Marionette
von Reinhard von Tümpling
Diese Datei ist eine inhaltliche und stoffliche Fortsetzung der Dateien:
und insbesondere
Ich habe diese Arbeit im Schuljahr 2006-2007 in einer Regelklasse der HS 6 By angefertigt. Für die vorliegenden Schülerarbeiten liegen die Erlaubniszettel der Erziehungsberechtigten real vor. Aus methodisch-alternativen Gründen füge ich auch Bilder einer anderen Klasse ein.
|
||||||||||
Zum Speichern von Bildern und Schablonen:
|
||||||||||
Laufende Arbeit:
Die Schüler können sich oft gegenseitig beim Auffädeln helfen und brauchen sich dazu auch untereinander. Ich habe mich aber auch gelegentlich helfend bemüht, die Fäden richtig ziehen zu lassen. Sinnvoll war auch, reißfesten Polyester-Zwirn vom Stern zu nehmen. Man beginnt mit dem Knüpfen der beiden Kopffäden, sodass die Figur bei angewinkeltem Unterarm des Spielers gerade stehen kann. Danach kommen die beiden Fäden für die Hände und zuletzt die Fäden für die Füße. Wichtig ist, dass die Gliedmaßen bei gerade gehaltenem Spielholz etwas angewinkelt geknotet wurden, um die Figur gut spielbar zu machen. Die Schüler waren hin und wieder recht unbekümmert und kreativ, wenn es um das Aufbewahren der Figuren ging. Gelegentlich hatten sich die Fäden verheddert und zuletzt bei der Bewertung machte ich eine Markierung auf der Hals-Unterseite. Eine kleine Wäschespinne, die auf die Tische gestellten Hocker, ein einfacher Besenstiel zwischen zwei Stühlen, ein Kartenständer und ein Regal..... Es scheint mir als sinnvoll, künftig zum Aufbewahren an der Hakengröße des Kopfösenhakens und am Spielkreuz andernteils nicht zu sparen Mit besonderer Aufmerksamkeit füge ich hier einen Beitrag aus der „Süddeutschen“ vom 5./ 6. Mai 2007 an, den ich als zeitüberdauernden Leckerbissen herausgeschrieben habe. Der Urmel-Schnitzer Wie Jürgen Marschall mit Messer, Lindenholz und Schuhmachernägeln die Marionetten der Augsburger Puppenkiste zum Leben erweckt Von Mike Szymanski Augsburg Vielleicht fühlt sich Jürgen Marschall in diesem Moment an seine Anfänge erinnert. Gerade hat er seinem Besucher das Schnitzmesser in die Hand gedrückt und den Holzhammer. Mit dem Bleistift Linien auf das Lindenholz gemalt, wo einmal Mund, Nase und Augen sein sollen. Jetzt nimmt Marschall dem Gast das Messer wieder weg, dreht es und reicht es zurück. Er lacht verständnisvoll und schaut nun zu, wie sein Gegenüber bei den Schlägen anfängt zu schnauben. So wie Marschall vorhin. Es braucht viel Kraft, um aus diesem Balken einen Kopf herauszuschlagen. Nein, da macht Marschall es lieber selbst. Es ist kurz nach neun an diesem Morgen, als in einer Kellerwerkstatt im Augsburger Stadtzentrum Leben auf diese Welt kommen soll. „Bens Mutter“ steht auf einer Zeichnung, die vorgibt, wie dieses Stück Holz einmal aussehen soll, wenn daraus einmal eine Marionette für die Augsburger Puppenkiste geworden ist. Marschall packt fest zu, kurze kräftige Schläge und das Schnitzmesser gräbt sich tief ins Holz. So arbeitet er sich vor, mühsam, Schritt für Schritt, vom Groben zum Feinen. Aber jetzt steckt er sich erstmal eine Zigarette an, wie er es immer macht, wenn er meint, ein großes Stück vorangekommen zu sein. Jürgen Marschall ist 48 Jahre alt. Er trägt einen Ohrring und unter dem T-Shirt-Ärmel ragt eine Tätowierung hervor. Er selbst, als einer der schließlich etwas von Gesichtern versteht, würde seines wohl als markant bezeichnen: freundlich, insgesamt ein wenig grob, wegen der kurzen Haare und dem Kinnbart. Irgendwie hatte man sich den Mann, der Puppen wie das Urmel schnitzt, onkelhafter vorgestellt.Aber das liegt wohl auch daran, dass vor ihm seine Mutter, Hannelore Marschall-Oehmichen, jahrzehntelang die Puppen geschnitzt hat und mit dieser Aufgabe alt geworden war. Als sie 2003 mit 72 Jahren starb, hieß es in den Zeitungen: „Jim Knopf trauert“. Seither schnitzt ihr Sohn Jürgen die Holzköpfe. Es ist noch die Werkbank der Mutter, an der Jürgen Marschall arbeitet. Die zweite, die sie sich damals geleistet