Möglichkeiten und ihrer Grenzen; eine
ungebrochene Begeisterungsfähigkeit. Noch 1925, ein Jahr vor seinem Tode, lud er einen Freund mit folgenden Worten ein: »Ich sage Ihnen gleich, daß ich täglich zehn Stunden für meine Arbeit frei sein muß, die ich mit unvergleichlichem Vergnügen vollbringe.« Das ist vielleicht naiv - aber es ist die Naivität der großen schöpferischen Naturen, für die das Werk, der Sieg des Ewigen über die Vergänglichkeit, das höchste Ziel des Lebens darstellt. Einige Seerosenbilder als Nachsatz
Impressionismus Die höhnende Bezeichnung, die ein Kritiker formuliert hatte, wurde zum Namen eines Malstils, dem ein Welterfolg ohnegleichen beschieden war, und der bis heute die letzte allgemein verbindliche und allgemein verständliche malerische Ausdrucksform geblieben ist. Was über dieses optische Malrezept, das die Sehgewohnheiten von Grund auf veränderte, hinausging, hat nicht mehr die breite Zustimmung gefunden. Allen Stilen und Stilversuchen, die zeitlich dem Impressionismus nachfolgten, blieb ein vergleichbarer Publikumserfolg versagt. Der Impressionismus verzichtet auf all das, was an Inhalt, Gedankenmalerei, sentimentalem oder moralisierendem Bildausdruck beim großen Publikum bisher Erfolg gehabt hatte. Er ist eine folgerichtige Fortsetzung des Naturalismus, denn auch er stellt banale Wirklichkeit dar. Thematisch ist das Ganze gleichgültig, weil es nur als farbige Erscheinung wahrgenommen wird. Der mit einer Sensibilität ohnegleichen registrierte Netzhauteindruck wird vom Auge über Arm und Pinsel auf die Leinwand übertragen. Die Haut der Dinge im Flirren des Lichts, das die Formen verunklärt und verschwimmen läßt, will man darstellen, Impressionen verwirklichen, keine Bilder im konventionellen Sinne malen. Der Bildtitel Monets »Impression, le soleil levant« scheint daher fast programmatisch. Die Objektivität, mit der Licht und Farbreize abgetastet und notiert werden, macht das impressionistische Bild reizvoll. Das darin dargestellte Objekt ist jedermann bekannt, wenn auch noch nicht wahrgenommen, darum ist auch die neue Optik, so revolutionär sie damals war, für jeden nachvollziehbar. Der Umsetzungsprozeß ins Farbige ist von einer hinreißendenÜberredungskraft und bleibt am Ende als eigentlicher»Bildinhalt« nichts anderes als ein ganz alltägliches plattes Stück übrig. Die Inszenierung aber schlägt zum Selbstzweck um, mehr und mehr verschwindet das Objektive hinter dem schönen Schein. Aus dem farbig durchtränkten Naturalismus der Bilder des frühen Impressionismus, der mit beispiellosem Befreiungsglück die Natur, das Leben draußen, z. B. an der Grenouillère bei Port Marly an der Seine unter Sonne, Licht, Farben, Baumschatten und Wasserreflexen schilderte, wird ein raffiniertes Farbenspiel von Nuancen und Übergängen, unter denen das Objekt gleichgültig zu verschwinden beginnt. Der sinnliche Eindruck spezialisiert sich jetzt auf das Optische. Der Weg von Renoirs »Frühstück der Ruderer« oder seiner »Loge« zu Monets späten »Seerosen«-Bildern zeigt den Gewinn an Ästhetik und den Verlust an Realität. Was die Impressionisten kultivieren, wird zum System ausgebaut. Das Wissen, daß erst auf der Netzhaut das wahre Bild erzeugt wird, läßt die Pointillisten, die die Farberkenntnisse des Chemikers Chevreul praktizieren, die Farbe zerlegen, ähnlich wie im modernen Vierfarbendruck. Die Farbpartikel vereinigen sich dann erst im Auge selbst zum Bilde. Diese Methode, als Erkenntnis untadelig, bleibt jedoch im Effekt kalt, weil das Mosaik der Bilder schematisch ohne Spontaneität - nicht nur des Pinsels - hergestellt wurde. Dennoch sind die Bilder Seurats Ausführungsübungen von höchster kalkulierter Vollkommenheit. Die Rettung des Sujets und des Baugerüsts im Bilde ist ein wesentliches Ziel der die Farbmethodik des Impressionismus konsequent zu Ende denkenden »Neoimpressionisten«, wie sich