Medien 3
Ein Beitrag zur Medienerziehung

von Reinhard von Tümpling

Recht verwirrend sind gelegentlich die Werbebeilagen in der Tageszeitung.


Bild: medien_6.jpg.

Sie passen eigentlich nirgendwo hin und man begreift den Zusammenhang erst, wenn man bereit ist, den Computer als neues und eigenständiges Medium anzunehmen.

 

Zum Speichern von Bildern und Schablonen:
Internet Explorer: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Ziel speichern unter.." wählen.
Netscape: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Verknüpfung speichern unter..." wählen.

Opera: rechter Mausklick auf die Abbildung - "Link speichern unter..." wählen.

 

Ich bin mit dieser Zusammenstellung von Schülerarbeiten der 8. Jahrgangsstufe dem Thema„Computerspiele“ nachgegangen.


Bild: medien_8.jpg: die Arbeiten zur Maschine selbst....

Bild: medien_9.jpg

Bild: medien_10.jpg

Bild: medien_11.jpg


Bild: medien_12.jpg: zur Maschine gibt es auch einige kleinere Teile, vielleicht auch im Verbrauchermarkt in einem weihnachtlich umkleideten Verkaufsständers dargeboten


Bild: medien_13.jpg: ein Doppelseite einer Zeitschrift, speziell für Spiele, etwa aus 2002...

Bild: medien_14.jpg: ebenso


Bild: medien_15.jpg zwei Skizzen von kriegerischen Computerspielen


Bild: medien_16.jpg:
der kurze Ausriss aus der SZ, im Zeitraum ab Pfingsten 2005


Bild: medien_17.jpg: Schülerbeispiel

Bild: medien_18.jpg: Gewalt-Spiele

Bild: medien_19.jpg: ein Unterwasser-Spiel

Bild: medien_20.jpg: ....

In der "Süddeutschen" erschien am 27.12.04 ein kleiner Artikel, den ich hier abschreibe:

Kinder und Jugendliche, die viel fernsehen und am Computer spielen, müssen mit "eklatanten Einbrüchen bei der Leistung in der Schule" rechnen. Dies ergab eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens (KfN). Danach verfügt mittlerweile jeder zweite Junge im Alter von zehn Jahren über eine mediale Komplett-Ausstattung mit Fernsehgerät, Computer, Play-Station, und DVD-Recorder im eigenen Kinderzimmer. Laut Selbstauskunft der befragten Kinder und Jugendlichen bedeutet dieser Besitz im Schnitt mindestens zwei Stunden mehr an täglichem Medienkonsum als bei Kindern, die nicht unmittelbar über diese Geräte verfügen. KfN-Leiter Christian Pfeiffer betonte, dass sich der überproportionale Besitz solcher Geräte bei den Jungen eindeutig negativ auf die Schulleistungen auswirkt. So habe sich das Verhältnis der Schulabbrecher zwischen Jungen und Mädchen von 52 % zu 48 % im Jahr 1990 auf 64 % zu 36 % entwickelt. Auch bei den Weiterempfehlungen für höhere Schulen, dem Sitzenbleiben und dem Schwänzen, geht die Schere zwischen Mädchen und Jungen signifikant auseinander.

Weitere Informationen unter www.kfn.de/medienverwahrlosung.pdf.
("Thema Frauen- und Familienpolitik") Medienverwahrlosung als Ursache von Schulversagen, Autor Christian Pfeiffer

Vortrag auf der Veranstaltung "Individualismus = Egoismus? Die neue Moral der Netzwerkkinder" am 23.10.2003 in Berlin

Vater Müller beglückt Frau und Sohn mit einem neuen Fernseher. Der bisherige ist zwar erst wenige Jahre alt und läuft eigentlich noch recht gut. Aber man gönnt sich ja sonst nichts. Und weil der Händler für das gebrauchte Gerät nur wenig zahlen will, landet es beim 13-Jährigen Max im Kinderzimmer. Das hat den Vorteil, dass es mit ihm abends nun keinen Stress mehr über das Programm gibt. Und Max freut sich. Endlich kann er das schauen, was er will.

Diese kleine Geschichte scheint sich in deutschen Familien oft zu ereignen. Jedenfalls verfügt nach den Feststellungen des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest inzwischen etwa die Hälfte der 13- bis 15-Jährigen über einen eigenen Fernseher in ihrem Zimmer. Von den 16-/17-Jährigen sind es knapp 70 Prozent. Und selbst von den 6-Jährigen unseres Landes ist schon fast jeder Vierte dabei. Beachtung verdient hier der Ost-West-Vergleich. In den neuen Bundesländern sind von den 6- bis 13-Jährigen 55 Prozent bereits stolze Besitzer eines eigenen Fernsehers in ihren Zimmern gegenüber 28 Prozent in Westdeutschland.

Ja, und? fragen da die fernsehfreudigen Eltern. Was ist daran falsch? Eine erste Antwort kann man den zahlreichen Repräsentativbefragungen entnehmen, die es inzwischen zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen gibt. Sie zeigen, dass sich durch die Verfügbarkeit über den eigenen Fernseher zunächst einmal die tägliche Fernsehdauer um etwa eine Stunde erhöht ­ werktags von zweieinhalb auf etwa dreieinhalb Stunden und an Wochenenden auf vier bis fünf Stunden. Diese Kinder verbringen damit bei uns pro Jahr mehr Zeit vor dem Fernseher als im Schulunterricht. Zu beachten ist: an 135 Tagen des Jahres haben sie schulfrei und außerdem gehen die meisten nur halbtags zur Schule.

Die 135 Tage, an denen man früh morgens ausschlafen kann, haben im Übrigen eine weitere Konsequenz. Vor allem die Jungen nutzen die Abende vorher dazu, bis weit in die Nacht hinein ohne Überwachung der Eltern das anzuschauen, auf was sie scharf sind ­ auf Filme nämlich, die von Experten des Jugendschutzes als jugendgefährdend eingestuft wurden und deswegen erst nach elf Uhr gesendet werden dürfen. Aktuelle Befragungen haben erbracht, dass inzwischen 56 Prozent der 12- bis 17-Jährigen Jungen häufig solche Filme anschauen. Von den Mädchen sind es nur 25 Prozent. Und das ist noch nicht alles. Die Jungen dominieren auch bei den Vielsehern. Bereits 1998 gaben im Rahmen einer Repräsentativbefragung 18 Prozent der männlichen Neuntklässler gegenüber 13 Prozent der weiblichen an, dass sie pro Tag mehr als vier Stunden vor dem Fernseher sitzen. Hinzu kommt, dass zwei Drittel der Jungen regelmäßig Computerspiele nutzt, die wegen ihres jugendgefährdenden Inhalts für unter 18-Jährige verboten sind. Auch hier sind die Mädchen nur mit 14 Prozent dabei.

