Comic 3
von Reinhard von Tümpling

Zu den hier verwendeten Abbildungen der M7- Klasse im Schuljahr 2004-2005 liegen die Erlaubniszettel der Erziehungsberechtigten vor.

 

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Diese hier veröffentlichte Reihe von Themen war zeitlich und lose zusammenhängend mit dem Fahrradprojekt im parallelen GtB-Unterricht überschnitten.



Bild: donald4.gif: diese Sprechblasen habe ich zur Veranschaulichung und Besprechung von Gefühls-Sprechblasen verwendet (Caddesign von 1991, Technobox, Bochum).

Bild: donald6.gif: diese Vorlage habe ich nach Durchsicht eines älteren Mickymausheftes herausgeschrieben und als Lautmalerei verwendet, um nicht immer wieder Tiergeräusche als Teil des PCB-Unterrichtes zu hören.

 

 


Bild: Donald2.jpg

Ich habe aus Lizenzgründen als Schülervorlage hierzu eine gekaufte Kunst-Postkarte verwendet. Die Figur sollte vergrößert werden, mit Filzschreiber in den Umrissen aufgemalt, mit Filzschreiber ausgemalt, ausgeschnitten und auf Tonpapier aufgeklebt werden, um den Figur-Grund-Bezug zu betonen. Das Vergrößern gelang allen Schülern recht gut (*!*).


Bild: Donald3.jpg

Ebenso, der Schüler hat die Figur eigentätig weiterentwickelt.

Der verwendete Schriftstil der Sprechblase sollte auch zur Aussage des gemeinten Gefühls passen. Die entsprechend dicke Kontur der Sprechblase musste auch gefunden werden.



Bild: schub_2.jpg die schnelle Tafelzeichnung

"Die Schublade öffnet sich und das Chaos kommt in die Welt"

Die reguläre Ausformulierung des Lehrplans meint einen Bewegungsablauf, eine Handlung zeitlich gedehnt in verschiedenen Bewegungsphasen gestalterisch festzuhalten.

Ich habe das mit der Öffnung einer Schublade und dem darauf folgenden Herausspringen z.B. von Spielsachen darstellen lassen.

Wer dies Thema allegorisch ausformen und in der Kunstgeschichte wiedersuchen möchte: Pandora ["Allgeberin"], griech. Erdgöttin, Menschenfrau und Ursache allen Übels auf d. Erde; dargestellt mit einem Krug voller Übel, die sog. Büchse der Pandora.
Chaos: [griechisch], wüstes Durcheinander (aus dem sich in d. griech. Mythologie die Welt zum Kosmos ordnet).

Im Unterricht habe ich einige Male vom Springteufel gesprochen, der einem nach dem Öffnen eines Deckels entgegenspringt.


Bild: chaos1.jpg:
recht gestreut wirkendes Beispiel,
die eckige Schrift unterstützt dies noch

Bild: chaos2.jpg:
klarer geordnet im Bildaufbau,
die Schrift wirkt etwas zerstreuend


Bild: chaos3.jpg:
liebevollstes Beispiel, wohl durch die runde Schrift und durch die fehlende Konturierung


Bild: chaos4.jpg:
kräftiges Beispiel

Bild: chaos5.jpg:
das obere Beispiel ist eher aufzählend, sogar mit Übergang von geradlinigen zu verzitterten Konturen

Bild: chaos6.jpg:
strenges gegen ungeordnetes Beispiel

Bild: chaos7.jpg:
plakatives Beispiel

Zeitlich konnte ich das Fahrrad-Projekt mit in den Comic-Zeitrahmen einbauen. Es entstanden hierzu Arbeiten, die mehr den emotionalen Aspekt des Fahrrad-Fahrens hervorhoben.


Bild: fahr_29.jpg: recht frisch und erheiternd diese Darstellung

Bild: fahr_28.jpg: bildnerisch viel schwerer diese vier Beispiele

Bild: fahr_31.jpg: hier beginnen die recht originellen Umgestaltungen

Bild: fahr_32.jpg: erheiternd das bunt lackierte Dreirad, das obere Beispiel scheint an die Liegefahrräder angelehnt zu sein

Bild: fahr_33.jpg: zwei recht lustige und originelle Entwürfe, Wimpel müssen schon sein!

Bild: fahr_34.jpg: das originellste Beispiel

Die Deformierung als wesentliches und kennzeichnendes Merkmal und Gebot

Die folgenden Beispiele habe ich als Stundenfüller und Zusatzaufgabe für etwas fleißigere Schülern verwendet. Die Aufgabe lag in der Umsetzung von SW-Fantasy-Grafik in eine Kombination von an sich schon originellen Merkmalen.