hatte, groß genug, dass zwei Leute an ihr schnitzen können. Als Marschall 1991 im Familientheater einstieg, brachte sie ihm hier bei, wie man Puppen zum Leben erweckt. Eine Kunst, die seine Mutter sich von ihrem elften Lebensjahr an erarbeitet hat. Ihrem Sohn hinterließ sie 50 Schnitzmesser, Talent und das Wissen um all die kleinen Kniffe, die diese Geschöpfe seit Gründung der Puppenkiste 1948 so unverwechselbar machen. Handwerklich braucht es viel Übung, das Messer mit dem richtigen Druck zu führen: „Was weg ist, ist weg“ sagt Marschall. Das Holz verzeiht keine Fehler. Aber es ist noch etwas anderes, das Bild im Kopf am Holzstück umzusetzen. „Meine Mutter hatte mir 40 Jahre Erfahrung voraus“ , sagt Marschall. Wenn er früher nicht weiterwusste, kam sie zu ihm rüber, schaute ihm über die Schulter und sagte, hier und dort müsse er noch etwas vom Holz wegnehmen, damit die Proportionen stimmen. Heute legt er diePuppe manchmal für Tage zur Seite, wenn ihm die Arbeit nicht von der Hand geht. „In solchen Momenten fehlt mir ihr Rat.“ Er tue sich schwerer mit dem Schnitzen, das gibt er zu. Er arbeitet auch anders, hört immerzu Musik nebenbei, ist nicht so der disziplinierte Arbeiter an der Werkbank, wie sene Mutter es war, die 6000 Marionetten das Leben schenkte und selbst abends vor dem Fernseher ihre Puppen noch einkleidete. „Ich habe meinen egenen Stil bei der Arbeit“, sagt er. Ein wenig detailverliebter als seine Mutter sei er, etwa wenbn es um die Nasen geht. Ansonsten beherzigt er viele iher Tipps, schlägt immer noch Schuhmachernägel als Augen ein, weil sich darin das Scheinwerferlicht der Bühne so schön spiegelt. Das ist auch der Augenblick, in dem die Puppen für ihn erwachen. „Sie bekommen dann einen Blick und schauen einen an“, sagt Marschall. In diesem Moment klingt in seiner Stimme die selbe Begeisterung an, die auch seine Mutter für diese Arbeit mitbrachte. Das war nicht immer so. Anders als sein Bruder Klaus, der das Theater heute in dritter Generation leitet, wollte Jürgen Marschall erstmal nichts mit der Puppenkiste zu tun haben. Sie war ihm in der Kindheit eher lästig geworden. „Damals hatten wir ja kaum unsere Eltern gesehen“, sagt er. Die Kinder mussten sich die Eltern mit Jim Knopf, Lukas und Urmel teilen. Jürgen Marschall arbeitete später als Türsteher legte Platten auf und eröffnete in Augsburg eine Kneipe. Erst als Mitarbeiter des Puppenkiste ihn später baten, doch ins Theater einzusteigen, kehrte er zurück. Er schrieb eine offizielle Bewerbung- so weit hatte er sich innerlich von ihr entfernt. Seine Mutter war froh, ihm ihr Wissen weitergeben zu können. Als er nach ihrem Tod aber ein neues Urmel schnitzen sollte, mit dem die Kiste auf Tournee gehen wollte, spürte er, wie schwierig es sein würde, in ihre Fußstapfen zu treten. Wochenlang drückte er sich davor, mit dem Urmel anzufangen. Heute hängt das Fantasiewesen mit anderen Puppen in dieser Werkstatt. Daneben stehen Kisten, auf denen „Augen“ und „Pelze“ geschrieben steht. Manchmal trifft man Marschall in Cafés. Dort sotzt er dann und studiert Gesichter. Versucht aus ihnen heraus zu lernen, warum sie manchmal lieblich und manchmal grimmig ausschauen und wie er diese Minik seinen Puppen mit auf den Weg geben kann. Schönheit zu schaffen, fällt ihm schwer. „Da muss jede Linie sitzen.“ Lieber schnitzt er Weihnachtsmännern Tränensäcke oder gleich Tiere. Nach Vorlagen arbeitet er nur, wenn Regisseure ihre eigenen Vorstellungen mitbringen. So wie bei dem Holzkopf, den er gerade bearbeitet. Die Puppe wird eine Nebenrolle im Wintermärchen spielen. Es dauert seine Zeit, bis das Holzstück Ähnlichkeit mit der Zeichnung annimmt. Je feiner die Messer werden, die Marschall in die Hand nimmt, desto runder werden auch die Gesichtszüge von „Ben's Mutter". Bald wird Marschall ihr Augen geben und sie erwachen lassen.
weitere Links:
Mit besonderer seitlicher Aufmerksamkeit füge ich hier einen Link ein, -auch zum Stellenwert der Marionette im Hinblick auf das ganze Theater.