Nimmt man alle drei Aspekte zusammen, so scheint es gerechtfertigt, davon zu sprechen, dass mindestens ein Fünftel der männlichen 12- bis 17-Jährigen in einen Zustand der „Medienverwahrlosung“ geraten ist. In ihrer Freizeitbeschäftigung dominiert das Anschauen von Gewalt- und Actionfilmen sowie die Nutzung von PC-Spielen mit jugendgefährdendem Inhalt.

Und welche Auswirkungen hat das alles auf die Betroffenen? Zunächst einmal verarmt ihre soziale Existenz. Wer pro Tag in seiner Freizeit mehr als vier Stunden vor dem Fernseher oder dem PC verbringt, der versäumt das Leben. Ihm verbleibt weder genug Zeit dafür, regelmäßig in einer Fußballmannschaft zu trainieren und dann am Sonntag vielleicht zu lernen, wie man anständig verliert. Noch hat er genug Zeit, um wochenlang in einer Band oder einem Orchester zu üben und dann die Freude des gelungenen Auftritts zu erleben. Und er versäumt den erbitterten Streit mit seinen Spielkameraden und die tolle Erfahrung, dass man danach Wege findet, sich wieder zu versöhnen. Zwischenbilanz: Seine soziale Kompetenz wird nicht voll entwickelt. Und das gilt selbst dann, wenn er nur Astrid Lindgren-Filme schauen würde. Übung macht nur dann den Meister, wenn sie im realen Leben stattfindet und nicht nur in der Phantasie.

Wer täglich stundenlang fernsieht hat zudem kaum noch Zeit, die schulischen Hausarbeiten konsequent zu erledigen. Außerdem bewegt er sich zu wenig. Das schädigt nicht nur den Körper sondern auch den Geist. Neurobiologen haben herausgefunden, dass die Entwicklung des Hirns leidet, wenn sich Kinder zu wenig körperlich austoben. Beachtung verdient ferner, was uns Hirnforscher zu den Auswirkungen exzessiven Fernsehkonsums auf die Lernprozesse von Kindern und Jugendlichen berichten. Sie erklären uns, dass das, was die Kinder in der Schule hören oder sich nachmittags zuhause an Schulwissen aneignen, zunächst im Kurzzeitgedächtnis landet. Der Prozess der Überführung in das Langzeitgedächtnis, also in das gesicherte Wissen, dauert danach mindestens zwölf Stunden und wird entscheidend davon beeinflusst, was das Kind in den Stunden nach dem Erlernen des Schulwissens emotional erlebt. Das Hirn reagiert sehr sensibel auf starke Gefühle. Es konzentriert seine Gedächtnisarbeit auf solche Eindrücke, die es emotional erheblich bewegen.

Wer nun am Nachmittag aufwühlende, schockierende Filmszenen betrachtet, die ihn völlig in den Bann ziehen, bei dem wird das gewissermaßen verdrängt, was vorher im Kurzzeitgedächtnis gespeichert wurde. Die schulischen Lerninhalte verblassen angesichts der emotionalen Wucht der filmischen Bilder. Und wer zudem den Fehler begeht, sich so einen Horror- oder Actionfilm kurz vor dem Einschlafen anzuschauen, der beeinträchtigt massiv den für den Aufbau des Langzeitgedächtnisses notwendige „Schlafarbeit“. Die Hirnforscher betonen, dass sowohl der traumintensive REM-Schlaf als auch der Tiefschlaf eine wichtige Funktion bei der Konsolidierung von Gedächtnisinhalten haben. Wir lernen tatsächlich im Schlaf ­ aber eben nur dann, wenn wir die aufwühlenden Bilder vor dem Einschlafen vermeiden.

Angesichts dieser Erkenntnisse und der oben dargestellten Daten zum Medienkonsum der Jungen kann es nicht verwundern, was sich aus den Schulstatistiken der letzten zehn Jahre ablesen lässt: Die Schulleistungen der Jungen werden immer schlechter. So dominierten vor zehn Jahren bei den Schulabbrechern noch die Mädchen mit 52 zu 48. 2002 lagen dagegen die Jungen mit 64 zu 36 vorn. Im Osten ist das Verhältnis sogar 66 Jungen zu 33 Mädchen. Dabei fällt auf, dass der Anteil der Schulabbrecher an allen Schulabgängern hier mit 12 Prozent deutlich über der Vergleichsquote von 8 Prozent im Westen liegt, während bei den Abiturienten die ostdeutschen Mädchen noch klarer dominieren als im Westen (57 bzw. 52 Prozent). Auch beim Sitzenbleiben bilden neuerdings die Jungen mit 60 zu 40 klar die Mehrheit. Zudem liegen heute bundesweit die Schulnoten der männlichen Gymnasiasten um fast 0,4 Notenpunkte hinter denen der Mädchen zurück.

Bei der Entstehung dieses wachsenden Leistungsunterschiedes spielen sicher auch andere Faktoren eine Rolle. Ein Beispiel ist die in den neunziger Jahren starke Zuwanderung von ethnischen Gruppen, in denen Jungen tendenziell verwöhnt und Mädchen dagegen zur strikten Disziplin angehalten werden. Die geschlechtsbezogenen Divergenzen schulischer Leistungen sind deshalb z. B. bei türkischen Jugendlichen noch ausgeprägter als bei deutschen. Die Befunde der Hirnforschung lassen aber wenig Zweifel daran, dass dem unterschiedlichen Medienkonsum von Mädchen und Jungen hier entscheidende Bedeutung zukommt.

