Nachtrag Wismar 3
von Reinhard von Tümpling

Dieser Nachtrag bezieht sich auf

und das Erlebnis der Kogge, die als ein Nachbau im alten Hafen von Wismar am Kai liegt.

Ich bin zu diesem Nachtrag gekommen, weil ich erst später in einem „Freizeitmuseum“, einer Art „Lebender Museumwerkstatt“ den Kontakt zu einem Bootsbauer bekam, der mir die Erklärung zu einigen Schlüsseltechniken schenkte.

Dieses Freiluftmuseum liegt im öffentlichen Raum.

 

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Ich hatte das Glück, eine lebende museale Werkstätte besuchen zu können, in der der Bau und die Reparatur eines klassischen Ruderbootes, bzw. kleinen Fischerbootes aus Eichenholz (hier: „Zeese“) anschaulich und nachvollziehbar gezeigt wird.

Über einem Kielbalken wird der Bugsteven in seiner schrägen Form auch mit der Verstärkung eines Knieholzes (gebogen in Form gewachsen) angefügt sowie der Heckspiegel achterlich befestigt.


Bild: Ro_Bootsbau_1.jpg
: zu erkenen sind die formgebenden und der Form sich anpassenden Spanten; die ebenen Zwischenbretter dienen einesteils als aussteifender Spant, aber auch, um abgeteilte Hohl- oder Stauräume zu schaffen (z.B. die Aufbewahrung des gefangenen lebenden Fisches) .

 


Bild: Ro_Bootsbau_2.jpg
: diese Querbretter als Spanten sind eingeklebt. Man sieht aber auch sehr gut die Kupfernägel und –nietköpfe, mit denen die Außenbretter in Klinkerbauweise verbunden sind. Kupferschrauben, Kupferniete und Kupferbronzeschrauben gelten in Verbindung mit Eiche und Seewasser als elektrochemisch sicher.

 


Bild: Ro_Bootsbau_6.jpg
: der letzte zusammen gesetzte Spant vorne vor dem Bugsteven. Eine eingesetzte Versteifung verbessert den schrägen Winkel. Man erkennt auch sehr schön die zunehmende Biegewölbung der seitlichen Bootsplanken bis zum Bug hin.


Die Kraweel (Caravelle, Hulk...) hat eine glatte Áußenhaut der Schiffsbeplankung, wohingegen die Klinkerbauweise die Planken überlappend hat. Diese Fugen müssen mit Werg, oder Moos und Teer abgedichtet werden.

 

Die Klinkerbauweise bei einem rundbauchigen Rumpf besaß noch nicht einen tieferen und größeren Kiel, der das Boot gegen seitliche Abdrift schützte. Deshalb konnte die Kogge auch nicht gegen den Wind ankreuzen, wohl aber eine Kraweel.

Gleichwohl konnten die geklinkerten Wikingerboote wegen ihrer Länge und auch mit dem Rahsegel sehr wohl gegen den Wind ankreuzen; bei denen man sich auch recht gut seitliche Klappschwerter vorstellen kann.

 

Um die Rundung des Rumpfes bei Klinkerung und Kraweelbeplankung bei ebenem Deck gleichmäßig bedecken zu können, werden die Planken vorn und hinten verjüngt. Andernfalls werden die Planken einen aufsteigenden Bug bewirken.

Die Kraweelbeplankung ist technisch schwieriger hezustellen, ergibt aber einen glatteren Rumpf und höhere Fahrtgeschwindiugkeit. Man löste das Problem der Dichtigkeit schon an dem Altertum, indem man im Innenraum dünne schrägverlaufende Planken auf die äußere Kraweelschicht aufleimte.

Die Bänder machen eher für den Zusammenhalt der Kraweelbeplankung Sinn, formgebend sind aber die Spanten.

Bei der geklinkter Bauweise müssen die recht dicken Planken in die richtige Form zu den Spanten gebogen werden. Schrauben und Holzdübel alleine würden die Planke nicht gebogen halten, und diese würden am Bug aus der hinein gestemmten formschlüssigen Landung herausspringen.


 

Man dämpft dazu die Planken in Heissdampf und biegt sie dann über einer Schablone.


Bild: Ro_Bootsbau_4.jpg
: man erkennt die geöffnete Klappe am langen und hochkant gestellten Dämpfkasten zum Einführen der langen Planken. Darunter steht der heizbare Kessel, dessen heißer Dampf in den Dämpfkasten geleitet werden kann.

Das daneben befindliche Ruderboot zeigt sehr gut die Länge und Breite der seitlichen gedämpften alten formstabilen Planken.

Eine gedämpfte Planke muss schnell verarbeitet werden. Bleibt sie länger als eine halbe Stunde im Dämpfkasten dem Heissdampf ausgesetzt, zersetzt sich das Holz.


 


Bild: Ro_Bootsbau_10.jpg
: die seitliche Ansicht zeigt den Zusammenhang. Der Dampf im Holz befeuerten Kessel kann nur durch eine kleine obere Öffnung in den Dämpfkasten entweichen. Seitliche halbrunde Platten auf dem Kessel decken diesen ab. Sie müssen abnehmbar sein, damit verdampftes Wasser nachgegossen werden kann.

Ist die Eichenholzplanke nun heiss genug gedämpft, kann sie schnell heraus genommen werden und über einer Schablone in die richtige Form gebogen werden. Danach muss ihre Überlappung zur nächsten Planke angepasst werden und die Landung am Bugsteven formschlüssig angeschrägt sein, bevor mit Bronzeschrauben und –Nieten die Planke befestigt werden kann.


Bild: Ro_Bootsbau_8.jpg
: die Vorratskiste mit Kupfernieten und –köpfen

Bild: Ro_Bootsbau_5.jpg
: der Blick in die Werkzeugecke des Schuppens: Bohrer und Hobel, Hobelbank....

Bild: Ro_Bootsbau_9.jpg
: der Blick auf die kalte Schmiede

Bild: Ro_Bootsbau_11.jpg
: ein Blick in die Werkzeugkiste....hohl gewölbte Beile mit Querschneide

Bild: Ro_Schiffsbauerlineale.jpg
: Formschablonen und das Hilfsmittel des Drahtes

Bild: Ro_Seile_Verdrillen_1.jpg
: das gleichzeitige Verdrillen von vier Seilen (gegenläufig und mitläufig verdreht) und auf der rechten Seite der Reeperbahn das kleine Führungsholz für den Drillwinkel


 


Bild: Ro_Kogge_Modell_1.jpg
: ein letztes Blick auf den Archetyp der Hansekogge mit kleinem Kastell auf dem Bugspriet.....


 


Bild: Ro_Bootsbau_7.jpg
: ein altes und kleines Fischerboot mit einsteckbarem Mast; das Ruder wird seitlich herabgeführt

 

Gelesen:

Thomas Larsson, Holzboote, Renovieren und Instandhalten, Delius Klasing, ISBN978-3-7688-1677-9, 2. Auflage, aus dem Schwedischen 2002.

Dieses Buch habe ich mehrfach und gerne gelesen; Handwerkserfahrung wird frisch und unmittelbar geschildert.

Reinhard von Tümpling, im Januar 2011