Filmarbeit - Dokumentation 2


 

Alles Gute kommt von oben (Volksschule Rieden, 2 Min, 2001) 

Ein kurzer, pfiffiger Slapstick in nur einer Kameraeinstellung und die ersten Schritte einer Grundschulklasse Richtung Film: Als der Protagonist einen Ball in die Luft wirft, fällt dieser als Hut zum Werfer zurück. Doch auch der Hut bleibt nicht in seiner alten Form, was den Jungen zu immer neuen Luftwürfen anregt ...

Dieser charmante Kurzfilm, entstanden an der Volksschule Rieden, zeigt, mit welch einfachen Mitteln ein kleiner Schwarz-Weiss-Film a la „Väter der Klamotte“ erzielt werden kann: Die Kamera wird auf einem Stativ fest eingerichtet und die gemeinsam über einen Kontrollmonitor besprochene Einstellung bleibt den ganzen Film über bestehen. Und doch haben die jungen Filmer(innen) mit Sicherheit eine Menge dazugelernt: Dass Film und Realität völlig unterschiedlich sind - womit hier im wahrsten Sinne des Wortes vortrefflich gespielt wird. Dass ein Film nicht nur dann gelungen ist, wenn er ein abendfüllendes Programm darstellt. Dass eine gute Idee wichtiger ist als der Einsatz technischer Spielereien. Dass der Spaß am szenischen Spiel sich auch auf die Videoaufnahme überträgt. Und, dass die Allerjüngsten nicht mit zu aufwändiger Kameraarbeit überfordert werden sollten: eine ordentlich eingestellte Standkamera genügt völlig, um Mimik und Gestik entsprechend in Szene zu setzen !

 

„Pst, Fischer!“ (AG Film des Röntgen-Gymnasiums Würzburg, 6 Min., 1999)

Die Kamera beobachtet aus nächster Nähe die Hand eines Schülers während einer Klassenarbeit. Die Zuschauer werden zu Zeugen eines stummen, erfolglosen Kampfes mit den Tücken des Unterschleifes. Selbst auferlegte, denkbar enge Rahmenbedingungen, wie der Verzicht auf jeglichen Schnitt genauso wie auf Dialoge und darüber hinaus die Verwendung ausschließlich extremer Nahaufnahmen machen dieses sechsminütige Video zur filmischen Gradwanderung: Der experimentelle Clip besteht letztendlich aus einer einzigen anhaltenden Kamerafahrt, die den Weg des Spickzettels verfolgt. So war aufgrund der zunächst kurios anmutenden Einschränkungen während der Dreharbeiten eine um so größere Kreativität bei der Kameraführung nötig: Die durchdachte Choreografie an Schwenks und Kamerafahrten versucht, den Spannungsbogen zu halten und lässt den Betrachter zum gebannten filmischen Voyeur werden. Ganz nebenbei schärft diese auch als mögliche „Übung“ zu praktizierende Arbeit den Blick für die Kameraeinstellung, das Zeitempfinden und die Wahl des Tempos im Verlauf der Kamerabewegung und die ruhige Hand bei einer Kamerafahrt. Mögliche Varianten, wie etwa „Hummelflug“, „Häckisäck“ oder „Papierfliegerrunde“ werden sozusagen als „Warm-ups“ weiter empfohlen ...

 


ABC (Klasse 6b des Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasiums Münnerstadt, 4 Min., 2001)

In einem kleinen Zeichentrickfilm, entstanden als Klassenprojekt im Kunstunterricht, werden aus Buchstaben Protagonisten für unterschiedlichste Verwandlungen und Ereignisse.
Metamorphosen haben sich immer wieder quer durch alle Alterstufen als eine sinnvolle, weil gut zu realisierende Möglichkeit erwiesen, kurze Episodenfilme in einer ganzen Klasse während des regulären Unterrichtes zu zeichnen. Jede Schülerin und jeder Schüler erstellt einen eigenen kleinen Beitrag, der im Anschluss ähnlich den Perlen einer Perlenkette aufgefädelt, sprich aneinandergeschnitten wird. Kriterien, wie Größe (von DIN A 6 bis DIN A 4), Farbe und Charakter (Bunt- oder Filzstift/ Wasserfarben/ Tuschezeichnungen...) der sich wandelnden Figur, zu beachtende Aspekte einer gleichmäßigen Metamorphose und letztendlich Anzahl der zu zeichnenden Papiere sind gut gemeinsam zu besprechen: Ob sich nun die Buchstaben des Alphabets in Autos, Bären oder Chamäleons verwandeln, ob aus einem Ei immer wieder die unterschiedlichsten Tiere schlüpfen... – thematisch gibt es keine Grenzen! Das Abfilmen der einzelnen Blätter lässt sich ebenfalls im regulären Unterricht und vor allem an einem Stück realisieren – für die Rückverwandlung der einzelnen Filmelemente werden die Zeichnungen einfach der Reihenfolge nach vorwärts und dann rückwärts „abfotografiert“, so dass nach einem „Drehtermin“ bereits der ganze Film steht.

