Klasse 11 A - Thema:   Colin Powell erläuterte letzte Woche im UN-Sicherheitsrat, warum der Irak seiner Ansicht nach gegen die UN-Resolution 1441 verstoßen hat.

Rahmenbedingungen

Die Klasse 11A unterrichtete ich zweistündig am Nachmittag (8./9. Stunde). Die Klasse bestand aus 29 Schülern von denen alle bis auf einen Schüler zuhause einen eigenen Computer besaßen. Gute allgemeine Kenntnisse im Umgang mit dem Computer waren bei allen vorhanden. Sechs Schüler hatten bereits mit GIMP gearbeitet, drei Schüler mit dem Programm Photoshop.

Bis auf eine generell schwer zu motivierende Gruppe von 5 Schülern zeichnete sich die Klasse durch ein ausgesprochen hohes Interesse für die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Inhalten aus. Dies zeigte sich auch bei dem vorangegangenen Themenbereich Popkultur, verbunden mit der Gestaltung eines T-Shirt’s, bei der zahlreiche Schüler Themen wie den Irak-Krieg, Gewalt und Ausgrenzung aufgegriffen und zugleich ein hohes Maß an Diskussion und theoretischer Auseinandersetzung eingefordert hatten.

Didaktische Überlegungen

Ausgangspunkt der praktischen Arbeit war ein Pressefoto, das den US-Außenminister Colin Powell am 5.2.2003 vor dem Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen zeigt. Auf dem Foto präsentiert Powell ein Röhrchen (gefüllt mit getrocknetem Anthrax), als Beweis dafür, dass der Irak biologische Massenvernichtungswaffen produziere und damit gegen die Resolution 1441 verstoße (Abb. 30). Das Foto ging weltweit durch die Presse und diente fortan den Befürwortern eines Krieges gegen den Irak als Rechtfertigung - zu unrecht wie sich herausstellte. Ein Jahr später musste Colin Powell öffentlich eingestehen, dass man sich getäuscht haben könnte. Diese Äußerungen Powells boten einen aktuellen Anlass, das Bild hinsichtlich seiner Inszenierung, seiner Aussage sowie seiner medialen Verwertung neu zu bewerten.

Für die Schüler bestand nun die Aufgabe darin, dem Pressefoto eine neue Aussage zu verleihen, indem sie das vermeintliche Beweismaterial in Powell’s Hand durch ein Objekt ihrer Wahl ersetzen. Ein kleiner, aber äußerst  manipulierender Eingriff, der die Art und Weise der Beweisführung kommentieren, den Wahrheitsgehalt massenmedial vermittelter Bilder kritisch hinterfragen und schließlich zu einer eigenen Aussage führen sollte.1

Die praktische Aufgabenstellung war wegen des vorgegebenen Pressefotos relativ eng gesteckt. Wichtig war die technische Umsetzung einer möglichst überzeugenden und sauberen Fotomontage, die auch den Ansprüchen einer massenmedialen Verwertbarkeit gerecht werden würde. Das Pressefoto stand den Schülern in einer hohen Qualität (300dpi) zur Verfügung, so dass zum einen sehr genau gearbeitet und zum anderen bei einem späteren Ausdruck auch ein gutes Ergebnis erzielt werden konnte. Gefordert war ein subtiler Eingriff, der den Charakter des Pressefotos  nicht zerstören sollte.

Die vorhandene Bildunterschrift war fester Bestandteil des Fotos und sollte bei der Auswahl des neuen Objektes mit bedacht werden. Der kreative Schwerpunkt der Arbeit lag demnach weniger auf der technischen Umsetzung, als vielmehr auf dem gedanklichen Spiel, neue Bedeutungszusammenhänge herzustellen, was sich in der Auswahl eines geeigneten Objektes niederschlagen und in einem kurzen Text begründet werden sollte.

Zuletzt war es Aufgabe der Schüler, für die Arbeiten eine überzeugende Form zu finden, um sie einer Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Unterrichtsverlauf

Sensibilisierung                 (2 Unterrichtsstunden)

Den Einstieg in das Thema Bildbearbeitung bildete eine theoretische Unterrichtseinheit, in der ich manipuliertes und authentisches Bildmaterial gegenüberstellte.2

Die Diskussion verlief unter dem Aspekt, wie Wirklichkeit zu definieren sei und wie die Vorstellung von Wirklichkeit durch mediale Vermittlung verändert bzw. manipuliert werden kann. Zum Abschluss wurde ein kurzer Ausschnitt aus dem Film War Photographer gezeigt, der deutlich machte, wie authentisches Bildmaterial allein durch redaktionelle Entscheidungen beeinflusst werden kann.

PHASE 1                               (4 Unterrichtsstunden)

Die Einführung wurde von einem Schüler gehalten, was sehr gut funktionierte und die Aufmerksamkeit der Klasse noch erhöhte. Es zeigte sich, dass die Schüler mit dem Medium Computer relativ gut vertraut waren. Werkzeuge und Anwendungen waren zum Teil schon bekannt, so dass oft nur noch Fragen zu einzelnen Details gestellt wurden.

PHASE 2 und 3    (2 Unterrichtsstunden)

Für Phase 2 war 1 Unterrichtsstunde ausreichend, so dass noch in der gleichen Unterrichtseinheit das Thema und die Kriterien besprochen werden konnten.

