Schutt
von Reinhard von Tümpling

 


Bild: Schutt_4_2010.jpg
: ein entsetzliches Bild..... abgelegt, weggeworfen. Eine Straßendecke, nicht fertig asphaltiert, mit herbstlichen Blättern und dann dazu diesem Gebilde.... ich bin jedes mal darum herum gefahren, bis ich endlich den Mut fasste, es näher anzusehen.

Ein Stofftier eines Möbelgrossisten aus der Wühlkiste, grau, traurig mit gesenktem Kopf; es lag nun feucht und regendurchweicht im Straßenstaub, niemand interessierte sich mehr dafür, fast wie eine tot gefahrende Taube, dieser Stoff-Esel. Das Waschetikett leuchtete hervor, es wäre bestimmt noch möglich ihn zu waschen; alleine, es lag lange genug provozierend im Straßenstaub und war schon längst als Schmusetier im Kinderzimmer entwürdigt- ich hätte dem Stoffgebilde nicht mehr den Sinn geben können, den es einmal hatte.

Wie mit diesem Zufallsfund umgehen? War ich unaufmerksam?


Bild: Kuscheltiere_Bühne_jpg
: als Bildgegensatz zitiert, dieses Zeitungsfoto, man macht ja als Zuschauer nichts anderes als herumzuhüpfen, mit brennenden Feuerzeugen zu leuchten, was nicht mehr geht, -also wirft man ganz empathisch und dekorativ Stoffschmusepuppen auf die Bühne. Es können durchaus aber auch Ankleidepuppen sein, Babypuppen, Padepuppen Handpuppen, oder auch Stoffpuppen, die irgendwann ihren Sinn verlieren und auch als Spielzeug nicht mehr taugen, aber ehemals eine Frage des Maßstabs und der Übersetzung des eigenen erlernten Gefühls waren, wenn die Disziplin des Elternhauses sich wandelt und die eigene Persönlichkeit reift.... und „ich“ sagt

Woanders werden sie in einer Päckchenaktion zu Weihnachten verschickt und erfüllen viel besser ihren Sinn und geben nämlich Kindern ein nachfühlbares Zeichen von aufmerksamer Zuwendung und Solidarität.

Gleichwohl.....

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Ich bin auf dieses Thema aufmerksam geworden, als ich mich mit der zeitweiligen Ablage beschäftigen musste, mit Sachen, die man als Vorrat beiseite legt und noch brauchen könnte. Da können schon recht viele Vorräte zusammen kommen! Sie werden im Laufe der Zeit sinnlos, wie wenn man einen Kleiderschrank durchsieht, weil darin etwas unmodisch wird oder man selbst nicht mehr zu dieser Kleidung passt. Oft sammeln sich diese Vorräte im Zusammenhang mit einem besonderen Umstand als Requisite an und hängen danach unbenutzt herum, werden aber zuletzt unbrauchbar. Ich nenne es hier an dieser Stelle „Abfall“ und mir ist nicht wohl dabei, denn das Wort hat noch mehrere Bedeutungen. Recycling, Wertstoffhof, Second-Hand-Shop, Ein-Euro-Laden drängen sich hier auf. Wer würde es nehmen und wieder in Ehren setzen? Hin und wieder kann es beim Verkauf von maßgeschneiderten Teilen aus dem Vorrat einer Theatergarderobe zu glücklichen Funden kommen. Es gibt auch Menschen, die einmal eine neue Bluse benutzen und sie dann als „getragen“ weg geben. Wer das Problem näher kennt, wird vielleicht schnell den Altkleidercontainer benutzen und ist sogar dankbar dafür, dass diese Art von Abfallsortierung eine sinnvolle Resteverwertung möglich macht. Lumpen, Hadern und Reißwolle sind aber begehrte Rohstoffe und werden wieder als Rohstoff in den Produktkreislauf eingeschleust.


Bild: Schutt_1_2010.jpg
: die öffentliche Ablagestelle, zerlegte und unbrauchbar gemachte Einrichtungsgegenstände, auf den Rasengrundstück. Später stellte man einen offenen orangefarbenen Container dorthin.

Bild: Schutt_2_2010.jpg
: einzeln abgelegte Bodenbelagteile aus Kunststoff, gerissen, gefaltet, eingerollt. Mir fiel das Motiv auf, denn alleine für sich gesehen, wäre es ein dekoratives und anschauliches Zeichenthema; bildnerisch sogar recht reizvoll, wie der hantierende Umgang mit Stoffballen in einem Textiliengeschäft alleine, die noch werthaltig sind...

