Michael Schacht
Du bist in dem Bild und kommst nur heraus wenn du ein Rätsel löst."“

Der Einsatz neuer Medien in der Grundschule am Beispiel der Internet-Fortsetzungsgeschichte „Interfantasonien“.

Die 1999 von dem Lehrer Klaus Fröhlich (Albert-Liebmann-Schule, Schule für Sprachbehinderte und Förderzentrum für Sprachbehinderte, Hannover) und seinen Kindern Janna und Felix Fröhlich im WWW initiierte Fortsetzungsgeschichte "Interfantasonien" (http://www.nibis.ni.schule.de/~albertl/fanta.htm) verknüpft Lesen und Schreiben sowie bildnerisches Gestalten miteinander.
Die Anregung für Kinder besteht darin, selbst etwas zu "Interfantasonien" beizutragen. Um an dem Projekt teilzunehmen, müssen diese bzw. die Schule einen Internetzugang sowie die Möglichkeit besitzen, eigene Internetseiten zu erstellen und auf einem Server abzulegen. An einer Stelle, die sie selbst auswählen, können Heranwachsende die Erzählung in Form einer selbst erstellten Webseite in Bild, Text und Ton mit eigenen Ideen fortführen. Beteiligt sich die ganze Schulklasse, so kann eine eigene größere Geschichte entstehen, die einen Aspekt aus "Interfantasonien" zum Ausgangspunkt hat. Eine ausführliche Anleitung, wie man sich beteiligen kann, steht unter der oben genannten Internetadresse zur Verfügung.

So wurden bereits knapp 20 verschiedene Themen wie "Mittelalterliche Burgen", Detektivgeschichten, Zeitreisen, Dinosaurier oder Inselleben verarbeitet und seitdem erweitert. Im Unterricht besprochene Kunstwerke, die möglicherweise einen bestimmten Themenkomplex behandeln, können hierbei ebenfalls als Anregung dienen. Zu dem selbstgewählten Thema, das immer auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie beinhalten kann, werden von Kindern Zeichnungen angefertigt und eingescannt oder digital erstellte Zeichnungen und Bildbearbeitungen verwendet. Traditionelle und digitale Medien stehen gleichberechtigt nebeneinander und können kombiniert werden.
Hier wird eine Verbindung zwischen eher traditionellen Feldern der Kunstpädagogik (Kinderzeichnung, Collage, visuelle Poesie, Gestalten mit Naturmaterialien) und den digitalen Medien hergestellt. Darüber hinaus wird der Aspekt der Kommunikation betont, da man mit anderen Kindern Kontakt aufnehmen muss, von deren Seite aus man seinen Teil der Geschichte fortsetzen möchte.

Neben der Gestaltung der Bilder und Texte haben teilnehmende Kinder die Möglichkeit, das Medium 'Hypertext' bewusst und produktiv einzusetzen: Sie müssen überlegen, wohin ihr Weg führen soll, welche Verzweigungen es geben soll, in welcher Art also eine Vernetzung stattfindet. Dabei können Regeln des Verknüpfens sowohl beachtet als auch anarchisch untergraben und kreativ zweckentfremdet werden, z. B. in Form von Sackgassen oder Schleifen.
Seit 1999 ist so im Internet eine stetig wachsende, vernetzte Geschichte entstanden, die über einen subjektiv gestalterischen Zugang mit Text, Bild, Ton, animierten Grafiken usw. die Eigenarten von Internet und Hypertext und -media nutzt. Die Ideen und bildnerischen Äußerungen der Heranwachsenden werden zu einem Teil eines Ganzen, das sich immer weiter entwickelt.


Interview mit Klaus Fröhlich, Initiator von „Fantasieweb Interfantasonien“ und Lehrer an der Albert-Liebmann-Schule, Schule für Sprachbehinderte und Förderzentrum für Sprachbehinderte, Hannover

In unregelmäßigen Abständen beteiligen sich bereits seit 1999 immer wieder Schulen/Schulklassen an der Erweiterung der Fantasiewelt. Bekommen Sie Rückmeldungen über die Reaktionen der Kinder?
Die Schülerinnen und Schüler waren, so berichteten die Lehrkräfte, begeistert. Sie finden sowohl das selbst erstellte Buch, wie auch das Spiel toll. Auch die Lehrkräfte waren von dem Projekt sehr angetan. Selbst eine -Lehramtsanwärterin hat mit ihren Schülerinnen und Schülern Seiten erstellt. Der Seminarleiter hat den pädagogischen Ansatz sehr positiv beurteilt.

