Abgedreht - "Filme" für die Leinwand

Sabine Blum-Pfingstl

 

Einleitung Flimmerkiste Infokiste
  Arbeiten aus der Schulszene Wo gibt es was?

 

 

Filme, Videos oder Animationen produzieren kann jeder - eine recht provozierende, aber trotzdem zutreffende Behauptung: Je nach Alter der SchülerInnen, der Klassen-/Gruppenstärke, dem spezifischen Charakter der zukünftigen Filmgruppe, je nachdem ob im regulären Klassen- oder im Wahlunterricht oder gar als Einzelarbeit konzipiert, können wie sonst auch die unterschiedlichsten Themen angegangen werden: Die digitalen Medien, also digitale Kamera und digitaler Schnittplatz, ermöglichen vor allem eine sofortige Kontrolle des Bildes und motivieren dabei die Kinder und Jugendlichen kräftig!

Dabei sind wohl einfachere, selbsterklärende Schnittsysteme wie „Casablanca-Kron“ der Firma Macrosystems und „i-Movie“ von Apple für Einsteiger hilfreich, um sich auf die gestalterische Arbeit konzentrieren zu können. Software wie etwa „Final Cut“ (ebenfalls von Apple) bietet mittlerweile professionelle Bedingungen und läßt sich vor allem bei Einzelarbeiten mit "Größeren" hervorragend einsetzen. (Übrigens, auch hier ist Zaudern nicht angesagt: Gerade die manchmal gefürchteten "Computerfreaks" drehen nicht selten den "Film-Spiess" um und werden mit der Arbeit am Film zu sehr geduldigen und technisch-kompetenten Lehrerinnen und Lehrern!)

Nachfolgende Beispiele aus der Schulpraxis setzen nun exemplarisch kleine Spots auf mögliche Facetten der „Filmarbeit“. Im linken, oberen Bildkasten läuft eine Diashow mit Standbildern ab, während im unteren, rechten Eck ein kleiner Filmausschnitt gezeigt wird. (Dafür wird Divx 5.05 (Download 3,17MB) benötigt)

 

 

Wandrelief Nr. 27 - Laurin Federlein, K13 des Wirsberg-Gymnasium

Kunstwerken begegnen - warum nicht einmal filmisch? In mancher Hinsicht ist diese Facharbeit das klassische Beispiel eines durchkonzipierten, an einem Drehbuch orientierten Filmes. Zunächst aus einer vagen Idee geboren führte der Weg über ein Story-Board zu den Dialogen und den Dreharbeiten – vor allem im Animationsfilmbereich. Eine Spielfilmhandlung wird hier geschickt mit Trickfilmeinlagen verbunden und wirbt quasi als kleiner Botschafter um die Neugierde zukünftiger Galeriebesucher.

Inhaltlich ist dieser Film vor allem aber ein ironisches Abschiedsgeschenk an zwei Jahre Leistungskurs, indem ein minimalistisches Wandrelief aus der Konkreten Kunst zu interpretatorischen Höhenflügen animiert: Der ansässige Museumsführer erläutert einer staunenden Besuchergruppe die intellektuellen Hintergründe des lediglich aus farbigen Kuben bestehenden „Wandreliefs Nr. 27“. Doch das Kunstwerk widersetzt sich den diversen Interpretationsergüssen, indem es diese wörtlich nimmt und im wahrsten Sinne plastisch wiedergibt - mittels Knetanimation.


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„28 kleine Wirsberg-Schüler“ - Klasse 7e1 des Wirsberg-Gymnasiums

Im Musikunterricht wird gesungen und im Kunstunterricht wird gezeichnet? In diesem Fall schon: Die Parallelklasse hatte sich das wohl allen bekannte Lied „10 kleine Negerlein“ vorgeknöpft und zu „28 kleine Wirsberg-Schüler“ umgedichtet: Dabei waren wohl auch manch kleine Vorfälle bei der Ideenfindung hilfreich... In der Kunststunde wurden die einzelnen Strophen an die Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse verlost und bebildert – allerdings nicht zuvor ohne Episodenfilme von „Petterson und Findus“ aus der „Sendung mit der Maus“ analysiert zu haben.

In gezeichneten Bildern filmisch wandern zu gehen ist eine der einfachsten und sinnvollsten Übungen zu Kameraeinstellung, Kamerabewegung und Schnitt: Ein/e Jede/r Schüler/in kann die gewählte Strophe anhand der eigenen Bilder verfilmen und über einen angeschlossenen kleinen Monitor (Fernseher) die Wahl des Ausschnittes oder die Qualität des Schwenks kontrollieren. Im Anschluss wird das Material dem jeweiligen Schnittplatz zugespielt und auf die Musik hin geschnitten – und diesmal gleich mit Videobeamer an die Wand projiziert: Schließlich kann so die ganze Klasse die Arbeit der einzelnen mit verfolgen und kommentieren, ohne sich vor der kleinen „Glotze“ zu drängen. (Übrigens: Der Entwurf von „Videocover“ oder Premiere-Plakaten hilft, selbst unruhige Geister während des Schnitts bei der Stange zu halten ...)