 


Bild: Schutt_Papier.jpg
: ein reizvolles Übungsthema, ausgegraben bei der Durchsicht meiner Sammelmappen in der Ausbildung, das Ordnungsprinzip ist einfach zu erkennen und bildnerisch nachzugestalten; Generationen von Grafikern haben so etwas bestimmt als Karikatur des Bürowesens gekannt und es verliert sich mit dem Umgang mit dem Rechner, der sich nach Fall- und Ordnungsziffern orientiert. Was sollen wir erlernen? Wie man mit Abfällen umgeht, ohne zu quilten oder zu patchworken?

Das Ordnungsprinzip für eine übende Nacharbeit ist einfach genug anschaulich geklärt.


Bild: Schutt_3_2010.jpg
: der Altholzcontainer am Wertstoffhof, ein bildnerisches Ordnungsprinzip ist nicht oder fast nicht mehr erkennbar; deshalb kommt alles in den Zerhacker und wird thermisch verwertet und verbrannt. Eine Vorsortierung findet nicht mehr statt und aussortierte werthaltige Möbel finden sich eher bei Wohnungsauflösungen.
   

 

Man könnte das grafische Thema des Schrottplatzes für additives Zeichnen und Hell-Dunkel-Schraffuren nehmen, wenn man sich des Bedeutungswandels der Dinge bewusster wird und noch die Form der Dinge kennt.

 

Ohne Kenntnis der abgeholzten Berghänge eines bedeutenden Staudammes in China wäre der bildnerische Kontrast zwischen zersplitterten Baumwurzeln und Wandfotos von Menschen nicht möglich. Hier wären solche Bilder kaum zugänglich; aus dem Stauwehr einers Bergflusses heraus gezogene Wurzelstöcke von Bäumen sind eher gleich als Brennholz vorgesehen.

 


Bild: Schutt_Strukturen_Holz_See.jpg
: Holzbruch und Schwemmgut am See mit der Ladeschaufel des Schleppers zusammengetragen, ein reizvolles Bildmotiv....

 

Anders aber auch:

Udo Lindenberg besingt das Cello, das nun im Keller steht....


 


Bild: Schutt_6_2010.jpg
: der Schnee verkleidet gnädig das Chaos.

Bild: Schutt_7_2010.jpg
:
hier müsste man bildnerisch rückwärts denken, um unter den Grau-Werten der Ecken und Kanten ehemalige Wohnmöbel zu erkennen.... an sich eine reizvolle Idee.....Pünktchen ins Weiss des Schnees zu setzen

 


Bild: Schutt_8_2010.jpg
: der lustlos umgeworfene Einkaufwagen in der Nacht würde bestimmt später dem Ladenbetreiber zurück gegeben; Ich habe das Bild gemacht und aufgehoben, weil es für mich bildnerisch ein Neuland war, einen Wert- und Gebrauchsgegenstand einmal so zu sehen. Normal lässt niemand seinen Einkaufswagen wegen der wertlosen Kunststoffpfandmarke so zurück. Auch die Einkaufswagen gibt es bei Arman.....


Bild: Schutt_9_2010.jpg
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Bild: Schutt_10_2010.jpg
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Bild: Schutt_11_2010.jpg
: hier sind es Ziegelsteine aus einem Haus-Abbruch, die einfach nur beiseite geschüttet und geschoben sind und ich habe den Schwerpukt auf das Verhältnis von kleinerem Bagger und größeren näherem Steineberg gelegt. Beton kann recycelt und die Ziegelsteine können vom Mörtel befreit noch einmal neu vermauert werden

 


Bild: Schutt_12_2011.jpg
: Haushaltsabfall gemischt.... geschüttet...

Bild: Schutt_13_2011.jpg
: angezündete und angebrannte Müllbehälter; man muss sich die Kunststoffmülltonne als brennenden Herd vorstellen, aber mit gemischtem Inhalt... in Panik vor dem Feuer umgestoßen und mit dem Feuerlöscher gelöscht... zerschmolzener und zerlaufener Kunststoff, völlig widersinnig die verstreuten und gar fauligen Orangen- wenige Tage zuvor noch vielleicht mit Lust essbar.

 


Bild: Schutt_14.jpg
: ein voller Eisen-Mülleimer einfach umgedreht und der Inhalt auf dem Boden verstreut, Papiertaschentücher und Zigarettenkippen, der Cola-Becher zum Mitnehmen- all das liegt nun verstreut am Boden .... und muss neu zusammen gefegt werden.