Im Übrigen gibt es nicht nur im Hinblick auf die schulischen Leistungen eine steigende Diskrepanz von Jungen und Mädchen. Sie zeigt sich auch in polizeilichen und kriminologischen Statistiken. Der Unterschied in der Kriminalitätsbelastung von Jungen und Mädchen ist seit Mitte der achtziger Jahre beständig angewachsen. Zwar haben auch die Mädchen deutlich zugelegt. Beispielsweise hat der Anteil der 16-/17-Jährigen, die von der Polizei als Tatverdächtige registriert wurden, von 2,1 Prozent auf 3,7 Prozent zugenommen.
Aber bei den Jungen ist dieser Anstieg weit stärker ausgeprägt (von 7,0 Prozent auf 12,5 Prozent). Noch krasser sind diese Unterschiede, wenn man sich auf die Entwicklung der Gewaltkriminalität konzentriert. Hier hat sich die Differenz der Tatverdächtigenquoten seit Mitte der achtziger Jahre um fast das Dreifache erhöht. Das kann nicht überraschen, weil schlechte Noten nun einmal das Risiko erhöhen, in die Jugendkriminalität abzurutschen. Wer in der Schule keine Erfolgserlebnisse hat, sucht sie sich eben woanders.

Zwischen dem exzessiven Konsum von Gewaltfilmen und der Jugenddelinquenz gibt es offenbar noch einen anderen Zusammenhang. Die Befunde aus neueren Untersuchungen sprechen dafür, dass sich bei einer kleinen Risikogruppe von fünf bis zehn Prozent der männlichen Jugendlichen solche Filme unmittelbar auf ihre persönliche Gewaltbereitschaft auswirken. Bei diesen Jugendlichen, die aufgrund von familiären und sozialen Belastungsfaktoren (also zum Beispiel innerfamiliärer Gewalt, emotionale Vernachlässigung oder Schulversagen) als besonders gefährdet einzustufen sind, können exzessive Gewaltszenen direkt als Identifikations- und Handlungsmuster fungieren. Extrembeispiel ist hier der 19-Jährige Schüler Robert Steinhäuser aus Erfurt. Nach schulischem Misserfolg lief der Fan von Action-Filmen, Ego-Shooter Spielen und aggressiven Musiktiteln Amok in seiner Schule und tötete sechzehn Menschen.

Und was ist dagegen zu tun? Amerikanische Wissenschaftler der Stanford-University haben versucht, auf diese Frage eine Antwort zu entwickeln. An zwei Schulen läuft dort zur Zeit ein interessantes Feldexperiment. In einer Koppelung von schriftlichen Informationen für die Eltern und sorgfältig vorbereiteten Unterrichtseinheiten in der Schule, werden dort 9-Jährige Schüler selber dazu angehalten, freiwillig ihren Fernsehkonsum einzuschränken.
Daneben gibt es eine gleich große Kontrollgruppe von 9-Jährigen an anderen Schulen, die in keiner Weise an dem medienpädagogischen Experiment beteiligt sind. Bereits nach einem halben Jahr konnte bei der erstgenannten Gruppe eine deutliche Reduzierung des Fernsehkonsums sowie eine signifikant geringere Aggressivität der Schüler festgestellt werden. In der Kontrollgruppe war dagegen alles beim Alten geblieben. Zu der Frage, ob auch die Schulleistungen der 9-Jährigen in der Experimentalschule besser geworden sind, sind erste Ergebnisse Ende dieses Jahres zu erwarten.

Das Experiment der Stanford-Wissenschaftler hat eine Gruppe von Neurobiologen, Medienwissenschaftlern und Kriminologen aus Delmenhorst, Magdeburg und Hannover dazu angeregt, in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt einen noch größer angelegten Modellversuch zu planen. Wir wollen neben den 9-Jährigen auch 12-Jährige und 15-Jährige einbeziehen und auf diese Weise systematisch klären, welche Chancen dafür bestehen, Kinder, Jugendliche und ihre Eltern zu einem vernünftigen Umgang mit den Medien zu motivieren. Die Hoffnung, dass wir mit diesem Projekt positive Wirkung erzielen, ist freilich nicht nur in den Mut machenden Befunden des Stanford-Experiments begründet. Sie beruht auch darauf, dass sich neuerdings in Deutschland an der Basis Bürgerinitiativen von Eltern und Lehrern gebildet haben, die gemeinsam die beschriebene Medienverwahrlosung von Kindern und Jugendlichen bekämpfen wollen. In Osnabrück beispielsweise ist eine solche Initiative unter dem Dach der Katholischen Frauengemeinschaft entstanden, im Landkreis Elsterwerda im Süden Brandenburgs haben sich Elterngruppen von mehreren Schulen zusammengetan. Den Eltern ist dabei eines wohl bewusst: es reicht nicht aus, die Fernseher aus den Kinderzimmern zu entfernen und die PC-Nutzung der Sprösslinge besser zu kontrollieren. Wir müssen es schaffen, den Kindern und Jugendlichen Lust auf Leben zu vermitteln, die sie dagegen schützt, ihre Freizeit vornehmlich mit problematischem Medienverhalten auszufüllen.

Selbst wenn das Projekt seine Ziele voll erreichen und bundesweite Nachahmung finden sollte, wären damit freilich die oben dargestellten Probleme nur partiell gelöst. Um den dargestellten Zusammenhang zwischen der wachsenden Medienverwahrlosung von Kindern und Jugendlichen und den daraus erwachsenden Folgen zu unterbrechen, benötigen wir sowohl eine offene Debatte der angeschnittenen Themen wie auch konsequente Reformansätze. So kann das für unser Land typische Missverhältnis, dass Kinder und Jugendliche mehr Zeit vor ihren Fernsehern und PC-Bildschirmen verbringen als im Schulunterricht, durch eine deutliche Erhöhung der Zahl von Ganztagsschulen nachhaltig verändert werden. Vor allem die Kinder und Jugendlichen aus Familien, die aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht in der Lage sind, nachmittags ein attraktives Alternativangebot zur Medienverwahrlosung auf die Beine zu stellen, wäre die Ganztagsschule eine große Hilfe. Zur Medienerziehung von Kindern und Jugendlichen gibt es zudem die Schau-Hin-Initiative, zu der sich das Bundesfamilienministerium und das ZDF zusammengeschlossen haben. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht ließe er sich zu einer Sendereihe mit dem Titel „Der 8. Sinn“ ausweiten. Der „7. Sinn“ bringt den Bürgerinnen und Bürgern die Verkehrserziehung nahe. Und der „8. Sinn“ könnte mit kurzen, informativen Filmbeiträgen verdeutlichen, was Eltern im Umgang mit Kindern und Jugendlichen falsch und richtig machen können ­ und dies nicht nur im Hinblick auf Fernsehen und PC sondern generell.