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Ein Tag im Leben des Jakob - AG Film des Gymnasium Kirchheim

Wie soll ich denn eine ganze Horde von Schülern mit all den unterschiedlichen Unterrichtsstunden in ein Projekt oder eine Wahlgruppe einbinden? Und vor allem mit nur einer Kamera? Die Frage stellt sich vielen Kolleginnen und läßt sich am besten durch ein spannendes Konzept lösen: Hier sind eine beträchtliche Zahl von Schülerinnen und Schülern am Werk gewesen. Die gesamte Crew der Videogruppe arbeitete einmal nicht wie beim elaborierteren Film gemeinhin üblich arbeitsteilig, also eine/r an der Kamera, eine/r am Licht, eine/r am Ton ... Vielmehr wurde jede/r einzelne Teilnehmer/in der Video-AG mit in die Kameraarbeit und die Videomontage eingebunden:

Vorgegebenes Konzept war im Rahmen einer gemeinsam entwickelten Story die Wahl extremer Nahaufnahmen bei den Kameraeinstellungen, sowie ein enorm flotter Schnitt: Ein Film, der sprichwörtlich eine neue Sicht der Dinge vermittelt: "nah dran"! Eine jede Kleingruppe hatte eine Szene im Leben des Schülers Jakob komplett zu übernommen, diese in einzelne Einstellungen aufgelöst und am Ende mit den Szenen der anderen addiert. Eine nachträglich aufgenommene Stimme aus dem "Off" kommentiert dies dann auch recht vergnüglich ... (Ein pfiffiger und überaus simpler Trick, um den Schwierigkeiten der Tontechnik zu entgehen!)

Wie der Titel bereits zu erkennen gibt, ist auch diese Arbeit durchaus mit einer klassischen Erzählhandlung versehen. Formal ist der „Tag im Leben des Jakob“ freilich ein witziges Beispiel für das Genre Experimentalfilm, der die beiden filmischen Gestaltungsgrößen „Kameraeinstellung“ und „Montage“ ohne große Anstrengung an die Grenzen des Möglichen bringt.


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Das kleine Ufo - 5. Klasse des Gymnasium Geretsried

"Heute morgen hat der Hamster in der Kaffeemaschine Handstand gemacht!" - Wer kennt nicht die abstrusen, aber doch liebenswerten Geschichten der jüngsten Schülerinnen und Schüler? Und warum diese einmal nicht gemeinsam weiterentwickeln und dann verfilmen? Und warum dann nicht doch einmal als Zeichentrickfilm? Selbst in Klassen der Unterstufe sind waschechte Zeichentrickfilme möglich. Hier lassen sich nun die Neuen Medien u.a. für kleine hilfreiche Tricks nutzen: Um den Kindern die Arbeit am Stapel der Zeichnungen etwas zu

erleichtern, wird die Anzahl der Bilder von 24 auf 12 oder gar 5 pro Sekunde reduziert. Durch das Abfilmen gezeichneter Einzelbilder werden die Figuren animiert, per „Bluescreen“-verfahren quasi ausgeschnitten und vor selbst gemalte Hintergründe montiert - und zwar ebenfalls unter den Augen aller Schüler(innen) mittels eines an das Schnittsystem angeschlossenen Videobeamers. Auf diese Weise ist eine ganze Klasse beteiligt, wenn es laut eigener Vorlage darum geht, das nächtliche Treiben im Kinderzimmer nahe an das Genre des Thriller zu bringen ...

Wer genaueres zum Technik der Blue Box erfahren mag: Das Kunst-Seminar des Luitpold-Gymnasium-München hat dies unter "Projekte/ Bluescreeen und Animation" anschaulichst erläutert.


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Emil - Moritz Mayrhofer, K13 des Luitpold-Gymnasium

Das Bluebox-Verfahren ist bei den Arbeiten von Moritz Mayerhofer und seinen Mitstreitern am Münchner Luitpold-Gymnasium ein Effekt, der gar nicht groß der Rede wert ist. Denn bei Filmen wie „Emil“ wird deutlich, wie weit digitale Animation heute schon auch jenseits von Hollywood - etwa am heimischen PC - realisierbar ist. Zugegeben: Entsprechende Software natürlich vorausgesetzt. Gleiches gilt auch für die Erfahrung, die Moritz Mayerhofer in einem halben Dutzend vorangegangener Videofilme sammeln konnte.