die junge Garde der Nachfolger nannte, die sich 1885 um Seurat sammelte. Aber in dem Augenblick, da die Methode selbst Sinn und Aussage des Bildes wird, ist die Grenze auch schon erreicht: die Bildmittel werden selbständig und die »Impression« geht zu Ende. Schon hatte ein Teil der von 1874 bis 1880 in fünf Ausstellungen gemeinsam auftretenden Impressionisten erkannt, daß bei ihrer Art zu sehen der Körper der Dinge hinter der farbigen Flimmerfläche und damit auch die Struktur im Bilde bald verloren gehen würde. Es kam zu Auseinandersetzungen und Entzweiungen. Auf eine uns heute künstlerisch schwer begreifliche Art versucht z. B. Renoir in den achtziger Jahren der farbigen Auflösung des Bildes zu begegnen, nachdem er wenige Jahre vorher im »Place Clichy« oder in dem Theaterbild »Erster Ausgang« impressionistische Meisterwerke geschaffen hatte. Er kehrt zur Zeichnung zurück, zum Kontur, seine Malweise wird trocken-akademisch, das französische klassizistische Erbe von Ingres und Poussin her bricht durch. Aber Renoir erhält seinen Bildern Gestalt und Form. Der dritte, der sich dem Schwinden der festen Form entzieht, ist Cézanne. Er paßte mit der groben teerigen Farbe und dem strudelnden Pinselstrich seiner frühen Bilder gar nicht in die Farbdüfte der Impressionisten. Mit unvergleichlichem Tempo durchschreitet er die Schulklasse der neuen Freilichtmalerei: in kaum einem Jahr hat er sie hinter sich. Der Klassiker der Moderne betritt die Szene. Die so bald eintretende Aufspaltung des Impressionismus zeigt seine innere Schwäche, um nicht zu sagen - Leere. Er war Oberflächenkunst in der Form und »oberflächlich« auch im Inhalt. Daß die Maler bald mehr Tiefe, Innerlichkeit, Ausdruck und Gehalt haben wollten, war nur natürlich. Der Außenseiter Cézanne fand mit der Form den Grundstein für das künftige konstruktive Denken aller Malerei, van Gogh brachte das sensible Flimmerspiel mit Farben rücksichtslos zum vulkanischen Ausbruch, und Gauguin konzentrierte das Bild zu prunkenden Farbflächen voll neuer Bedeutung und Tiefsinn. Edouard Manet mit dem Skandal mit seinem »Frühstück im Freien« (1863) verlor sich nie ins artistische Rezept, so viel er von Monet auch annahm, blieb immer am Rande. Bei ihm kommen in Pinselstrich und Auffassung noch vollkommen zur Deckung. Wenn er seine Blumen, Straßen, Bardamen, Freunde und Freundinnen, Akte, Gartenszenen und Stilleben malte, war der ganze Mensch genießerisch und erotisch beteiligt, nicht nur die farbwert-empfindende Linse seines Auges. Wohin die Stilweise von Monet führte, zeigen die berühmten»Serien«, die »Kathedralen«, »Heuhaufen« und »Pappeln«, die er vom Jahre 1890 an malte und in denen er ein Dutzend Mal und häufiger das gleiche Motiv in verschiedener Beleuchtung und zu verschiedener Tageszeit spiegelte. Diese »Serien« demonstrierten das impressionistische Sehprinzip einem großen Publikum so anschaulich, daß damit der Bann endgültig gebrochen schien, hätte nicht der Wandel der Malerei bereits wieder eine neue Richtung genommen. So wirkt Monet trotz der »Seerosen«, von denen er schließlich 48 Varianten schuf, bereits um die Jahrhundertwende neben dem Werk der alten Malkollegen Cézanne, der die neue Form, und Degas, der den modernen Akt schuf, merkwürdig überständig, Verspätet setzt auch der deutsche Impressionismus ein, der seine ersten Anregungen zunächst in Holland bei Israels und Jongkind holte. Liebermann und Corinth blieben beide wiederholt zu längeren Aufenthalten in Holland. Neben dem Liebermann und Lovis Corinth ist Max Slevogt der unbefangenste. Seine Malerei hat eine genüßliche Pose und barocke Vitalität, in der Zeichnung und Illustration sprüht er nur so vor Einfällen. Kurzfassender Lebenslauf
Werke (Auswahl)
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Reinhard
von Tümpling, April 2005
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