Als ich noch Justizminister Niedersachsens war, hatte ich zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes einen anderen Weg erprobt. Die sechzig führenden Werbepartner der privaten Fernsehsender hatten von mir einen Brief erhalten, indem ich zunächst die oben dargestellten Zusammenhänge erläuterte. Gestützt auf diese Argumente hatte ich dann angefragt, ob die Unternehmen in Zukunft nicht darauf verzichten wollen, in den nächtlich ausgestrahlten jugendgefährdenden Gewalt- und Horrorfilmen zu werben. Zu meiner Freude waren Volkswagen, Toyota, Microsoft, Hansa Saturn und zwölf weitere Firmen durchaus bereit, sich einer solchen Initiative anzuschließen. Die große Mehrheit der Unternehmen lehnte das aber ab oder antwortete überhaupt nicht. Daneben empfehle ich zur Unterstützung dieser verschiedenen Ansätze einen radikalen Weg: das Verbot der Fernsehausstrahlung von Filmen, die von der Freiwilligen Selbstkontrolle wegen ihres jugendgefährdenden Inhalts erst ab 18 freigegeben sind. Erwachsene, die solche Gewaltexzesse und scharfe Pornostreifen unbedingt sehen wollen, können ja ins Kino gehen oder sich den Film als Video beschaffen. Angesichts der Fernseher in den Kinderzimmern bleibt meines Erachtens kein anderer Weg als dieser, wenn wir unsere Kinder und Jugendlichen vor der destruktiven Wucht solcher Bilder schützen wollen. Im Grunde müssen wir doch nur die Botschaft ernst nehmen, die Johann Wolfgang von Goethe uns vor mehr als 200 Jahren in den „Zahmen Xenien“ auf den Weg gegeben hat:

Dummes Zeug kann man viel reden
Kann es auch schreiben.
Wird weder Leib noch Seele töten.
Es wird alles beim Alten bleiben.

Dummes aber vors Auge gestellt
Hat ein magisches Recht.
Weil es die Sinne gefesselt hält,
bleibt der Geist ein Knecht.

(Dieser Text ist als Essay in leicht abgewandelter Form in der ZEIT Nr. 39 vom 18.09.2003 erschienen.)


Eine Pressemitteilung aus Brandenburg

Potsdam - Eltern müssen Verantwortung ernst nehmen

Innenminister Jörg Schönbohm kritisiert die zunehmende Gewalttendenz in Computerspielen. Er rief die Eltern auf, genauer hinzusehen, welche Spiele auf den Computern ihrer Kinder laufen. „Studien belegen, dass darunter vielfach auch indizierte und sogar verbotene Spiele sind. Gewalt und Menschenverachtung werden darin zum Vergnügen und zur Freizeitbeschäftigung erklärt. Solche Spiele tragen zur geistigen Verwahrlosung und damit zur anhaltenden Gewaltbereitschaft bei Kindern und Jugendlichen bei. Sie gehören nicht ins Kinderzimmer“, sagte Schönbohm.

Wer seinen Kindern ein Computerspiel unter den Weihnachtsbaum legt, sollte den Inhalt vorher genau prüfen. „Wenn Sie jetzt nachträglich feststellen, dass ein Spiel Gewalt propagiert, bringen Sie es nach dem Fest ins Geschäft zurück und tauschen Sie es um“, riet der Innenminister.

Er rief die Eltern auf, ihre erzieherische Verantwortung auch beim Medienkonsum ernst zu nehmen. „Erziehen Sie Ihre Kinder zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den elektronischen Medien. Dazu gehört auch Kontrolle. Lassen Sie Ihre Kinder mit den vielfältigen Angeboten nicht allein. Wenn Schüler heute im Durchschnitt an Schultagen täglich mehr als zwei Stunden mit Computerspielen verbringen und über drei Stunden vor dem Fernseher sitzen, müssen wir uns über die Ergebnisse - auch die schulischen - nicht wundern.“

Scharf ging Schönbohm mit den Spiele-Herstellern und der Indizierungspraxis ins Gericht.„Nach der Bluttat von Erfurt waren sich alle über den negativen Einfluss von Gewaltspielen auf Kinder und Jugendliche einig. Inzwischen aber scheinen die Lehren von Erfurt bei vielen in Vergessenheit geraten zu sein.“ Schönbohm sprach in diesem Zusammenhang von einer „absolut unbefriedigenden Indizierungspraxis“ für Computerspiele. „Die Unabhängige Selbstkontrolle funktioniert nicht. Sie lässt Gewaltdarstellungen zuviel Raum. Vielfach werden die noch schlimmeren Nachfolgeversionen von einst indizierten Gewaltspielen nicht mehr auf den Index gesetzt und sind damit Kindern und Jugendlichen zugänglich.“

„Ganz unabhängig vom Problem des Jugendschutzes müssen sich Produzenten und Anbieter mancher Spiele aber auch fragen lassen, welches Menschenbild und welches Verantwortungsbewusstsein sie haben. Wer das brutale Morden und die Verstümmelung von möglichst vielen Kindern, Frauen, älteren Menschen, Polizisten oder schlicht so genannten‚Feinden’ zum obersten Ziel eines Computerspiels macht, handelt nicht nur menschenverachtend. Er untergräbt auch die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten“, unterstrich Schönbohm. „Es ist an der Zeit, diesem Treiben einen Riegel vorzuschieben. Wenn die Branche nicht zur Einsicht kommt, notfalls auch durch schärfere Gesetze.“

Verantwortlich: Dorothee Stacke, Pressesprecherin, Ministerium des Innern,
Henning-von-Tresckow Str. 9-13, 14467 Potsdam, Telefon (0331) 866 2060 / Fax: (0331) 866 2666


In der Zeitschrift „Bayerische Schule“ 2005/4 erschien ein Abdruck eines Vortrags zum Medienkonsum, den Christian Pfeiffer hielt.


Im ZDF Magazin „frontal 21“ vom 26.4. 05 wurde um 21.25Uhr über Gewalt in Computerspielen von den Verfassern Reiner Fromm und Thomas Reichart berichtet. Sie nennen etwa 1 Million Jugendliche, die dafür 19 Mrd. Euro ausgeben. 3 Innenminister schlagen eine strenge Regelung vom Computerspielen, z.B. Doom 3 und EgoShooter, vor.
Die Verfasser zitieren eine Studie, die zum Ergebnis kommt: „Spiele bahnen Gewaltbereitschaft, machen gewaltbereit und aggressiv“.