Bild: comic_15.jpg
zwei Figuren, fremd und lieblich


Bild: comic_13.jpg
Aha, die Leopardenfrau!


Bild: comic_14.jpg
das untere Beispiel kommt am ehesten
einer Neu-Erfindung nahe

 


Bild: comic_16.jpg
zwei Figuren mit auffälligem Haupt

Lehrplanzitat (bay. Hauptschule, 2004):
7.1 Sehen, Abbilden, Veranschaulichen: Zeigen durch Zeichnen

Durch genaues Beobachten und Beschreiben der sichtbaren Erscheinung werden die Schüler angespornt, die Gegenstandswelt naturgetreu zu erfassen und darzustellen. An einfachen Objekten sollen sie charakteristische Erscheinungsmerkmale selbst entdecken und wiedergeben. Die Aufgabenstellung berücksichtigt dabei den individuellen Entwicklungsstand. In Bildfolgen sollen die Schüler lernen, Vorgänge zu schildern und den Ablauf in bildnerisch ergiebige Momente zu gliedern. Im Betrachten exemplarischer Beispiele (Bildgeschichte, Comic, bildliche Anleitung) gewinnen sie Einblick in gestalterische Möglichkeiten, zeitliche Abfolgen bildhaft zu veranschaulichen. Sachliches Zeichnen einfacher Gegenstände und Dinge

Gestalten:
Skizzieren und Zeichnen von Objekten, Erzeugen grafischer Strukturen zur Charakterisierung von Oberflächen, erklärendes Zeichnen (evtl. auch mit Detaildarstellungen und erläuternden Texten)

Betrachten:
Beobachten und Beschreiben charakteristischer Erscheinungsmerkmale an konkreten Objekten und Gegenständen, Bilderfolgen (Vorgangsbeschreibung, Bildgeschichte, Comic)

Gestalten:
Gliedern eines Vorgangs in charakteristische und bildwirksame Momente (Skizzen)
D 7.2.4 Darstellen als Bilderfolge
Betrachten: Comics E 7.2.1, bildliche Anleitungen (Gebrauchsanweisungen), Bilderzyklen in der Kunst, WTG 7.6.1


Lehrplanzitat (bay. Gymnasium, Entwurf 2003):
Lz 7.4.2 Darstellen zeitlicher Abläufe: Kintopp, Comics, Bildgeschichten (ca. 8 Std.), (Wahlalternative zu Themenkreis 3)

Zeit als Darstellungsproblem wird den Schülern augenfällig, wenn sie versuchen, Bewegungs- oder Handlungsabläufe aufzugliedern und in "stehenden" und "laufenden" Bildfolgen zu schildern. In eigenen praktischen Versuchen und im Betrachten von Beispielen sollen die Schüler Einblick in technische und gestalterische Möglichkeiten gewinnen (> MB, MT, ME), zeitliche Abläufe zu veranschaulichen, und befähigt werden, eigene Ideen planvoll zu realisieren.

Gestalten
Themen zur Wahl: - handlungsorienliert: Bildgeschichten, Comics, Simultandarstellungen, (>D: Kurzgeschichte), zu einem Rahmenthema


Die Comics als Bildgattung innerhalb der Grafik sind so selbstverständlich geworden, dass sie aus dem Alltag nicht mehr weg zu denken sind. Comics gehören längst zu den Massenmedien. Diese Ikonen ähnlichen Bildsprache führte zu einer weiteren Bildgattung, den vorformulierten Clips.

Ich habe für diesen Netzeintrag in einer Schülerbücherei ein Buch gefunden, Paperback, im Stil einfach und zugleich reißerisch gemacht, Großformat und als internationale Ausgabe.
Wolfgang Fuchs, Reinhold C. Reitberger, DAS GROSSE BUCH DER COMICS, Abi Melzer Productions Verlag-GmbH, Dreieich. (Amazon)

Ich selbst bin noch einmal zu den Comics gekommen, als ich in Friedrich Hechelsmanns bemerkenswertem Schlösschen in Kleinweilerhofen zwischen Kempten und Isny eine Wanderausstellung sah, deren Kern die künstlerische Lebensgeschichte von Carl Barks und die rückblickende Ehrung von Erika Fuchs war: Sie übersetzte lange Jahre einfühlsam die Originaltexte der immer noch zeitlosen Micky Maus Comics ins Deutsche.