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem eigenen Unterricht gemacht? Wie gehen die Kinder mit dem Wechsel von analogem Arbeiten (Zeichnung) und digitalen Anteilen um?
Schülerprodukte wandern in der Schule meist früher oder später in den Papierkorb. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Kunstunterricht, wo Schülerarbeiten durch öffentliches Ausstellen gewürdigt werden.
Wenn sie ihre eigenen Seiten erstmalig im Internet sehen, regieren die Kinder und Jugendlichen emotional, sie sind aufgeregt und zeigen stolz Mitschülern und Lehrern ihr Werk. Ich meine, fast alle Schüler waren stolz darauf, dass ihre eigenen Bilder auf der Homepage der Schule zu sehen sind. Etliche Schüler fragen auch nach der Internetadresse, um sie sich mit ihren Eltern ansehen zu können.

Welche Möglichkeiten der Weiterentwicklung sehen Sie?
Die Idee, Seiten zweisprachig zu gestalten könnte noch ausgebaut werden. Vielleicht könnte eine solche Geschichte auch als E-Mail-Partnerschaft zwischen verschiedenen Schulen erstellt werden.

Was würden Sie anderen Lehrenden raten, die Ähnliches ausprobieren möchten?
Fantasiegeschichten auszudenken und aufzuschreiben ist der schwierigste Teil. Internetseiten herzustellen ist nicht schwieriger, als Texte mit der Textverarbeitung zu erstellen. Wer noch nie Webseiten erstellt hat, kann sich dabei helfen lassen oder an einem Kurs teilnehmen (fertiges Heft mitnehmen).

Mit welchen grundsätzlichen Problemen - technischer und organisatorischer Art -
mussten Sie sich auseinandersetzen?
In einer großen Gruppe ist es kaum möglich, allen Schülerideen gerecht zu werden. Es bietet sich daher nach einem gemeinsamen Einstieg an, die Schüler in Kleingruppen arbeiten zu lassen. In ihrer Gruppe denken sie sich eine Geschichte aus und schreiben sie in Ichform auf. Die Geschichte wird abgegeben und vom Lehrer korrigiert, in Abschnitte zerlegt und beginnend mit 1 durcheinander nummeriert (1, 7, 4, 6, 2, 3, 5. ...)

In der folgenden Stunde erhält jede Gruppe:
- Liniertes Papier (etwas kleiner als DIN A 5)
- Weißes Papier (etwas kleiner als DIN A 5)
- Kleber, Schreibzeug, ...
- Ein leeres Schreibheft (DIN A 5). Die Doppelseiten werden mit Bleistift nummeriert.

Die Schüler schreiben jeweils den Text auf eine Seite. Dann überlegen Sie, welche Entscheidungsmöglichkeiten zu den nächsten Seiten führen. Die jeweilige Seite wird hinter den Text geschrieben. (Weiter auf Seite 9).
Die fertigen Textseiten werden (zunächst mit Hilfe des Lehrers) auf der richtigen Seite ins Heft geklebt.
Besonders wichtig sind die Bilder. Zu jeder Buchseite wird ein Bild gezeichnet, gemalt oder auf andere Weise erstellt. Auch die Bilder werden mit dem Vornamen gekennzeichnet.

Das erste Produkt – ein Buch – ist fertig.

Die folgenden Schritte gehen schnell:

Die Bilder werden gescannt und als .gif oder .jpg gespeichert. (bild01, bild02, usw.)
Eine Internetseite wird als Vorlage gestaltet (z.B. mit dem kostenlos im Netz erhältlichen Netscape Navigator.) Die Vorlage wird so oft als Spiel 01, Spiel02 usw. gespeichert, wie es Seiten im Buch gibt.
Wenn die Seiten ins Internet gestellt werden, legen andere Schulen eine Verknüpfung auf ihr Spiel, wenn sie Ihnen eine E-Mail senden.

Für Lehrkräfte, die bereits Internetseiten erstellt haben:

Schüler der dritten und vierten Klasse sind in der Lage, eigenständig den Text einzugeben, die zugehörigen Bilder einzubauen und die Verknüpfungen (Links) zu erstellen.