 


Bild: Schutt_Eindrücke.jpg
: ebenfalls aus dem früheren Ausbildungsfundus stammend, eine Grafik mit lasierender Tusche zu sich überschneidenden Formen, ich zitiere diese Arbeit z.B. als Prototyp für:

 


Bild: Schutt_Holz_15.jpg
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Bild: Schutt_Holz_16.jpg
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Bild: Schutt_Holz_17.jpg
: Möbelplatten übereinander liegend. Aufgestapelt, geordnet abgelegt.- Es müssen als Bildthema für abstrahierendes einführendes Denken nicht unbedingt gläserne Flaschen verwendet werden, um grafische Hell-Dunkel-Kontraste zu beschulen; es können auch Platten sein, um die ungeliebte überschüssige Ordnungskultur z.B. nach einem Umzug zu zeigen; ein anderer engerer Wohnungsgrundriss macht schon spielend viele andere alte Einrichtungsgegenstände überflüssig.

Bild: Dachboden_5_2010.jpg
: Wer es drastischer mag: das Bild ursächlich wegen seiner tiefenräumlichen Licht- und Schattenwirkung fast im Sinne eines Reliefs zu sehen und zu verwenden, dessen spätere Umgestaltung oft ein dekoratives Rätsel sein kann.

 

 


Bild: Schutt_17.jpg
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Bild: Schutt_18.jpg
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die beachtete aufdringliche Werbebeilage in dem Anzeigenblatt, das Problem des Maßstabs in einer flächigen Ebene; der Preis groß geschrieben als Suchraster bei gleichbleibender Hindeutung auf das Produkt; an sich sehr schöne Einzelproduktfotos werden durch die Gruppierung als Briefkastenwurfwerbung und deren schnelle Betrachtung entwertet....

 


Bild: 2012_2.jpg
: Feuerwerk anzünden und Party feiern; wer böse will, kann das Bild auch ummünzen als Gleichnis für zerstörenden Straßenkampf; ich zitiere die Sylvesterwerbung als Beispiel für ein etwas schrilles Layout und das Bengalische Feuer im Schattengegenlicht.


 


Bild: Kersting_Mann_an_Sekretär.jpg
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Ich nehme dieses Bild als willkommenes Einrichtungsstück, weil wegen der kompakten und konzentrierten Form den Biedermeiersekratär jeder als schön empfinden kann, wo einmal ein Tisch dienen musste. Solche Werte bleiben als Einrichtungsgegenstände erhalten, denn sie sind nicht nur funktionell in einer stilvollen Wohnung kaum zu ersetzen, sondern werden auch liebevoll und fachgerecht restauriert und teuer weiter verkauft.

Kersting hat dies Bild 1811 gemalt.

  • http://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Juel_(Maler)
    war Lehrer von C.D.Friedrich und Philipp Otto Runge, Friedrich war mit Kersting befreundet. Der Biedermeier und die Romantik entstanden zwischen 1815 und 1838 als Gegenbewegung auf den Russland-Feldzug Napoleons.

 

Lesens- und hörenswert wegen der Stresstheorie (nicht nur!):

Zit.: „Arno Geigers Vater leidet an Alzheimer. Die Krankheit raubt dem Vater die Erinnerung und die Möglichkeit, sich im jetzigen Leben zurechtzufinden. Arno Geiger erzählt in seinem tief berührenden Buch, wie der geliebte Vater selbst in Krankheit und Alter noch Witz, Charme, Würde und Selbstbewusstsein versprüht.“

Ich zitiere das Buch als Gegensatz, um den Bedeutungswandel des statischen Wertes zu zeigen, indem z.B. durch anscheinenden Stillstand und Auflösung von festen funktionellen Zusammenhängen erlernter Bezüge ein Pflegefall wird, es ist in seiner sozialen und psychischen Kompetenz für Betroffene bedrückend zu lesen und abzugrenzen; und es zeigt die poetische Sprache und ihren Sinn-Zerfall neu als Brückenbauer für sinnerfassenden Ausdruck.


Diesen Transformationsprozess zwischen verschiedenen Bedeutungsebenen in der bildnerischen Umgestaltung habe ich hier versucht, anschaulich zu schildern. Kunstwerke und einzeln zu stellende Artefakte entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern können Endpunkte der Verarbeitung ganz konkreter gegenständlicher Ereignisse sein und fesseln wegen der mehrfachen Bedeutung.

Reinhard von Tümpling, im Januar 2012