Die „Süddeutsche“ am 2.6.05:
http://www.sueddeutsche.de/,cl6/computer/artikel/939/52887/
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/421/41380/
ein besonders lesbares „Schmankerl“:
http://www.sueddeutsche.de/app/service/forum/postlist.php?Board=Doom3


lose zugehörige Literatur:
"kunst und wir 7", Wolf-Verlag, ISBN: 3-523-26882-6, Seite 13; schildert sehr flüchtig das Thema Daumenkino, die Themenvorschläge reichen von "Sprach"-bildern bis zu Sportarten.

"kunst und wir 8", Wolf-Verlag, ISBN: 3-523-26892-3, Seite 46 ff umreißt sehr schnell einige Videoexperimente, das Buch verlangt eigentlich nicht den ordentlichen Umgang mit der Kamera.


Nachtrag:
Ich habe die "Süddeutsche" am 27.12.04 besucht und folgenden Artikel von Oliver Fuchs herauskopiert:

Vom Glück der Bilder
Im Himmel
Bunt, schnell, wirr? Aber nein! Videoclips sind besser als ihr Ruf ­ eine Verbeugung.

"Im Musikfernsehen läuft ja gerade so manches; man sieht Reise-Dokus, Flirt-Shows, Zeichentrickfilme, alte „Southpark“-Folgen, irrsinnig lange Klingelton-Werbung mit blauen Nilpferden und verrückten Fröschen sowie eine Autofrisier-Sendung ... Was man immer seltener sieht, ist: Musik.

Zwischenfrage: Kann man Musik überhaupt sehen? Nun, als Antwort auf genau diese Frage wurde 1981 MTV, MusicTele-Vision, erfunden.

Jetzt werden wir Zeuge, wie MTV sich als Musiksender selbst abschafft ­ und den dazu gekauften Kanal Viva gleich mit. Dieser Zerfallsprozess spielt sich, das ist ja das Tolle am Fernsehen, vor laufender Kamera ab.

Das Musik-TV scheint jeden Tag ein bisschen mehr zu verschwinden ­ wie eine Pfütze, die irgendwann komplett verdunstet ist.

Seit Wochen wird der Niedergang live on air kommentiert: Charlotte Roche, das gute Independent-Gewissen von Viva, würzte ihre Ansagen, bevor sie in Streik trat, mit spitzen
Bemerkungen über ihre neuen Chefs, und auch Sarah Kuttner wirkt im Moment noch fahriger als sonst, als könne sie sich vor lauter Zorn und Zukunftsangst kaum noch aufs Moderieren konzentrieren.

Man muss es so pathetisch sagen: Hier geht eine Ära zu Ende.

Musikfernsehen ohne Musik ­ das ist befremdlich, ein wenig so, als wären im Sportkanal nur noch Kochsendungen zu sehen.

Ist die Kunstform Video ausgereizt? Hat MTV sich selbst satt? Ist die Bildermaschine an ihrem eigenen Erfolg erstickt? Solche Spekulationen könnte man jetzt anstellen. Man darf aber auch einfach mal trauern. Sich an die tollsten, rätselhaftesten, beglückendsten Momente erinnern.
Das Unkle-Video mit dem nackten Jogger im Tunnel, der ständig überfahren wird und immer wieder aufsteht und weiterrennt. Oder das Wham-Video, in dem Andrew Ridgeley im Swimming-Pool in seine Trompete bläst ­ und je länger das Solo dauert, desto mehr versinkt er.

Oder das Fatboy-Slim-Video, in dem Menschen mit unfassbar schlecht sitzenden Trainingsanzügen so irrsinnig unbeholfen breakdancen, dass man sich einerseits kaputtlachte und andererseits versöhnt wurde mit der ganzen miserablen Conditio humana.

Es war eine lehrreiche und lustige Zeit. Danke!

Und ein Gutes hat das Ende dann ja auch: Wenn MTViva keine Clips mehr spielt, stehen die Chancen gut, dass es auch mit dem kulturpessimistischen Genörgel über die so genannte„Videoclip-Ästhetik“ bald vorbei sein wird. „Videoclip-Ästhetik“ meinte: bunt, schnell, wirr ­ doch die meisten Clips wirken beim Wiedersehen langsam, geordnet und relativ blass.

Nein, „Videoclip-Ästhetik“ war nie ein brauchbarer Oberbegriff für die völlig unterschiedlichen Bildsprachen, die zwischen Rolling Stones und Progressive-Underground-Trance-House ausprobiert wurden, sondern eher ein Phantasma von Kunst-, Literatur- und Kinoredakteuren, die ihre Heiligtümer bedroht sahen. Wie zuvor Buch, Zeitung und Radio wurde auch das neue Medium von den Vertretern der etablierten Künste beargwöhnt und bekämpft.
Im Jahr 1990 schloss sich der Kritiker Hugh Gallagher sieben Tage und sieben Nächte in einem Hotelzimmer ein und schaute rund um die Uhr MTV.

Sein Protokoll veröffentlichte er unter dem Titel: „Experiment im Terror“. Nach dem ersten Tag fühlte er sich schmutzig, als habe er „24 Stunden nur Fastfood gegessen“, nach weiteren Tagen stellten sich Endzeit-Visionen ein. Das Experiment endete in körperlicher und geistiger Totalauszehrung. Nervous breakdown.

Nun weiß man natürlich nicht, in welcher Verfassung der Mann grundsätzlich war und ob er sieben Tage ZDF nicht vielleicht ebenso schlecht vertragen hätte. Ihm, dem Amerikaner hätte man jedenfalls einen lässigeren Umgang mit der Droge TV zugetraut. Dass Fernsehen je nach Gebrauch beruhigend ist und aufputschend und in letzter Konsequenz glücksstiftend, suchtauslösend, kaputtmachend ­ durfte man das nicht als bekannt voraussetzen?

Die Deutschen dagegen wussten noch wenig vom Fernsehen, als MTV Mitte der achtziger Jahre in die Kabelnetze eingespeist wurde. Sie schauten fern, so wie sie ins Theater oder in die Oper gingen. Es gab im Wesentlichen ARD und ZDF und das dritte Programm. Ein Idyll. Eine Einöde. Erst durch MTV lernten wir das Wunder des wahren Fernsehens kennen. Die Ekstase. Die Not. Den kalten Entzug. Den kompletten Schwachsinn. Danke, MTV!