Besonders der Marvel Verlag weckt und befriedigt das archaische, magische und mythische Denken mit dem Verlegen seiner Figuren.

Comics galten vom abgekühlten bürgerlichen Standpunkt aus betrachtet zumindest als anstößig. Wer es elegischer und zugleich drastischer liebt, sei an "Phoebe Zeitgeist" erinnert, oder gleich an den anarchischen Robert Crumb mit seiner Figur von "Fritz the Cat", Robert Crumb wurde hierzulande 1970 im linken März Verlag herausgegeben, Phoebe Zeitgeist auch 1970 im Konkret-Verlag. Die noch recht junge Bundesrepublik begann mit ruhenden Standpunkten erwachsen und bürgerlich zu werden und wähnte sich schon lange nicht mehr bei Fix und Foxi zuhause, und auch nicht noch recht bei Asterix, der mit übersetztem Sprachwitz für Europa gezeichnet war. Diese Bilder sind freilich verblasst.

Figuren mit festem Formcharakter haben sich verselbstständigt und reduziert zum Maskottchen, zum Markenzeichen hin, zum Logo, zur symbolisierenden Erinnerungsikone. Die Ähnlichkeit hin zum positiv besetzten Warenzeichen ist unverkennbar.

Die Figuren haben sich aber auch weiterentwickelt.
Comic-Figuren werden belebt mit kleinen kurzen Geschichten, sie sind der auflockernde und seicht-leichte bis bösartige Strip im Feuilleton der besseren Tageszeitung. Sie erleben aber auch dramatische und lustige Geschichten, welche die Helden komplett bis zum Happy End oder zum Fortsetzungsheft durchmachen müssen.

Eine Weiterentwicklung war die Comic-Figur im Film. Wo einst noch Steamboat Willie mühsam von Hand und Blatt für Blatt zur Bewegung animiert wurden musste, schafften Superman & Co. spielend atemberaubende Animationen in einer Fantasy-Architektur. Eine Weiterentwicklung stellt die Filmfigur von Roger Rabbit dar, eine einkopierte Zeichentrickfigur vor real verfilmter Kulisse im Detektiv-Genre.

Im Grunde sind die schnell erlernten Einzelszenen als "stehende Zitate" zwischen Bühne, Roman, Fernsehen und Film beliebig austauschbar geworden. Auch der Rundfunk bedient sich mittlerweile aller dramaturgischen Stilmittel.

Der entscheidende Vorteil der "stehenden" Comics liegt im Verzicht auf Zeit und der reflektierende Betrachter hat ungehinderten ruhigen Zugang, dem Filmzuschauer wird die erzwungene Hereinnahme der Geschwindigkeit abverlangt.


In Bibliotheken gesucht (Knaurs Lexikon von 1997 war recht bescheiden):

Disney, Walt (5.12.1901-15.12.66), amerikanischer Filmproduzent und Regisseur; Zeichentrickfilme; Schöpfer d. komisch-grotesken Figuren Micky-Maus und Donald Duck; Fantasia (1940); Cinderella (1950); Peter Pan (1953).

Donald Duck, seit 1934 v. Walt Disney, ab 1942 v. Carl Barks entwickelter Comic-Erpel.

Comics, Comic Strips, seit ca. 1900 in den USA; waagerecht aneinandergefügte Zeichnungen, die in ihrer Abfolge eine Geschichte darstellen; Texte aller Art in Sprechblasen oder an den Rändern, aber den Bildern zugeordnet; als Massenmedium in Zeitungen, Heften und Büchern.


Erheblich ergiebiger war (allerdings eher kunstgeschichtlich zu begreifen):
Digitale Bibliothek Band 22: Kindlers Malerei-Lexikon, S. 10485 (vgl. KML Bd. 6, S. 128)]
Ich habe den Text nachbearbeitet.

Bilderbogen
Die Geschichte des Bilderbogens beginnt mit den Andachts- und Wallfahrtsbildern, die von Formschneidern des 14.-15. Jh.s im Holztafeldruck hergestellt und besonders als Ablaßzettel in Massenauflagen abgesetzt wurden. Neben solchen religiösen Einblattdrucken kamen seit der Mitte des 15. Jh.s auch schon Holzschnitte mit weltlichen Motiven heraus, darunter Kalender- und Pestblätter mit medizinischen Ratschlägen, allegorische Darstellungen, z.B. der Tugenden oder der Lebensalter, und zeitkritische Blätter, wie die Bildergedichte von Sebastian Brant (um 1500). Bilderbogen mit zeitkritischem oder nachrichtlichem Inhalt (seltsame Naturereignisse, Katastrophen, Kriegsberichte u.a.) sind bereits als Flugblätter zu werten, deren Produktion in der Reformationszeit erstmals zu einer Hochflut anschwillt.