 

Mai Rod (Klasse 4b der Gangolf-Grundschule Bamberg, 3 Min, 1999)

„Mai Rod“ (Mein Rad), ein Mundart-Gedicht aus dem Oberfränkischen diente einer vierten Grundschulklasse als Vorlage für diesen charmanten Legetrickfilm mit gemalten Figuren und Hintergründen: Der Erzähler schildert hier humorig die Probleme der allerjüngsten Verkehrsteilnehmer mit den Tücken der Erwachsenenwelt. Es findet sich einfach kein Platz, um sein Geburtstagsgeschenk, das neue Rad auszuprobieren!

Obwohl, oder vielmehr weil der Film keinen Anspruch auf Perfektion bis ins letzte Detail hat, mag er als ein überzeugendes Beispiel dafür gelten, dass auch mit einfachen Mitteln ansprechende Trickfilme praktisch in jeder Jahrgangsstufe möglich sind. So werden die kräftig mit Wachsmalkreiden gezeichneten, etwa handtellergroß ausgeschnittene Figuren auf äußerst lebendigen Hintergründen Stück für Stück und zentimeterweise bewegt. Das Prinzip des Legetrickfilms, auch „Cut-out“ genannt, ist der Klasse stringent vom Papiertheater abzuleiten und ins Filmische zu übersetzen. (Wer sich noch immer etwas unsicher fühlt kann bei dieser Gelegenheit die Scherenschnittfilme Lotte Reinigers als Anschauungsmaterial nutzen!)
In einfachen Bewegungsachsen schiebt sich der kleine Radler samt Rad von links nach rechts, von rechts oben nach links unten – je nachdem ob der Hinterhof oder ein Wiese oder gar die stark befahrene Strasse zu überqueren sind.

Authentische Geräuschkulissen und die engagierte Sprecherstimme runden das Ergebnis ab und lassen keine Langeweile aufkommen. Für die jüngsten unter den Trickfilmen freilich eine gute Übung, die einzelnen Bildszenen auf die von der Sprecherstimme angegebenen Längen hin zu schneiden und damit den Einstieg in den Filmschnitt zu versuchen.

 

„Du Hirsch!“ (GK Kunst des Wirsberg-Gymnasiums Würzburg, 5 Min, 2003)

...und weitere Nettigkeiten sind Inhalt dieses Experimental-Clips: Alle Kollegiatinnen und Kollegiaten eines Jahrganges waren dazu aufgerufen worden, vor laufender Kamera eine individuelle gestische Bewegung zum Besten zu geben. Wer kennt das nicht: 12.Klässler, die in der 10 Stunde am Nachmittag auf die Bank sinken; Mädchen, die mal schnell eine Haarbürste zücken; Jungen, die beim Melden fast vom Stuhl fliegen ...

Mitglieder der Filmgruppe bearbeiteten das Material anschließend, indem die kurzen Einstellungen in flottem Rhythmus zusammengeschnitten wurden. Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen, Jump-Schnitt, rasche Wiederholungen, Überblendungen, Auslassungen, Zeitlupe, Zeitraffer und andere Schnitt-Capriolen lassen ein kurzweiliges Potpourri von Bewegung entstehen. Zu guter Letzt wird das experimential-filmisches „Gesamt-Portrait“ eines Kollegstufenjahrganges auf der Tonspur noch mit den extern aufgenommenen Sprüchen der Lehrer kommentiert, um nun die Abiturfeier eröffnen zu können!