Über den ADBK- Server kam am 5.3.05 eine Adresse:

Motiviert lernen heißt gleichzeitig auch besser lernen - das hat der Psychatrieprofesser Manfred Spitzer vom Transferzentrum für Neurowissenschaft und Lernen in Ulm zusammen mit 30 Gehirnforschern zeigen können: Lernen und positive Emotionen sind unmittelbar verknüpft. Der Spaß entsteht, wenn man etwas vom Gelernten verstanden hat. Die Lösung, im Unterricht Druck aufzubauen oder die Schüler zu verängstigen, funktioniert nicht: Dieser negative Stress schadet nur.

Wer unter Tränen büffelt und später das Gelernte wieder abruft, ruft auch die Angst wieder ab. Auch Langeweile fördert das Lernen leider nicht, dominiert aber in vielen Schulen. Herzfrequenzmesser zeigen: Das Herz schlägt ruhig, es herrscht Langeweile. Auch beim Lösen der Mathe-Hausaufgaben schlägt das Herz ruhig.

Das anschließende Fernsehen nimmt die Testpersonen dagegen umso mehr mit; aufregender ist nur Videospielen. Dabei werden die Kinder wohl eher emotional gefordert als bei den Hausaufgaben. Statt Schulstress haben die Schüler heute Freizeitstress. Ein kreatives Lösen von Problemen ist dann schlicht nicht mehr möglich. Von der Person des Lehrers hängt die emotionale Begeisterungsfähigkeit unmittelbar ab. Doch auch der beste Lehrer ist auf Dauer nicht in der Lage, gegen die positiven Kicks von Videospielen und Hollywoodfilmen anzutreten.

In keinem anderen europäischen Land haben die Schüler so oft und so früh frei wie in Deutschland. Solange sie sich sportlich betätigen ist das kein Problem, denn bei körperlicher Betätigung wachsen sogar Nervenzellen nach. Das führt eindeutig zu besseren Denkleistungen.


Von Klasse zu Klasse mehr Probleme

Die Zahl der Grundschüler mit psychischen Problemen steigt vom ersten bis zum vierten Schuljahr deutlich an: Jungen sind dabei stärker betroffen als Mädchen. Dies ergaben Untersuchungen der Universitätsklinik Heidelberg und des Gesundheitsamts Rhein-Neckar-Kreis.

Die Studie der Uni Heidelberg
Demnach werden in der Einschulphase 5,8 Prozent der Kinder wegen psychischer Probleme oder Verhaltensauffälligkeiten von einem Arzt oder Psychologen behandelt. In den folgenden vier Jahren steigt dieser Anteil auf 10,6 Prozent.
Bei den Jungen wächst die Quote von 7,9 auf 13,7 Prozent, bei Mädchen von 3,5 auf 8,1 Prozent. "Kinder, denen ein Besuch der Hauptschule empfohlen wird, weisen wesentlich mehr
Verhaltensauffälligkeiten auf als Kinder, für die eine Empfehlung zum Besuch von Realschule oder Gymnasium ausgesprochen wurde", teilte die Universität mit. Nach Angaben der Forscher sind so genannte "expansive Verhaltensformen" sowohl bei der Einschulung als auch vier Jahre später die häufigsten Auffälligkeiten: Die Kinder sind eigensinnig, lehnen sich auf und fordern gleichzeitig vermehrt Zuwendung.

Auch Konzentrationsprobleme, Nervosität und Anspannung nähmen im Verlauf der Grundschulzeit zu. "Beunruhigend ist auch die Zunahme an körperlichen und psychosomatischen Beschwerden", sagte der Ärztliche Direktor der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Prof. Franz Resch.

So klagten Kinder vor der Einschulung selten über Übelkeit. Bei Viertklässlern dagegen seien Übelkeit, Kopfschmerzen, Bauchweh und Übergewicht recht häufige Beschwerden. Asthma und Allergien nähmen ebenfalls in bedenklichem Maße zu.

"Vorbereitung auf das Leben"
Info: Für die Studie wurden jeweils mehr als 5000 Kinder bei der Einschulung und im 4. Schuljahr herangezogen. Die Eltern wurden gebeten, über 118 Fragen anonym zu beantworten.


Ich habe noch Erfahrungen sammeln müssen zum Thema "Chatten".

Eine sehr ernst zu nehmende Gesprächspartnerin wies mich auf den Titel hin:
Der Konsum der Romantik von Eva Illouz, ISBN 3-593-37201-0.

Eine andere Gesprächspartnerin glänzte mit dem Zitat von Netzadressen, wo man sich Musiktitel herunterladen könne und lieferte fast im selben Atemzug eine Wertung nach der anderen, was nun gut sei und was schlecht klinge.

Ein anderer Chatpartner verbringt die Wochenenden mit dem DVD-Player und den neuesten ausleihbaren Filmen und lässt sich emotional bewegen, obwohl er mit einer soliden Sprache zu den ernsten Medienschaffenden gehört.

Ich habe labile, gefestigte und solide Persönlichkeiten kennengelernt, Anteil genommen, mitempfunden, mich eingefühlt, Achtung und Anerkennung in offener und bescheidenerer Form zum Ausdruck gebracht, Wertungen gemacht, etwas bewegt, beeinflusst und ganz sicher auch ermöglicht.
Ich habe Vertrauen gewonnen, erlebt, zu bergen versucht und mich mit doppelten und mehrfachen Nicknamen herumgeärgert. Mir ist Misstrauen entgegengebracht worden nach einem fatalen Fremdverschulden, weil mediale Strukturen noch nicht vorhanden waren...
Es ist bis auf wenige Ausnahmen oft genug ein venezianischer Maskenball in sehr engen Gassen...
Ich habe zu respektieren versucht, mich über Grenzuüberschreitungen geärgert, diese angemahnt, sie selbst begangen, Inhalte gesucht und gefunden, Themen abgearbeitet, bin mündliche Verträge eingegangen und will sie halten, habe auf eigener Risko gespreizte Zeit zur Verfügung gestellt. Manches war näher, manches ferner...

http://www.heise.de
http://www.shortnews.de


Lehrplanzitat:

Filmarbeit ist Teamarbeit, bei der die Schüler mit unterschiedlichen Aufgaben betraut sind, die zu einem gemeinsamen Ergebnis führen sollen. Ob sie nun dabei am inhaltlichen Entwurf der Szenen arbeiten, als Schauspieler vor der Kamera agieren, für die Dekoration und Beleuchtung zuständig sind, die Kamera führen oder an der technischen Fertigstellung des Films mitwirken - im gesamten Ablauf muss sich jeder Mitwirkende auf die anderen verlassen können.
Die Möglichkeit, den Darstellern mit entsprechender Kameraführung ganz nahe zu kommen, verstärkt beim Betrachter die Wirkung und Aussage meist gezielter als beim personalen Spiel auf offener Bühne. Wechselnde Aufnahmestandorte, Einstellungsgrößen und Einstellungsperspektiven verlangen vom Spieler, sich immer neu auf die Kamera auszurichten.
Das Spiel gliedert sich in einzelne Aufnahmesequenzen, die für die Darsteller eine bewusste Identifikation mit ihrer Rolle verlangen, weil Haltung, Stimmung und Ausdrucküber die Einstellungs- und Schnittfolgen hinweg durchgehalten werden müssen.