Lehrplaneinbindung: Lz 6.7 DARSTELLENDES SPIEL (By, HS R6); 6.7 Bauen, Gestalten, Spielen: Szenen und Episoden Das Herstellen figürlicher Spielträger nach eigenen Vorstellungen motiviert die Schüler besonders stark, eigene Einfälle für ein Figurenspiel zu entwickeln und in einer Aufführung zu realisieren. Zu einem Rahmenthema (z. B. "Zirkus", "Modenschau", "Talentschuppen") sollen die Schüler originelle Figuren gestalten, deren Ausdrucksmöglichkeiten erkunden und in improvisierten Spielszenen einfallsreich erproben. Zu überlegten kurzen Episoden weitergeführt, kann daraus ein kleines Stück entstehen, an dem alle mitwirken und das auch eingeladene Zuschauer erfreut. überleitend auch zu: Gestalten: Spiel mit selbst gefertigten Figuren, z. B. Finger-, Handschuh-, Handpuppen, Stab- und Fadenfiguren, Schattenfiguren, Flachfiguren; Papiertheater (Spiel im Schuhkarton) WTG 6.1 Betrachten: Spielversuche der Mitschüler, verschiedene Arten figürlicher Spielträger; Bühnentypen des Figurentheaters ggf. auch Formen des asiatischen Schattenspiels, ihre Herkunft und Verwendung DARSTELLENDES SPIEL; 7.7 Rollen erleben und darstellen: Wer bin ich - wer könnt´ ich sein? In ihren Darstellungsversuchen sollen die Schüler fähig werden, mit Spielfreude einfallsreich in fremde Rollen zu schlüpfen und im Zusammenspiel sensibel auf die Spielpartner zu reagieren. Für das Entwickeln und Darstellen kurzer Spielszenen stehen zur Wahl: Das personale Spiel; in einfacher Verkleidung und den Ausdrucksmitteln Mimik, Gestik, Haltung, Bewegung und Sprache; Das Maskenspiel mit selbst gestalteten Masken und den Ausdrucksmitteln Geste, Gebärde und rhythmischer Körperbewegung zur Musik, die den Verlust mimischer Ausdrucksmöglichkeiten am besten kompensieren kann. (Lehrplanentwurf G8 By, Entwurf 2007) Ku 5.3 Architektur und Design: häusliches und schulisches Umfeld Die Kinder erkunden ihr unmittelbares Lebensumfeld und entwickeln eigene Vorstellungen für phantasievolle Gestaltungen. Wahrnehmen Beobachtung und Beschreibung des Einflusses von elementaren Formen der Architektur auf das menschliche Verhalten; Sammeln und Vergegenwärtigen von emotional besetzten oder magisch aufgeladenen Dingen auf das menschliche Verhalten, z. B.: Erinnerungsobjekte; Objekte in der Kunst des 20. Jahrhunderts (z. B. Joseph Beuys, Nikolaus Lang), der Urzeit oder außereuropäischer Völker (z. B. Magie und Zauberei in afrikanischer und ozeanischer Plastik); sakrale Objekte (Besuch von Völkerkundemuseen, prähistorischen oder volkskundlichen Sammlungen, Gotteshäusern) [→ K 5.5, Ev 5.2] Gestalten; Raumerprobung und Raumwahrnehmung im spielerischen Handeln, Bauen und Formen; Herstellen von Objekten (z. B. Erinnerungsobjekte, Spielobjekte, Puppen, Masken) und räumlichen Modellen Nachbemerkungen: Diese Arbeit entstand unter anderen äußeren und kompakteren Bedingungen, als ich sie selbst erlernt hatte. Der überformende Organisationsrahmen von Raum, Bewertung und Stundentafel erschien mir als wichtig und ich hatte alles zu beachten. Der Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf dem Marionettenbau in Schülerhand, weniger auf dem eher beiläufig nachfolgenden Spiel. Die Marionette bleibt zuhause sicher noch eine Zeitlang in einem gewissen Rahmen gewürdigt und erhalten, hingegen das Spiel nicht. Wäre das Spiel und das Spielenkönnen der Schwerpunkt gewesen, hätte der Unterricht anders aufgebaut sein müssen und bekäme dann thematisch andere Ausformungen, Wegleitungen und Weiterentwicklungen. Insgesamt hat uns diese Arbeit sehr viel Freude bereitet.
|
||||||||||
Reinhard von Tümpling, im Juni 2007 |