Gerade dieses Beispiel zeigt die Komplexität an Qualifikationen, die ein elaboriertes Werk wie dieses voraussetzt. So musste etwa die real abgefilmte Spielfilmhandlung – eine Familie nimmt ein Elefantenbaby namens Emil mit allzu menschlichen Zügen bei sich auf – stets auf den später eingefügten digital animierten Hauptdarsteller abgestimmt werden. Dialogpartner etwa sprachen in Wahrheit mit einem provisorischen Gestell, das die spätere Augenhöhe des digitalen Rüsseltieres vorgab. Das Provisorium wurde dann mit dem dreidimensional animierten Protagonisten überdeckt. Neben profunden Computerkenntnissen ist hier also ein stringent konzipierter Handlungsverlauf mit größtmöglicher Detailplanung unerlässlich: Für Anfänger also eher ungeeignet, aber als Fernziel spannend!


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Medea - AG Film des Wirsberg-Gymnasium

Es muß ja nicht gleich eine vollständig digitale Animation sein. Farbverfremdung, Solarisation, Überlagerung, Spiegelung und eine ganze Reihe mehr an Bildbearbeitungs-Effekten sind mittlerweile selbst bei einfacheren Schnittsystemen Standards - welche üblicherweise von den betreuenden Lehrern beim normalen Film mit einem lauten "Nein" als Effekthascherei abgeblockt werden. Nicht so in diesem Fall: Mehr oder weniger durch „Ausprobieren“ ist aus einfachem Rohmaterial ein kleiner Experimentalfilm entstanden. Als Bestandteil einer Theatercollage wird er just zu dem Moment projiziert, in dem einer Frau die Worte für das fehlen, was sie zutiefst bewegt.

Medea, die klassische Figur der griechischen Tragödie, beginnt zu erkennen, dass sie Jason, die Liebe ihres Lebens, verloren hat. Allein der Tod ihrer gemeinsamen Kinder wird diesem das Ausmaß seines Verrates und damit ihren unermeßlichen Schmerz vor Augen führen.

Den schauspielernden Schülerinnen fehlten die Worte für diesen Strudel der Gefühle - statt dessen mußte ein Film sprechen: So beäugte im herab gesenkten Dunkel eine Gottesanbeterin in vielfacher Größe und in immer dynamischer werdenden Sequenzen die Runde der Gäste, bis sie zu den brummend-drängenden Tönen live eingespielter Didgeridoos zu Boden gehen mußte.


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Dido und Aeneas - LK Kunst des Wirsberg-Gymnasium

Ein Zeichentrickfilm? 24 Bilder pro Sekunde? Und das im Kunstunterricht? Niemals! Die meisten Kolleginnen und Kollegen unter uns sehen wohl schon vor ihrem geistigen Auge einen riesigen Stapel an Blättern sich auftürmen und zudem gequält blickende Schülerinnen und Schüler über den Bänken hängen... Wenn nun aber drei begeisterte Manga-Comic-Zeichnerinnen den Rest der Truppe mit dem Argument überzeugen, den Film mit nur einer Linie bestreiten zu wollen, dann ist das Gemeinschaftsprojekt schon halb realisiert. Denn mit nur einem Strich ...

Mittels klassischem Storyboard werden die Passagen untereinander verteilt: Wer etwa mit der Darstellung von Menschen hadert, widmet sich einem Gang durch des Königs Palast. Und die Stelle mit dem schwimmenden Aeneas wird gleich dem Sportler auf’s Auge gedrückt... Als einzig benutztes Zeichenutensil erzählt ein schwarzer Fineliner-Filzstift in wenigen anschaulichen Zügen die Geschichte von „Dido und Aeneas“.

Eine noch immer zündende Story der Antike über Liebe und Schmerz, Emanzipation und Selbstaufgabe, Vergangenheit und Gegenwart, die nicht nur während der Arbeit am Film für heftige Diskussionen über „die“ Rolle der Frau sorgt. (Selbst in der inszenierten Diskussion über Aufgabe und Bestimmung einer Frau - in der anschließenden Theateraufführung - meldet sich einer der althumanistischen Lehrerkollegen zu Wort: „Ein Mann muß sich beweisen...“)


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„In Erscheinung treten“ - StudentInnen der Kunstpädagogik Würzburg

Filme brauchen nicht immer eine "Story": Warum nicht wirklich einmal bewegte Bilder entwerfen? "In Erscheinung treten" hieß das seminarübergreifende Thema, zu dem Studentinnen und Studenten der Kunstpädagogik Loops entwarfen: kurze Clips ohne Anfang und Ende. Dies hatte zunächst einen recht pragmatischen Grund, da Videoprojektionen im Verlauf einer Performance das Auftreten unterschiedlichst gestalteter Kostüme begleiten sollten und damit auch zeitlich flexibel bleiben mußten.

Einfachste Vorgänge des Sichtbar-Werdens und des Wieder-Verschwindens erhielten ihren letzten verrätselnden Schliff durch simple Mittel z.B. der Montage: gegenläufiges Verblenden, rückwärts ablaufende Sequenzen, unterschiedlichste gegeneinander gesetzte Tempi - letztendlich alles "banale" Funktionen unter den Tools der Software ...


Und, Filme müssen nicht immer über die Leinwand flimmern: Warum nicht über Boden oder Decke, oder aber über sich bewegende Gewänder?


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