Im bay. Gymnasium lässt sich das Thema nach dem neuen Lehrplanentwurf durchnehmen zu Lz 9.5, 10.4, 11.4.


Über den AdBK-Server wurde dieses Buch beworben:
http://www.friedensbilder.de/kriegsfilme/index0.htm


Fragmente in einer sehr losen Zusammenstellung:

Eine Adresse, die das vielfältige Merchandising - Angebot um die Figur des Computerspiels Lara Croft zeigt:
www.vifu.de/students/gendering/lara/home.html

mit der SZ am 2.6.05 genossen:
http://www.sueddeutsche.de/,wirl3/wirtschaft/artikel/106/54052/

Unter google gesucht: Perspektive und Raumgefühl:
http://www.learn-line.de/angebote/lakonkret/
http://www.movie-college.com/filmschule/ton/ton-perspektive.htm
recht beachtlich
http://66.102.9.104/search?q=cache:VUPKgG77LtkJ:www.didmath.ewf.uni-erlangen.de/
Vorlesungen/Darst_Geo_SS2001/material/
raum_mnu.pdf+perspektive+raumgef%C3%BChl&hl=de&start=13&lr=lang_de

ein Aufsatz für Studenten
http://64.233.183.104/search?q=cache:qx0ehVhRiiEJ:www.aec.at/de/archiv_files/
19901/1990a_146.pdf+raumgef%C3%BChl+perspektive&hl=de&start=38

ein Aufsatz zur künstlerischen Gestaltung des Raumgefühls, schildert einen Versuch zur Annäherung an das "Gesamtkunstwerk"

Ein anderer Medienaspekt kam im April 2005 über den ADBK-Server:
http://www.faz.net/s/RubEBED639C476B407798B1CE808F1F6632/Doc~
E73EEB125C4144B6D894C27A6FB945AE0~ATpl~Ecommon~Scontent.html

was bitte nicht falsch zu verstehen ist.


Ein weiterer Medienaspekt vermittelt durch durch die Süddeutsche vom 10.5.05:
http://www.sueddeutsche.de/,kulm3/kultur/artikel/808/52756/
Jugendkultur
Cool Killer und der Aufstand der Weichen
ISBN: 3-518-45693-8, Suhrkamp Nr. 3693, 10 Euro
„Coolhunters“: Eine Ausstellung im Karlsruher ZKM untersucht, wie Jugendliche heute ticken.
Das Rätsel der Pubertät kann die Schau aber auch nicht lösen.
ALEX RÜHLE

Die Pubertät ist eine groteske Zeit. Man wäre so gern jemand anders und muss doch in die Gruppe passen. Man soll sich selbst entwerfen und steht doch meist neben sich. Man ist plötzlich größer als die Erwachsenen und benimmt sich kindischer denn je. Rineke Dijkstra zeigt in ihrem Video „Annemiek“ ein Mädchen, das tonlos seinen Lieblingssong mitsingt. Das Mädchen ist noch ein Kind, mit Haarreif und Zahnspange sitzt es da und wartet brav auf seinen Einsatz, der gar nicht sein eigener ist: Aus dem Off hört man die Back Street Boys, „I wanna be with you“ versprechen sie, das Mädchen ­ unsicher, verschämt, konzentriert sucht es mit den Augen die Luft ab ­ und bewegt die Lippen zum Refrain: „I’d like to know your policy / When it comes to me / Like to know what’s in your mind / It’s not easy to see“, singen die Backstreet Boys durch das playback girl. Man kann den Refrain als Liebesversprechen verstehen. Man kann ihn aber auch als den Anspruch des Marktes interpretieren, die Jugendlichen völlig zu vereinnahmen.

What’s in your mind? Wie ticken heutige Jugendliche? Wie gehen sie mit den omnipräsenten Einflüssen von Medien und Werbung um? Die Kuratoren Birgit Richard, Klaus Neumann-Braun und Sabine Himmelsbach haben im Karlsruher Zentrum für Kunst- und Medientechnologie (ZKM) einen Raum in Form einer Halfpipe geschaffen. Ob es Absicht war, dass noch in der Präsentationsform der Ausstellung die uniformierende Kraft der Medien zu spüren ist? Jedenfalls steht man erstmal 50 gleichgroßen Kästen gegenüber, in denen Videos, Installationen und Spiele laufen. „Coolhunters ­ Jugendkulturen zwischen Medien und Markt,“ so lautet der Titel der Ausstellung und man fragt sich inmitten des Flimmerns und Rauschens, warum das ZKM eigentlich immer diesen Faible für thesenhaft proseminaristische Ausstellungstitel hat.

Aber bitte, beginnen wir mit den Thesen und dem Proseminar: „Pop“, so wird Diedrich Diederichsen im Katalog zitiert, „Pop ist immer Transformation im Sinne einer dynamischen Bewegung, bei der kulturelles Material und seine sozialen Umgebungen sich gegenseitig neu gestalten.“ Pop, soll das heißen, ist eine Kultur der Übernahme im doppelten Sinne: Manübernimmt fremde Posen, Stile, Musik, und ist froh, wenn man es schafft, die angesagten Trends halbwegs zu kopieren. Oder man übernimmt das „kulturelle Material“ im Stile der Müntefering’schen Heuschrecken oder Geier-Fonds, greift sich die brauchbaren Teile heraus, krempelt alles so um, wie man es für seine Zwecke braucht und schmeißt den Rest weg. Die positive Sicht: Jugendliche sind kreative Anverwandler und den Erfindern ihrer Identität immer voraus. Die negative: Der Markt drückt mit solcher Macht auf die Jugendlichen, dass diese keine eigene Kraft mehr entwickeln können, um irgendetwas produktiv weiterzuentwickeln.

