Gänsemagd - Falada

von Reinhard von Tümpling

Ich habe diese Arbeit ausschließlich für meine Fachkollegin Anja Wuttke und ihre Schüler im Frühjahr 2003 anlässlich ihres Schulfestes angefertigt. Die Arbeit war ein Unikat in einer 23er Auflage und ich selbst werde sie nie wieder durcharbeiten.

Sie lässt sich wegen der inneren Struktur nicht wiederholen und es war ein Lebensvorgang, wenngleich auch andere Kollegen diese Arbeit ein anderes Mal neu auflegen und gestalten könnten; - es sei dann ihre Sache.

Im Lehrplan der bayerischen Hauptschule lässt sich das Thema zuordnen unter Lz 5.1.

Als zentrales und durchgängiges Bild- und Leitmotiv hütet die Gänsemagd einige Gänse. Die Bildgegenstände können ganz einfach benannt und die Situation einfach zugeordnet und gedeutet werden.

 

 

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Die konstruierten Vorlagen:

 


gaense.gif
sind nur 5 Gänse; aus fertigungstechnischen Gründen passen nur 5 verschiedene Gänseformen aufs Blatt, auszusägen mit der Dekupiersäge.


gaense2.gif
zeigt die Gänsemagd. Ich habe sie als Flachmodell vorgesehen, damit wegen der technisch notwendigen Stilisierung gar nicht erst größere 3D-Ansprüche in der Auffassung auftauchen.


Das Ergebnis des Unterricht mal anders:

(nämlich im Rahmen eines Schulfestes)

anjagae1.jpg:
zwei Buben; "ja, hier, Frau Wuttke, wir sind's!"


anjagae2.jpg:
schwierige Sache, das passgenaue Aufdoppeln der Teile


anjagae3.jpg:
Jawoll, fertig, hurra! Ah! Welch ein schönes Kleid die Gänsemagd bekommen hat!

Die literarische Vorlage:

Die Gänsemagd
der Brüder Grimm

Es lebte einmal eine alte Königin, der war ihr Gemahl schon lange Jahre gestorben, und sie hatte eine schöne Tochter. Wie die erwuchs, wurde sie weit über Feld an einen Königssohn versprochen. Als nun die Zeit kam, wo sie vermählt werden sollten und das Kind in das fremde Reich abreisen mußte, packte ihr die Alte gar viel köstliches Gerät und Geschmeide ein, Gold und Silber, Becher und Kleinode, kurz alles, was nur zu einem königlichen Brautschatz gehörte, denn sie hatte ihr Kind von Herzen lieb.

Auch gab sie ihr eine Kammerjungfer bei, welche mitreiten und die Braut in die Hände des Bräutigams überliefern sollte, und jede bekam ein Pferd zur Reise, aber das Pferd der Königstochter hieß Falada und konnte sprechen. Wie nun die Abschiedsstunde da war, begab sich die alte Mutter in ihre Schlafkammer, nahm ein Messerlein und schnitt damit in ihre Finger, daß sie bluteten: darauf hielt sie ein weißes Läppchen unter und ließ drei Tropfen Blut hinein fallen, gab sie der Tochter und sprach "liebes Kind, verwahre sie wohl, sie werden dir unterwegs not tun."

Also nahmen beide voneinander betrübten Abschied: das Läppchen steckte die Königstochter in ihren Busen vor sich, setzte sich aufs Pferd und zog nun fort zu ihrem Bräutigam.

Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst und sprach zu ihrer Kammerjungfer "steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du für mich mitgenommen hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken."

"Wenn Ihr Durst habt," sprach die Kammerjungfer, "so steigt selber ab, legt Euch ans Wasser und trinkt, ich mag Eure Magd nicht sein."

Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wasser im Bach und trank, und durfte nicht aus dem goldenen Becher trinken. Da sprach sie "ach Gott!" da antworteten die drei Blutstropfen

"Wenn das deine Mutter wüßte,
Das Herz im Leibe tät ihr zerspringen."

Aber die Königsbraut war demütig, sagte nichts und stieg wieder zu Pferde. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem. Da sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer "steig ab und gib mir aus meinem Goldbecher zu trinken," denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen.