Fast gleichzeitig mit den frühen Flugblättern - und oft schwer von ihnen zu trennen - entstehen auch die ersten Bilderbogen im engeren Sinn. Ein uraltes Darstellungsschema, das schon in prähistorischen Felszeichnungen, ägyptischen und mesopotamischen Wandreliefs und in der mittelalterlichen Buchillustration angewendet wurde, erscheint nun auf dem Einblattdruck, und zwar als Bilderfolge, der erläuternde, oft in Verse gebrachte Texte beigegeben sind. So zeigt ein frühes deutsches Blatt, das nach 1500 in Mainz herauskam, 28 kolorierte Holzschnitt-Figurinen "seltsamen Volks", das auf der Frankfurter Messe anzutreffen ist.

Die künstlerische Qualität zeichnet viele Flugblätter und auch die im 16. Jh. aufkommenden, aus mehreren Einbild-Blättern bestehenden Bildserien aus. Kein Lebensbereich bleibt ihm verschlossen. Die Möglichkeit der überdauernden Darstellung sicherte ihm in früheren Zeiten das Interesse aller Schichten, gleich, ob es sich um Berichte von aktuellen Ereignissen, um Porträts berühmter Leute oder um belehrende Themen handelte. Großen Absatz fanden schon seit dem 16. Jh. Satiren, Moritaten, unterhaltende Bildergeschichten oder illustrierte Sprichwörter, aber auch die katalogartige Abbildung von Moden, Frisuren, Trachten, Uniformen sowie Veduten, Gesellschaftsspiele und Figuren zum Ausschneiden.

Technisch dominierte dabei seit dem 16. Jh. der Kupferstich, den im 19. Jh. zeitweilig die Xylographie und der Stahlstich, schließlich aber die Lithographie und die Autotypie verdrängten. Das Darstellungsschema des Bilderbogens wurde nun auch von den bebilderten humoristisch-satirischen Zeitschriften übernommen, wie dem "Charivari" (Paris, seit 1832) und den "Fliegenden Blättern" (München, seit 1844). Für diese Zeitschriften waren hervorragende Zeichner tätig, in Frankreich u. a. Honoré Daumier, in Deutschland vor allem Moritz von Schwind und Wilhelm Busch; sie sind auch die Hauptmeister der "Münchner Bilderbogen". Den älteren, volkstümlich-naiven Bilderbogenstil setzten dagegen die berühmten, in vielen Ländern nachgeahmten Neuruppiner Bilderbogen (seit 1790) fort. Eine zeitkritische Linie vertraten seit 1896 die Bildfolgen des "Simplicissimus", der in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg auch regelmäßig "Simplicissimus-Bilderbögen" und mehrere Flugblatt-Serien herausgab, die vornehmlich von Thomas Theodor Heine oder Olaf Gulbransson gezeichnet waren.

Im 20. Jh. erscheint das Bilderbogenschema bei abnehmendem Niveau auf den Seiten von Unterhaltungsblättern, häufig auch in der Werbung, auf dem Plakat und als Bildergeschichte für Kinder. Im übrigen wird der Bilderbogen durch den Film fast gänzlich in die Massenpresse abgedrängt. Hier lebt er vor allem im gezeichneten "Comic Strip" weiter, einem in Fortsetzungsfolgen oder in eigenen Comic Books erscheinenden Bilderstreifen, dessen Väter zwei Amerikaner sind: R. F. Outcault ("The yellow Kid", New York 1896) und Rudolf Dirks ("The Katzenjammer Kids", New York 1897).

Den Erfolg der "Comics" übertrafen nur noch die Tier- und Märchenserien aus der Zeichentrickfilmarbeit Walt Disneys. Der geglättete, für den Rotationsdruck berechnete typische Comic-Stil wurde im neuen Realismus der Pop-art von dem amerikanischen Maler und Graphiker Roy Lichtenstein (geb. 1923 New York) übersteigert und weiterentwickelt. Andere Künstler dieser Stilwelle erfanden die Technik des seriellen Bilderbogens, der eine reprographische Reihung eines bestimmten Bildmotivs bringt (u. a. Andy Warhol, geb. 1930 Philadelphia).