Soweit die Thesen. Jetzt die Kunst dazu: Mit „Annemiek“, dieser spröden, ungeschnittenen Großaufnahme eines verloren wirkenden Mädchens, konterkariert Rineke Dijkstra den Videozauber von MTV und Viva, der einem das Versprechen gibt, sich im Persönlichkeitssupermarkt beliebig oft selbst erfinden zu können. Der Musiksender Viva gab einmal bekannt, er habe deshalb eine so großartige brand equity, weil er sich an „lonesome teens“ richte, die „sehr viel Identifikation“ brauchten.

Brand equity bedeutet Markenwert. Mittels „Brand-Building“ versuchen die Firmen, den Kauf ihrer Artikel zur Philosophie und zur identitätsbildenden Maßnahme zu überhöhen. Daniele Buetti nimmt das Branding beim Namen: In seinen großformatigen Fotos tätowiert er den makellosen Gesichtern aus der Werbung Logos und Labels wie Herdentieren ein und stempelt sie so zu Objekten des Marktes ab.

Die R&B-Sängerin Lil’ Kim dreht im Video zu ihrem Song „How many licks“ den Spieß um, zeigt, wie man sich selbst immer neu als Marke entwirft, und parodiert so das Versprechen der Popkultur, sich einfach aus den flottierenden Versatzstücken immer neue Identitäten schneidern zu können. Zu Beginn des Songs fließt cremige Schokolade in dralle Gussformen, die zu einem Frauenkörper zusammengebaut werden: Candy Kim. Im Verlauf des Songs mutiert sie dann zur Femme-fatale-Videofigur und zum Pornostarlet. Nach jeder Mutation wird ihr ein neues Label aufgedruckt: „Nightrider Kim“, „Pinup Kim“. So ist sie beides: Objekt des Marktes und Subjekt, das mit diesen Erwartungen spielt.

Man steht im ZKM und denkt: schon richtig, Mediatisierung, ambivalente Sache, Problem, Problem. Aber die meisten Werke kommen einem bekannt vor, die meisten Thesen auch. Die Ausstellung wirkt, als habe man ein paar Werke in Richtung Themenschwerpunkt geremixt und gesampelt. Interessanter sind Arbeiten, die nicht so sehr diesen wechselseitigen Einfluss von passivem Rezipieren und Weiterentwicklung, Konsumieren und Produzieren in den Blick nehmen, sondern die merkwürdige Zeit des Übergangs, der Pubertät selbst behandeln.

In Anthony Goicoleas Video „Act of Contrition“ kniet ein Jugendlicher vor einem Paternoster, bekreuzigt sich, betritt dann eine der herabfahrenden Kabinen, um sich erneut hinzuknien und betend hinabzufahren. Auf der anderen Seite steigt im selben Moment derselbe Junge aus der emporschwebenden Kabine aus. Wurde er geläutert? Hat ihn die Fahrt verändert? Da kommt er schon wieder von links, zerknirscht flüstert er seine Gebete, kniet mechanisch nieder, um erneut in der Beichtmaschine zu verschwinden.

Noch ein Fernseher, noch eine filmische Endlosschleife von Goicolea: zwei Hinterbänkler in der Schule. Der Linke scheint über einer Aufgabe zu brüten, fährt sich mit den Fingern durch die Haare, löst dabei so lange gedankenverloren Büschel vom Kopf, bis er mit Glatze dasitzt. Der rechte klebt sich an jeden Finger eine Kreide, steht dann auf und beschmiert in einer Art katatonischem Anfall die ganze Tafel. Drittes Video, dritter Loop: „My Round“ von Paul M. Smith zeigt vier Saufkumpane in einer Kneipe, die Tequilaflasche kreist, die vier sitzen rum, als hätten sie gelesen, man solle am besten cool abhängen, ohne dass ihnen aber erklärt worden wäre, wie sowas geht. Die Musik um sie herum scheppert so laut, dass man außer grunzähnlichem Lachen nichts von den vier Jungen hört.

Kirche, Schule, Freizeit: Die Figuren in diesem Triptychon der Jugend sind allesamt verloren in immergleichen Ritualen der Entfremdung. Lost in Transition ­ im Übergang zwischen Kindheit und Erwachsensein sind sie irgendwann hineingewachsen in unsinnige Zwänge zur Konformität. Sowohl Goicolea als auch Smith spielen alle Jugendlichen in ihren Loops der sinnlos entleerten Dauer selbst. Als gäbe es überhaupt nur noch einen Prototypen der traurigen Marke Jugendlicher.


Über den ADBK-Server kam dies an Pfingsten 2005:
http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/droese_krebsgeschwuer/droese_krebsgeschwuer.pdf


Ich selbst bin bei der Durcharbeitung des Munch-Themas auf ein Bild gekommen, das uns 1975 als Schlüsselbild angeboten wurde:

Bild: munch_36.jpg
Zeigt eine starke Bewegung von Mitte rechts oben nach unten links,
in der nachgespurten Farbigkeit die Bewegung von weiß über rot nach Schwarz.

http://www.beauharnais.sk/images/Edvard%20Munch%203.jpg
http://www.artchive.com/artchive/M/munch.html#images

Das waren die "stehenden" Bilder und nicht Filme, mit denen eine Aussage vermittelt wurde. Ich hatte dazu die einfache Transaktionsanalyse von Carl Rogers, die eine schnelle intuitive Betrachtung und Wertung erlaubte.

http://archiv.tu-chemnitz.de/pub/2003/0128/data/being_happy/kommunikation.htmhttp://www.artchive.com/artchive/M/munch.html#images
zeigt hierzu die Modelle der sprachlichen Kommunikation, m.E. ist es auf flächige Bilderübertragbar, die angefügten Seiten der Datei dort wirken „aufgedoppelt“.

Bild: kompo_3.jpg: das Schema und seine Abwandlungen

Bild: kompo_4.jpg
: eigentlich eine verzweifelte Aussage

 

Nachbemerkungen:

Ich sollte dem Umgang mit der gespreizten Zeit einmal mehr Aufmerksamkeit widmen und ein fortdauerndes soziales Gemeinschaftsprojekt schildern.

Reinhard von Tümpling, Juni 2005