Die Kammerjungfer sprach aber noch hochmütiger "wollt Ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht Eure Magd sein." Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach "ach Gott!" und die Blutstropfen antworteten wiederum

"Wenn das deine Mutter wüßte,
Das Herz im Leibe tät ihr zerspringen."

Und wie sie so trank und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen und floß mit dem Wasser fort, ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen und freute sich, daß sie Gewalt über die Braut bekäme: denn damit, daß diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden.

Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerfrau "auf Falada gehör ich, und auf meinen Gaul gehörst du;" und das mußte sie sich gefallen lassen. Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten, die königlichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich mußte sie sich unter freiem Himmel verschwören, daß sie am königlichen Hof keinem Menschen etwas davon sprechen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt hätte, wäre sie auf der Stelle umgebracht worden. Aber Falada sah das alles an und nahms wohl in acht.

Die Kammerfrau stieg nun auf Falada und die wahre Braut auf das schlechte Roß, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem königlichen Schloß eintrafen. Da war große Freude über ihre Ankunft, und der Königssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde und meinte, sie wäre seine Gemahlin: sie ward die Treppe hinaufgeführt, die wahre Königstochter aber mußte unten stehen bleiben. Da schaute der alte König am Fenster und sah sie im Hof halten und sah, wie sie fein war, zart und gar schön: ging alsbald hin ins königliche Gemach und fragte die Braut nach der, die sie bei sich hätte und da unten im Hofe stände, und wer sie wäre. "Die hab ich mir unterwegs mitgenommen zur Gesellschaft; gebe der Magd was zu arbeiten, daß sie nicht müßig stehe." Aber der alte König hatte keine Arbeit für sie und wußte nichts, als daß er sagte "da hab ich so einen kleinen Jungen, der hütet die Gänse, dem mag sie helfen." Der Junge hieß Kürdchen (Konrädchen), dem mußte die wahre Braut helfen Gänse hüten.

Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen König "liebster Gemahl, ich bitte Euch, tut mir einen Gefallen."

Er antwortete "das will ich gerne tun."

"Nun so laßt den Schinder rufen und da dem Pferde, worauf ich hergeritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterwegs geärgert hat." Eigentlich aber fürchtete sie, daß das Pferd sprechen möchte, wie sie mit der Königstochter umgegangen war.

Nun war das so weit geraten, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Königstochter zu Ohr, und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stück Geld, das sie ihm bezahlen wollet, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. In der Stadt war ein großes finsteres Tor, wo sie abends und morgens mit den Gänsen durch mußte, "unter das finstere Tor möchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch mehr als einmal sehen könnte." Also versprach das der Schindersknecht zu tun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Tor fest.

Des Morgens früh, da sie und Kürdchen unterm Tor hinaustrieben, sprach sie im Vorbeigehen:

"O du Falada, da du hangest,"

da antwortete der Kopf

"O du Jungfer Königin, da du gangest,
Wenn das deine Mutter wüßte
ihr Herz tät ihr zerspringen."

Da zog sie still weiter zur Stadt hinaus, und sie trieben die Gänse aufs Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß sie nieder und machte ihre Haare auf, die waren eitel Gold, und Kürdchen sah sie und freute sich, wie sie und wollte ihr ein paar ausraufen. Da sprach sie

"Weh, weh, Windchen,
Nimm Kürdchen sein Hütchen,
Und laß'n sich mit jagen,
Bis ich mich geflochten und geschnatzt,
Und wieder aufgesatzt."

Und da kam ein so starker Wind, daß er dem Kürdchen sein Hütchen wegwehte über alle Land, und es mußte ihm nachlaufen. Bis es wiederkam, war sie mit dem Kämmen und Aufsetzen fertig, und er konnte keine Haare kriegen. Da war Kürdchen bös und sprach nicht mit ihr; und so hüteten sie die Gänse, bis daß es Abend ward, dann gingen sie nach Haus.

Den andern Morgen, wie sie unter dem finstern Tor hinaustrieben, sprach die Jungfrau:

"O du Falada, da du hangest,"

Falada antwortete

"O du Jungfer Königin, da du gangest,
Wenn das deine Mutter wüßte
ihr Herz tät ihr zerspringen."

Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fing an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell

"Weh, weh, Windchen,
Nimm Kürdchen sein Hütchen,
Und laß'n sich mit jagen,
Bis ich mich geflochten und geschnatzt,
Und wieder aufgesatzt."

Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte; und als es wiederkam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse, bis es Abend ward.

Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, ging Kürdchen vor den alten König und sagte "mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten."

"Warum denn?" fragte der alte König.

"Ei, das ärgert mich den ganzen Tag."

Da befahl ihm der alte König zu erzählen, wies ihm denn mit ihr ginge.

Da sagte Kürdchen "morgens, wenn wir unter dem finsteren Tor mit der Herde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie

'O du Falada, da du hangest,'

da antwortet der Kopf

'O du Jungfer Königin, da du gangest,
Wenn das deine Mutter wüßte
ihr Herz tät ihr zerspringen.'"

Und so erzählte Kürdchen weiter, was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte.

Der alte König befahl ihm, den nächsten Tag wieder hinauszutreiben, und er selbst, wie es Morgen war, setzte sich hinter das finstere Tor und hörte da, wie sie mit dem Haupt des Falada sprach: und dann ging er ihr auch nach in das Feld und barg sich in einem Busch auf der Wiese. Da sah er nun bald mit seinen eigenen Augen, wie die Gänsemagd und der Gänsejunge die Herde getrieben brachte, und wie nach einer Weile sie sich setzte und ihre Haare losflocht, die strahlten von Glanz. Gleich sprach sie wieder

"Weh, weh, Windchen,
Nimm Kürdchen sein Hütchen,
Und laß'n sich mit jagen,
Bis ich mich geflochten und geschnatzt,
Und wieder aufgesatzt."

Da kam ein Windstoß und fuhr mit Kürdchens Hut weg, daß es weit zu laufen hatte, und die Magd kämmte und flocht ihre Locken still fort, welches der alte König alles beobachtete. Darauf ging er unbemerkt zurück, und als abends die Gänsemagd heim kam, rief er sie beiseite und fragte, warum sie dem allem so täte.

"Das darf ich Euch nicht sagen, und darf auch keinem Menschen mein Leid klagen, denn so hab ich mich unter freiem Himmel verschworen, weil ich sonst um mein Leben gekommen wäre."

Er drang in sie und ließ ihr keinen Frieden, aber er konnte nichts aus ihr herausbringen. Da sprach er "wenn du mirs nicht sagen willst, so klag dem Eisenofen da dein Leid," und ging fort.

Da kroch sie in den Eisenofen, fing an zu jammern und zu weinen, schüttete ihr Herz aus und sprach "da sitze ich nun von aller Welt verlassen, und bin doch eine Königstochter, und eine falsche Kammerjungfer hat mich mit Gewalt dahingebracht, daß ich meine königlichen Kleider habe ablegen müssen, und hat meinen Platz bei meinem Bräutigam eingenommen, und ich muß als Gänsemagd gemeine Dienste tun. Wenn das meine Mutter wüßte, das Herz im Leib tät ihr zerspringen."

Der alte König stand aber außen an der Ofenröhre, lauerte ihr zu und hörte, was sie sprach. Da kam er wieder herein und hieß sie aus dem Ofen gehen. Da wurden ihr königliche Kleider angetan, und es schien ein Wunder, wie sie so schön war. Der alte König rief seinen Sohn und offenbarte ihm, daß er die falsche Braut hätte: die wäre bloß ein Kammermädchen, die wahre aber stände hier, als die gewesene Gänsemagd. Der junge König war herzensfroh, als er ihre Schönheit und Tugend erblickte, und ein großes Mahl wurde angestellt, zu dem alle Leute und guten Freunde gebeten wurden.

Obenan saß der Bräutigam, die Königstochter zur einen Seite und die Kammerjungfer zur andern, aber die Kammerjungfer war verblendet und erkannte jene nicht mehr in dem glänzenden Schmuck. Als sie nun gegessen und getrunken hatten und gutes Muts waren, gab der alte König der Kammerfrau ein Rätsel auf, was eine solche wert wäre, die den Herrn so und so betrogen hätte, erzählte damit den ganzen Verlauf und fragte "welches Urteils ist diese würdig?"