Einblattdruck
Kunstgeschichtliche Bezeichnung der Einblattholzschnitte des 15. bis 16. Jh.s, die im Gegensatz zu den für die Buchillustration verwendeten Holzschnitten einzeln oder in thematischen Folgen hergestellt und vertrieben wurden (im 15. Jh. vornehmlich durch Briefmaler). Als die älteste Form des Bilddrucks überhaupt kamen sie wahrscheinlich noch im späten 14. Jh. auf, also wie der Holzschnitt fast gleichzeitig mit der Verbreitung der Papierherstellung in Europa.

Karikatur
Das italienische caricare bedeutet: überladen, beladen, übertrieben, mit caricato wird eine affektierte Haltung bezeichnet. Die zugespitzte Charakterisierung eines Menschen, seines Äußeren, seiner Haltung oder auch einer Situation drängt zur pointierenden Karikierung hin (von Max Liebermann ist bekannt, daß er seinen Schülern, wenn diese Porträts malten, den Rat gab: "Treibenses nach der Karikatur hin."). Die Karikatur ist keineswegs eine Erfindung der Neuzeit, wenn sie auch hier erst ihre eigentliche Bestimmung gefunden zu haben scheint, vor allem auf politischem und sozialkritischem Sektor

Schon in ägyptischer Zeit oder in der griechischen Vasenmalerei des 5. Jh.s wurde (z. B. in Szenen aus Homer) karikierend erzählt. Vor allem aber bediente man sich - wenn es nicht um hohe Kunst mit religiösen Themen ging - bei der Bemalung der Trinkschalen und Weinkrüge gern erfundener grotesker Wesen (Satyrn), in denen menschliche Züge witzig humorvoll verspottet wurden.
Als Parallele ist hier auch zu nennen die Figurenwelt der mittelalterlichen Kathedrale, in der neben den großen Heilsfiguren, Heilsszenen und Heilssymbolen an Kapitellen, auf Fenstersockeln, Chorgestühlen, an eigenen Figurensäulen und anderen "Randzonen" oft grotesk übermütig höhnende Darstellungen des Menschlich-Allzumenschlichen in Karikatur oder symbolischer Tiergestalt zu sehen sind.
Das Tier im Menschen und umgekehrt das Menschliche im Tier ist von Bildern und Reliefs aus ägyptischen Grabkammern bis zum Reinecke Fuchs, zu Walt Disney oder Orwells "Farm der Tiere" für Dichtung und bildende Kunst aller Kulturen ein variables Motiv zur humorvoll-übermütigen oder moralisierenden Karikierung.

Erst mit dem Aufkommen der Druckgraphik im 15. Jh. und ihren Massenauflagen erhielt die Karikatur vor allem als Waffe in den konfessionellen und klassenkämpferischen Auseinandersetzungen der Reformationszeit und des Bauernkriegs ihre eigentliche Plattform.
Die zugespitzt charakterisierende Linienkunst der Graphik ist als Meinungs- und Propagandainstrument geeigneter und überzeugender als die auf Farbklänge, polychrome Wirkung und Tonwerte sich aufbauende Malerei, die - bei allem "Inhalt" - mehr "Stimmung" vermittelt, als daß sie polemisch pointiert. Dennoch gibt es in der Geschichte der Malerei eine Reihe von Malern, die mit ihrer Kunst moralische Effekte hervorrufen wollten und sich dabei der satirischen Verzerrung und karikierenden Übertreibung bedienten. Von Pieter Bruegel d. Ä. zu Hogarth, Goya, Daumier, George Grosz bis in die Malerei des Expressionismus, die solche "übertreibende" Züge aufweist, und weiter bis Klee, Miro, Dubuffet u. a., die sich der ironischen Linie bedienen, geht die Reihe der Karikaturmaler.

Intellektuelle Epochen und Künstler verfallen in ihrer Bildnerei beinahe zwangsläufig der kritisch-polemischen Zeichenlinie, auch in der Malerei, die am Ende des 19. Jh.s einen so genialen, in Malerei und graphischer Kunst gleichermaßen angesiedelten "Zwitter" wie Toulouse-Lautrec hervorbrachte.
Die kontemplative Tuschmalerei der Chinesen unterscheidet sich wesensmäßig von der weit häufiger mit Witz und wachem Verstand (und darum mit der Linie) akzentuierenden Kunst Japans.
Je mehr die Karikatur an "Farbe" verliert und je reiner und absoluter die Linie herrscht, desto schärfer und schneidender wird sie in ihrer Aussage, so daß wir in der modernen Karikatur der Tagespresse weit eher eine publizistische Waffe als eine eigenständige Kunstgattung sehen.

Reinhard von Tümpling, Januar 2005