Das Pressefoto von Colin Powell war einigen Schülern bekannt, so dass sich sofort ein Gespräch über Kontext, Aussage und Wirkung des Bildes ergab. Gegen Ende des Gesprächs lenkte ich die Diskussion auf das Objekt in Powell’s Hand und las einen aktuellen Zeitungsartikel vor, worin Powell anzweifelt, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt.

Dann folgte die Bekanntgabe der Aufgabenstellung und die Schüler bekamen ein Handout  mit Pressefoto, aktuellem Zeitungsartikel und der Aufgabenstellung3, so dass sie bereits bis zur nächsten Unterrichtseinheit Material für die Bildmontage auswählen konnten.

PHASE 4 und 5    (6 Unterrichtsstunden)

Das Vorbereiten der Bilder ging sehr schnell, da zum einen alle Schüler die gleiche Bildvorlage, die bereits von mir im GIMP-Format gespeichert worden war, benutzten und zum anderen, weil die Objekte sehr gezielt ausgewählt wurden, so dass mit relativ wenig Bildmaterial gearbeitet wurde. Das Material suchten sich die Schüler aus Zeitschriften und dem Internet, einige fotografierten ein Objekt mit der Digitalkamera. Vieles davon lag bereits in digitaler Form vor, so dass man nur noch weniges einscannen musste.

Einige hatten zu Beginn der praktischen Arbeit noch kein Objekt ausgewählt, was allerdings  kein Problem darstellte, da zuerst das Original-Röhrchen in Powell’s Hand mit dem Stempel-Werkzeug wegretuschiert werden musste. Dann wurde das neue Objekt eingefügt, bewegt, gedreht, skaliert und schließlich farblich angepasst. Am Ende wurden die Ebenen vereint und das Bild als JPEG exportiert. Als letztes wurde mit dem Nachbelichtungs-Werkzeug der Objektschatten erzeugt und mit dem Stempel-Werkzeug die Feinretusche durchgeführt.

 

PHASE 6                               (4 Unterrichtsstunden)

Bei der Besprechung der Arbeiten zeigte sich, dass gerade durch Abfolge der einzelnen Bilder  eine interessanter Effekt entstanden war, den man für eine Präsentation nutzen konnte und der sich am einfachsten mit dem Programm Powerpoint realisieren ließ. Da das Programm bereits bekannt war, war nur eine kurze Wiederholung nötig. In Gruppen wurden mehrere Entwürfe erarbeitet, die anschließend vor der Klasse gezeigt und diskutiert wurden. Dabei setzte sich die Idee durch, bei der das Originalbild unter die anderen gemischt und im Stil eines Ratespiels gefunden werden sollte. Es folgten Textrecherche, weitere Entwürfe und eine abschließende Diskussion, bei der Struktur, Inhalt und Form der Präsentation möglichst genau festgelegt wurden. In einer kleinen Gruppe von 5 Schülern wurde die Präsentation außerhalb der Unterrichtszeit zu Ende geführt.

PowerPoint-Präsentation Windows (29,6MB) Mac (24,6MB)

Fazit                                       (9 Unterrichtseinheiten / 18 Stunden)

Die Diskussion zu Beginn der Unterrichtssequenz, sowie das praktische Thema stießen auf hohes Interesse, was die gute Mitarbeit trotz Nachmittagsunterricht bestätigte.

Die Einführung durch einen Schüler verlief durchwegs positiv, der Schüler kannte sich genau aus und konnte sein Wissen gut vermitteln. Auch während der praktischen Arbeit, bei der viel Einzelbetreuung nötig war, übernahm er für seine Mitschüler eine aktiv beratende Rolle, so dass die anstehenden Fragen der Schüler effizienter beantwortet werden konnten.

Die Schüler arbeiteten sich schnell in das Programm GIMP ein. Auch bei der Umsetzung des Themas traten keine ernsthaften Probleme auf, so dass die ganze Klasse relativ zügig vorankam. Es zeigte sich, dass Schüler, die bereits mit Bildbearbeitungsprogrammen gearbeitet hatten, zugleich schnell und präzise arbeiten konnten, wohingegen Neueinsteiger langsamer, aber nicht weniger genau arbeiteten, was auch ein Vergleich der Arbeiten bestätigt. Die unterschiedlichen Vorkenntnisse hatten somit nur bedingt Einfluss auf das Ergebnis der Arbeit. Viel entscheidender waren Konzentrationsfähigkeit und Motivation der Schüler, sowie die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Thema, was sich letztendlich in der Auswahl des eingefügten Objekts niederschlug. Die Ergebnisse spiegelten zum Teil die bisherigen Leistungen der Schüler wider, bei mehreren war eine deutliche Steigerung zu den vorherigen Arbeiten sichtbar, was ich der Motivation durch das Medium zuschreibe. Es gab allerdings auch zwei Schülerinnen, die nicht an ihre Leistungen anknüpfen konnten und als Begründung dafür das Medium nannten.

Rechnet man die 4 Stunden in der die Powerpoint-Präsentation außerhalb der Unterrichtszeit zu Ende geführt wurde dazu, so nahm die Präsentation der Arbeiten ebenso viel Zeit in Anspruch wie das Arbeiten mit GIMP. Die Aufteilung der Präsentation in Entwurfsphase und Realisierung ergab sich aus dem Unterrichtsverlauf, denn je konkreter die Idee ausgearbeitet werden musste, desto schwieriger gestaltete sich die Entscheidungsfindung mit der ganzen Klasse. Die Powerpoint-Präsentation liegt zur Ansicht bei.