Da sprach die falsche Braut "die ist nichts Besseres wert, als daß sie splitternackt ausgezogen und in ein Faß gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln beschlagen ist: und zwei weiße Pferde müssen vorgespannt werden, die sie Gasse auf, Gasse ab zu Tode schleifen."

"Das bist du," sprach der alte König, "und hast dein eigen Urteil gefunden, und danach soll dir widerfahren." Und als das Urteil vollzogen war, vermählte sich der junge König mit seiner rechten Gemahlin, und beide beherrschten ihr Reich in Frieden und Seligkeit.

http://www.fln.vcu.edu/grimm/gans_pics.html
die Gänsemagd, gut illustriert s/w und Farbe

http://www.fln.vcu.edu/menu.html
weitere Märchen

http://www.maerchenlexikon.de/sagen/inhalt.htm

http://gutenberg.spiegel.de/grimm/sagen/g414.htm
sehr gut verlinkt

http://www.litlinks.it/g/grimmjw.htm
auf deutsch, die Sammlung enthält auch die Märchen aus dem Nachlass der Gebrüder Grimm, die nicht unbedingt einfach zu lesen sind.


Lehrplan-Zitat:

Beim Betrachten stehen Bilder im Vordergrund, die zum Erzählen und Entdecken anregen KR 5.3.2, 5.5.2, EvR 5.7, Eth 5.2.1, 5.6.1, D 5.1.1, 5.2. An eigenen und an Werken der Bildenden Kunst verschiedener Gattungen sollen die Schüler ihr Einfühlungsvermögen und ihre Beobachtungsgabe schärfen, mit Neugier und Phantasie Einzelheiten aufspüren, Beziehungen erkunden und Wirkungen beschreiben.
Als Bildgattung mit stark erzählerischem Inhalt lässt sich Brueghels Werk als Bildbetrachtung zuordnen (z.B. "Heimkehr der Jäger im Schnee" oder "Kinderspiele".

5.1 In Bildern erzählen: Aus Phantasie und Wirklichkeit

In gelöster Unterrichtsatmosphäre sollen die Schüler in eigenen Bildgestaltungen Erlebtes, Erfundenes und Erwünschtes schildern, dabei eigene Erfahrungen und Vorstellungen anschaulich machen und ihre Einbildungskraft und Mitteilungsfreude entfalten. Sie sollen ihre Fertigkeiten in den bildnerischen Grundtechniken festigen, erweitern und fähig werden, ihre Aussagen prägnant zu formulieren.
Gemeinschaftsarbeiten (Bilderfolge, Wandfries) stärken Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft.

Gestalten:
Eigene Beobachtungen, Erlebnisse, Wünsche; spielerischer Umgang mit Farben, Formen,

Linien und Strukturen
einfache Umriss- und Binnenzeichnung
deckendes und lasierendes Malen
plastisches Formen kleiner Figuren WTG 5.4

Betrachten:
Gemälde oder Grafik, Rundplastik oder Relief


Lehrplan des bay. Gymnasiums, Entwurf von 2002:

1 Bildnerische Praxis
5.1.1 Erzählen und Sichtbarmachen: Aus Phantasie und Wirklichkeit (ca. 15. Std.)

Im Mittelpunkt stehen individuelle Bildgestaltungen, in denen die Schüler aus ihrer Erlebniswelt erzählen. Zu Selbstvertrauen ermutigt, sollen sie eigene Erfahrungen und Vorstellungen auf möglichst vielfältige Weise anschaulich machen und ihre Fähigkeiten erweitern, grundlegende Gestaltungsmittel wirksam einzusetzen. In Darstellungen, die noch nicht vom Streben nach systematischer Abbildhaftigkeit eingeengt sind, können die Schüler, bei freier Entfaltung ihrer Phantasie (> MB), die ganze Breite der Möglichkeiten einer kindlichen Bildsprache zeigen.

Gestalten
Darstellung von Objekten, Figuren, Situationen, Vorgängen
Ausgangspunkte: Alltagserfahrungen, Beobachtungen, Erlebnisse: Gefahr auf dem Schulweg
Märchen, Fabel, Sage; Wunschträume, Phantasien, Abenteuer


Die Inhalte des Lehrplans lesen sich etwas hölzern und stumpf. Sie zeigen den sehr stark gestückelten Übergang von Inhalten und Wesen der Grundschule zur Hauptschule und Gymnasium und die Brüchigkeit der Sach- und Inhaltsarbeit. Man merkt noch sehr deutlich, dass sich die Lehrplangestalter mit der inneren Struktur des Adressaten recht schwer taten.


Nur zur Erinnerung: ein Auszug aus >wissen.de<

Märchen
[mhd.mittelhochdeutsch mære, "Kunde, Erzählung"] eine kurze, mündlich oder schriftlich verbreitete Prosaerzählung, die von fantastischen Zuständen und Vorgängen berichtet. In einer zeitlich und räumlich nicht festgelegten Sphäre greifen übernatürliche Mächte in die Alltagswelt ein: Tiere oder Pflanzen nehmen menschenähnliche Gestalt an und können reden; Menschen werden zu Tieren oder Pflanzen verwandelt; Zauberer, Hexen, Riesen, Zwerge, Drachen und Feen beschützen oder gefährden den Menschen. Die einem Märchen zugrunde liegende Weltordnung ist immer einfach: Der Gute wird letztlich belohnt, der Böse bestraft. Die Gestalten des Märchens sind meist feste Typen: z. B. ein König, ein Fischer, ein armes Mädchen u. Ä.

Märchenhafte Motive und Erzählformen finden sich zu allen Zeiten und in allen Regionen der Welt. Vorformen existieren etwa im Gilgamesch-Epos, in der indischen Fabelsammlung Pañcatantra (vor 500 n. Chr.) oder in der christlich-mittelalterlichen Gesta Romanorum. Die ersten Märchensammlungen stammen aus Italien (u. a. G. Basiles "Pentameron" 1634-1636); zum Ende des 17. Jahrhunderts brachten besonders französische Autoren wie C. Perrault oder Madame d'Aulnoy Märchenstoffe in eine verbindliche Form. Übertragungen ins Deutsche durch C. M. Wieland und J. K. A. Musäus machten die Erzählform im 18. Jahrhundert auch in Deutschland populär. Zum Gattungsbegriff wurde das Märchen jedoch erst mit der Sammlung der "Kinder- und Hausmärchen" (1812/1814) der Brüder J. Grimm und W. Grimm.

Märchen waren ursprünglich für Erwachsene gedacht, erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden sie wegen ihrer vermeintlichen Irrationalität der Kinderliteratur zugeordnet. Die Bezeichnung Volksmärchen spiegelt die in der Romantik geprägte Annahme wider, es handele sich hierbei um "im einfachen Volk" entstandene und nur mündlich weitergegebene Texte. Die heutige Forschung hat jedoch erwiesen, dass fast immer eine schriftliche Vermittlung zugrunde liegt und definiert damit nun Märchen, deren Autor sowie Entstehungszeit und -ort unbekannt sind. Das Kunstmärchen als wichtige Gattung der Romantik übernimmt Motive und Erzähltechniken des Volksmärchens, ist jedoch das Werk eines bestimmten Dichters.
Die bekanntesten Kunstmärchen schrieben L. Tieck, Goethe, C. Brentano, E. T. A. Hoffmann, W. Hauff, E. Mörike, T. Storm und H. C. Andersen. Im Kunstmärchen ist hinter der vom Volksmärchen übernommenen Naivität eine nur symbolisch angedeutete Welt- oder Kunstanschauung verborgen, die den einzelnen Figuren und Begebenheiten eine tiefere Bedeutung verleiht und die diese Gattung daher auch für das erwachsene Lesepublikum unserer Zeit attraktiv macht (A. de Saint-Exupéry).


Nachbemerkungen:

Das "Streiflicht" der "Süddeutschen" ist sehr bekannt wegen seiner dichtesten Struktur und prosaischen Häme. Trotzdem hätte es Elke Heidenreich sicher nicht verdient, mit ihrem Satz ".....wie wäre es einmal mit Jorinde und Joringel?" dort zitiert und etwas verspottet zu werden- im Märchen steckt nicht nur die blaue Blume der Romantik, sondern auch die rauer zu lesenden ungeglätteten Reste der Seele.

Gleichwohl liegt ein Zauber im Kunstmärchen- lasst ihn uns nicht zerpflücken!

Reinhard von Tümpling, 2003